Johann-Magnus von Stackelberg (GKV-Spitzenverband) im Interview

Inhabergeführte Apotheke oder Kette? „Das ist nachrangig!“

Berlin - 25.08.2017, 07:00 Uhr

Johann-Magnus von Stackelberg, Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes, hat mit DAZ.online gesprochen. (dpa)

Johann-Magnus von Stackelberg, Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes, hat mit DAZ.online gesprochen. (dpa)


Sollen Apotheker Präventionsleistungen vergütet bekommen?

DAZ.online: Die ABDA bemüht sich derzeit wieder verstärkt darum, dass Apotheker  Präventionsleistungen in der Apotheke vergütet anbieten dürfen. Wie kommentieren Sie diese Forderung?

Von Stackelberg: Die Krankenkassen arbeiten in der Prävention jeweils mit Fachkräften aus den verschiedenen Handlungsfeldern zusammen, also aus Sportwissenschaft, Oecotrophologie, Psychologie und Pädagogik. Die infrage kommenden Anbieter von Präventionskursen müssen über einen staatlich anerkannten Berufs- oder Studienabschluss passend zum Handlungsfeld, eine auf das jeweilige Präventionsprinzip bezogene Zusatzqualifikation und pädagogische Erfahrung verfügen. Hinzu kommt der Ausschluss von Werbung und Verkauf von Begleitprodukten wie Nahrungsergänzungsmittel, Diäten oder Medikamente zur Raucherentwöhnung – es geht schließlich um nachhaltige und langfristige Umstellungen des Lebensstils bei Gesunden. Das ist nichts, was mit einem Medikament oder einer Diät zu erreichen ist. Selbstverständlich können Apotheker ihre Kunden zu frei verkäuflichen Diäten, Medikamenten zur Raucherentwöhnung oder Nahrungsergänzungsmitteln beraten. Ebenso wenig wie die Krankenkassen aber die Kosten derartiger Produkte übernehmen, können sie eine darauf bezogene Beratung vergüten.

DAZ.online: Ist denn die Apotheke aus Ihrer Sicht der richtige Ort für Beratungsgespräche über Ernährungsfragen und Rauchentwöhnung?

Von Stackelberg: Gespräche zur vernünftigen Ernährung oder zum Rauchstopp sind überall sinnvoll – warum nicht auch in der Apotheke? In Bezug auf die langfristige Wirksamkeit versprechen wir uns am meisten von Programmen zur Einübung gesundheitsförderlicher und Überwindung gesundheitsschädlicher Verhaltensweisen in Gruppen unter qualifizierter Leitung. Zur Frage der Eignung von Apothekern für diese Aufgaben verweise ich auf die Antwort zuvor.

DAZ.online: Was halten Sie vom Impfen in der Apotheke? Oder von Impfberatungen in der Apotheke?


„Vom Dispensierrecht für Ärzte halte ich wenig bis gar nichts.“ 

Johann-Magnus von Stackelberg


Von Stackelberg: Viele Apotheken bieten schon lange Impfberatungen an. Diese Aufgabe zählt zum Berufsbild des Apothekers. So steht es auch in der Bundes-Apothekerordnung: Apotheker dienen der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes. Die Apotheker haben eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn Sie mich aber fragen, ob Apotheker impfen sollten, stelle ich Ihnen die Gegenfrage, was Sie vom Dispensierrecht für Ärzte halten.

DAZ.online: Wenig bis gar nichts. Und Sie?

Von Stackelberg: Ich sehe das auch so.

DAZ.online: Die Prävention ist für die Krankenkassen ein sehr wichtiges Thema. Die Kassen sind verpflichtet, gewisse Beiträge in die Prävention zu investieren. Warum spielen die Apotheker im Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes denn bislang keine Rolle?

Von Stackelberg: Auch hier muss ich mit einer Gegenfrage antworten: Warum sind Psychologinnen und Psychologen nicht autorisiert, Arzneimittel zuzubereiten und abzugeben? Wie in der Gesellschaft insgesamt herrscht auch im Gesundheitswesen eine funktionale Arbeitsteilung.

DAZ.online: Vielen Dank für das Gespräch!



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

Der Mann hat natürlich recht...

von Christian Becker am 28.08.2017 um 7:29 Uhr

... es IST egal, ob eine inhabergeführte oder kettenzugehörige Apotheke die Versorgung der Patienten sicherstellt. Das macht keine Unterschied.
Das Problem dabei ist jedoch "sicherstellen der Versorgung". Stackelberg geht einfach mal davon aus, dass dies auch durch Ketten gewährleistet ist, obwohl wir in verschiedenen Bereichen gesehen haben (Dorfläden, Fachgeschäfte, Apotheken in Schweden), dass dies keineswegs der Fall ist.
Der Schluss liegt nahe, dass auch die wohnortnahe Versorgung mit Medikamenten leiden wird, wenn Ketten kommen.

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AW: Apothekensterben

von Holger am 28.08.2017 um 8:34 Uhr

Stimmt! Aber findet das derzeit noch ohne echte Ketten so heftig beklagte "Apothekensterben" in der Fläche oder in den Ballungsgebieten statt? Kette wäre also diesbezüglich weder automatisch besser, noch automatisch schlechter als die momentane Situation.

online Krankenversicherung

von Hermine Minges am 27.08.2017 um 22:59 Uhr

Wieso muss man sich in Deutschland bei gesetzlichen Krankenversicherungen pflichtversichern und darf sich nicht bei günstigen ausländischen online Krankenversicherung versichern?
Würde doch einem gewünschten digitalen und kostengünstigen politischen Zeitgeist folgen!?! Oder habe ich etwas nichz ganz richtig verstanden?

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An die Kette ?

von Reinhard Rodiger am 26.08.2017 um 16:31 Uhr

Vorweg: womit belegen die Kassen eigentlich die Effizienz ihres Tuns ? Hohe Werbeetats für junge Leute,teure Immobilien in Bestlagen,üppige Gehälter mit stetiger Anpassung,Aufbau von Parallelstrukturen,viel Bürokratie, teure Verwaltung , Aussitzen von Patientenforderungen, usw. An die Arbeit Herr v.Stackelberg !!! Besser,als anderen die Ärmel hochkrempeln.

Dürfte doch nicht schwer sein,nachzuweisen, dass es viele Fehlallokationen gibt.Die Nachrangigkeit des Patienten für Sie geht schon aus dem Begriff "Kostenfaktor" hervor und der "Steuerung" auf die "richtigen" (dh.billigen) Pfade.

Ihr darwinistisches Verständnis von Konkurrenz ist unmoralisch. .Nur ein wirtschaftlich erpressbarer Leistungserbringer ist ein Guter.Erpressbarkeit ist das Geheimnis der von Ihnen so geliebten Selektivverträge .
Wie immer, wenn Macht eben einseitig verteilt ist.

Der Krug geht solange zum Brunnen,bis er bricht.Sie bzw KK sorgen dafür.Bei der Erpressung der Arzneimittelhersteller haben sie das erreicht.Wo sich Produktion nicht mehr lohnt gibt es immer mehr Engpässe.Übernehmen Sie Verantwortung.

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GKV - schäbig bis ins Mark betriebswirtschaftlich ignorant

von Ratatosk am 25.08.2017 um 18:55 Uhr

Es ist erstaunlich , daß jemand der noch nicht mal die Problematik der Konzentration durch Ketten und Großkapital erkennt. Ist zwar in jedem Bereich so gekommen, aber der große Guru der GKV weiß nicht mal so was. Hier scheint sich eher die irre Zahl an Lobbyisten der GKV auszuzahlen, da mit Sachverstand zu strukturellen Problematiken ist die GKV Spitze nicht auffallend. Was ist dieser Mensch eigentlich von Beruf ? welche Expertise hat er bei solchen Themen ? oder reicht hier die eigene Vorstellung. Außerhalb des rein theoretischen BWL Studiums, das wie viele leider nicht die Praxis lehrt, hat der Mann ja nichts anderes von der Welt gesehen, als die behütete AOK und GKV Welt. Er hat keine Angst vor Handelsketten - Amazon etc. - kann man sich lebhaft verstellen, da er nicht die geringste Ahnung zu haben scheint, was ihn dort erwartet.

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Dann wollen wir mal hoffen,

von Rita Längert am 25.08.2017 um 11:31 Uhr

das es keine Dieselfahrverbote geben wird, damit die qualitativ hochwertige Billigversorgung aus NL funktioniert. Ach Bödsinn, ich habe doch glatt vergessen, das deutsche Gesetze nicht gelten, wenn jemand das Wort "digital" in den Mund nimmt.

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AW: Dann wollen wir mal hoffen

von Christian Becker am 26.08.2017 um 11:07 Uhr

Wie es auf den Wahlplakaten der ehemaligen Mittelstandspartei so schön heißt:
Digital first
Bedenken second

Das Gebaren der Krankenkassen ist mittlerweile unerträglich. Man hat das Gefühl, dass die KK der Staat sind - und wenn es irgendwelche Gesetze gibt, die ihnen nicht in den Kram passen, dann müssen die eben vom _eigentlichen_ Staat dementsprechend angepasst werden. Und bloß kein Geld für Apotheken.

warum

von Karl Friedrich Müller am 25.08.2017 um 10:46 Uhr

gibt man solchen Typen immer wieder eine Plattform?

Jeder weiß, was die denken und was sie wollen.

Man braucht das nicht noch unnötig ständig kommunizieren.

Was hat so einer überhaupt an der Spitze der GKV verloren?
Überhaupt in so einer Position?
Voreingenommenheit, Beratungsresistenz, engstirnig?
Solche Leute brauchen wir an keiner Spitze im Land. Im Gegenteil.

Was für Boni gibt es abzugreifen?

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Letzte Frage

von Mathias Mallach am 25.08.2017 um 10:03 Uhr

Wer wird Ihrer Meinung nach Deutscher Fußballmeister 2017/18 ?

"Ganz klare Antwort: In Anbetracht der undurchsichtigen Datenlage kann ich mit Sicherheit sagen, dass die Apotheken kein Geld erhalten dürfen. Vielen Dank für das Gespräch."

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Apothekenketten

von Dr. Radman am 25.08.2017 um 9:59 Uhr

Entscheidend ist, dass die Patientinnen und Patienten gut versorgt und beraten werden.
Das ist z.Z. auch der Fall. Und Sie wollen das System ohne Not auf dem Kopf stellen? Warum?

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Nachrangig

von Anita Peter am 25.08.2017 um 7:49 Uhr

Inhabergeführte Apotheke oder Kette? „Das ist nachrangig!“

Über hundert Krankenkassen, oder eine staatliche Gesundheitskasse? Auch das ist nachrangig!

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AW: Egal?

von Holger am 28.08.2017 um 8:39 Uhr

Darf ich also davon ausgehen, dass Sie ganz persönlich schon zufrieden wären, wenn neben den "vollhaftenden Inhabern" auch die Krankenkassen einen auf den Deckel kriegen würden? Sorry, aber das halte ich für eine ziemlich verquere Argumentation. Soll das so eine Art Revanchefoul werden, oder wie??

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