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Calcium plus Vitamin D bei Ökotest
Nahrungsergänzungsmittel Flop, Arzneimittel Top
Ökotest hat eingekauft – im Supermarkt, in der Drogerie und der Apotheke. 42 Calcium- und Vitamin D-haltige Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel sind im Warenkorb der Verbraucherschützer gelandet – darunter auch ein Calciumpräparat von DocMorris und Frubiase Calcium von Boehringer. Das Fazit der Verbraucherschützer zu den bei „knochenstärkenden“ Präparaten? „Zwiegespalten“.
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Calcium plus Vitamin D füllen meterlang die Regale in Super- und Drogeriemärkten, in allen Formen – ob als Brausetablette, Kautablette, Granulat oder schlichte Filmtablette. Edeka hat eines im Sortiment, Aldi auch, und bei dm darf eine Calcium-D3-Kombi selbstverständlich auch nicht fehlen. Apotheken fahren bei Calcium- und Vitamin D-Kombinationen meist zweigleisig und haben die Präparate als Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel im Sortiment. Ökotest hat sich 42 Präparate genauer angeschaut – und kommt für Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel zu gänzlich unterschiedlichen Empfehlungen.
Zu viel Calcium in Nahrungsergänzungsmitteln
Vor allem bei den Calcium-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln meckert Ökotest. Die Kritikpunkte der Verbraucherschützer? Die Nahrungsergänzungsmittel seien mit 400 mg bis 1000 mg Calcium zu hoch dosiert. Außerdem brächten sie dem Verbraucher keinen Nutzen, denn gesunde Menschen – und für diese sind NEM gedacht – produzierten ausreichend Vitamin D und nähmen genügend Calcium durch ihre Ernährung auf. Zu wenig Nutzen für zu viel Inhaltsstoff: Das lässt Ökotest die Hersteller der Calciumpräparate spüren – Bestnote ist „befriedigend“ für die Calciumpräparate der Supermarktdiscounter Aldi, Lidl, Penny, Real, Norma und Netto. DocMorris` Calcium + Vitamin D3+C gesellt sich in die Reihe dieser Discount-Präparate und überzeugt Ökotest ebenfalls nicht. Auch für das DocMorris Calcium: „befriedigend“. Was die Verbraucherschützer bei den NEM außerdem stört? Der Zusatz von künstlichen Süßstoffen und Aromen. Das Reformhaus-Calcium von Salus „Knochen-Aktiv“ bildet hier keine Ausnahme. Beim Salus-Calcium bemängelt Ökotest darüber hinaus die Verpackung: Diese enthalte PVC.
Schadet eine Überversorgung mit Calcium?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen 1000 mg Calcium täglich, um eine ausreichende Versorgung mit dem Mineralstoff zu gewährleisten. Diese Calciummenge erreichen Menschen leicht durch den Verzehr natürlicher calciumreicher Lebensmittel, wie Milchprodukte, Spinat und Brokkoli oder andere grüne Gemüsesorten. „Wer neben den Mahlzeiten regelmäßig calciumhaltige Mittel einnimmt, riskiert schnell eine schädliche Überversorgung“, warnt Professor Manfred Schubert-Zsilavecz. Der Professor für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt hat Ökotest wissenschaftlich zu den Calciumpräparaten beraten.
Sind calciumhaltige Nahrungsergänzungsmittel aus der Apotheke besser?
Welche langfristigen Gefahren fürchten Wissenschaftler bei einer Überversorgung mit Calcium? Seit einigen Jahren diskutieren Fachleute kontrovers, ob eine Calciumsupplementierung sich negativ auf das kardiovaskuläre Risiko und die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit auswirkt. Diese potenzielle Gefahr will Ökotest bei den Herstellern der Calcium D3-Supplemente berücksichtigt sehen. Somit schaffen alle calciumhaltigen Nahrungsergänzungsmittel mit mehr als 500 mg Mineralstoff maximal noch Schulnote vier im Ökotest-Ranking. Darunter unter anderem auch Additiva Calcium + Vit. D3, Doppelherz Aktiv Calcium + D3 Osteo und die Tabletten Das gesunde Plus Calcium + D3 des Drogeriemarkts dm. Schlusslicht bildet mit der „ungenügend“-Note Taxofit Calcium 850 + D3 Depot von Klosterfrau, das Kupfer und Fluorid als weitere Zusatzstoffe enthält.
Drei Calcium-Vitamin D-Kombinationen, die als NEM registriert sind, kaufte Ökotest in der Apotheke: Gesund Leben Calcium + D3 von Gehe, Frubiase® Calcium Plus Vitamin D von Boehringer und Nobilin Calcium Plus Vitamin D3 der Medicom Pharma. Bei den beiden letzten Apothekenpräparaten stört die Verbraucherschützer der Zusatz von Vitamin K1, Frubiase® findet Ökotest mit 1000 mg Calcium außerdem viel zu hoch dosiert. Hier ringt sich Ökotest am Ende nur zu einer „ausreichend“-Bewertung durch. Nach Angaben von Boehringer ist Frubiase® Calcium bereits außer Vertrieb, lediglich Restbestände seien noch im Abverkauf. Punkten und noch mit der Note drei vom Platz gehen, kann lediglich das Gesund leben Calcium + D3 von Gehe.
Arzneimittel bei Osteoporose
Ein positives Resümee zieht Ökotest – anders als bei den Mitteln zur Nahrungsergänzung – bei Calcium- und Vitamin D-haltigen Arzneimitteln: „Die Arzneien sind ’gut’ und ’sehr gut’“, schreiben die Verbraucherschützer in ihrem Testbericht. Von den 18 apothekenpflichtigen Arzneimitteln empfehlen sie sechs mit Bestnote, für die übrigen zwölf gibt es immerhin eine zwei.
Arzneimittel können punkten
Calcilac®, Calcivit® und die Calcium D3-Kombinationen von Acis, Al, betapharm und Stada können sich über ein „sehr gut“ freuen. Ausnahmslos alle geprüften Arzneimittel, auch die abschließend mit „gut“ bewertet wurden, seien frei von umstrittenen Hilfsstoffen und wiesen keine weiteren Mängel wie PVC in ihren Verpackungen auf. Wofür wertete Ökotest die calciumhaltigen Arzneimittel ab? Abzug mussten Calcicare® D3 forte, Calcimagon® D3 forte und Sandocal®-D wegen Deklarationsmängeln hinnehmen: „Indiziert zur Vorbeugung von Osteoporose“ und „Indiziert zur Vorbeugung von Mangelzuständen“ sei zu „großzügig formuliert“, findet Ökotest. Das wird dem tatsächlichen Einsatz der Arzneimittel wohl nicht gerecht. Gleichermaßen abgemahnt werden Cacigen® D forte, Calcimed® D3, die Calcium-D3-Brausetabletten von Heumann, Ratiopharm, Verla, Dura und Ideos®, Ossofortin® und Osteo® Plus 1000 mg. Ist das wirklich eine Note Abzug wert? Professor Schubert-Zsilavecz zu den fixen Calcium-D3-Kombinationen: „Für Menschen mit erhöhtem Knochenbruchrisiko ist eine regelmäßige Einnahme von Calcium und Vitamin D nicht mehr pauschal ratsam“. Kombipräparate also nicht für jeden. Was sagt die Leitlinie dazu?
Außer Frage steht: Calciummangel und ein Mangel an Vitamin D erhöhen das Frakturrisiko bei Osteoporosepatienten. Die Leitlinie zur Osteoporosetherapie unterscheidet zwei Patientengruppen bei der Frage, ob eine Calcium- und Vitamin D-basierte Behandlung angezeigt ist. Osteoporosepatienten, die antiresorptive Arzneimittel zur Behandlung ihrer Osteoporose einnehmen, laufen Gefahr, Hypocalciämien zu entwickeln. Eine ausreichende Versorgung dieser Patienten mit Calcium und Vitamin D ist folglich besonders wichtig. Das berücksichtigt die Leitlinie und empfiehlt Osteoporosepatienten mit antiresorptiver Medikation eine tägliche Gesamtzufuhr von mindestens 1000 mg Calcium und eine ausreichende Menge an Vitamin D.
Wer soll Calcium nehmen?
Die Empfehlung für Patienten mit Osteoporose, aber ohne antiresorptive medikamentöse Therapie, lautet anders: Diese Patienten sollen 1000 mg Calcium täglich mit der Nahrung aufnehmen. Unabhängig davon empfiehlt die Leitlinie jedoch eine Vitamin D-Zufuhr von 800 bis 100 Einheiten pro Tag. Monopräparate mit Vitamin D eignen sich für diese Osteoporosepatienten folglich besser. Nur, wenn Patienten ihren Calciumbedarf nicht über ihre Ernährung decken – gefährdet sind insbesondere Pflegeheimbewohner –, ist eine kombinierte Supplementierung mit Calcium und Vitamin D angezeigt
Und was ist mit Vitamin D?
Vitamin D bildet der Körper eigentlich selbst, Stimulus ist die Sonnenexposition. Eine Empfehlung für die optimale „Besonnungsdauer“ gibt es nicht. Warum ist bei Osteoporosepatienten dennoch, im Gegensatz zu Calcium, eine externe Zufuhr von Vitamin D immer angezeigt? Laut Angaben des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2016 ist die Versorgungslage bei Vitamin D in der Bundesrepublik unzureichend und eine andere als bei Calcium. Nur 40 Prozent der Bevölkerung haben einen optimalen Vitamin D-Spiegel. Supplementieren Patienten Vitamin D, können sie die Aufnahme verbessern, indem sie dieses zu einer Hauptmahlzeit einnehmen.
Was ist besser: Calcium durch Ernährung oder Supplemente?
Unabhängig, ob Calcium mit der Nahrung zugeführt oder supplementiert wird, sollten Osteoporosepatienten nicht mehr als 2000 mg Calcium täglich zuführen, wenn sie Nahrungscalcium und supplementiertes Calcium addieren. Unklar ist bislang, ob die aufgenommene – bezüglich der Resorption äquivalente – Calciummenge durch ein Supplement oder die Nahrung besser ist.
1 Kommentar
OsteoMAXX von Dr. Hittich
von usande am 13.01.2019 um 21:08 Uhr
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