Gröhe bei Apotheker-Sommerempfang

„Jeder Tag ohne das Versandverbot ist einer zu viel“

Düsseldorf - 07.09.2017, 10:30 Uhr

Beide überzeugt vom Rx-Versandverbot: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und AVNR-Chef Thomas Preis kritisierten die SPD-Bundestagsfraktion dafür, gegen das Verbot votiert zu haben. (Foto: AVNR)

Beide überzeugt vom Rx-Versandverbot: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und AVNR-Chef Thomas Preis kritisierten die SPD-Bundestagsfraktion dafür, gegen das Verbot votiert zu haben. (Foto: AVNR)


Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) legt sich fest: Er will das Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel so schnell wie möglich gesetzlich verankern. In seiner Rede auf dem Sommerempfang des Apothekerverbandes Nordrhein am gestrigen Mittwoch versprach er den Apothekern, das Thema in eventuellen Koalitionsverhandlungen auf die Tagesordnung zu bringen.

Bei der Veranstaltung in Düsseldorf ließ Gröhe die vergangenen Monate und die Diskussionen rund um den Arzneimittel-Versandhandel Revue passieren. Er erklärte, dass ein Rx-Versandverbot nötig sei, weil der europäische Gerichtshof in seinem Urteil entschied, dass sich EU-ausländische Versandapotheken künftig nicht mehr an die Preisbindung für Rx-Arzneimittel halten müssen. Er bedauere, dass er sein Vorhaben in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr habe durchsetzen können.

Sein Vorhaben stehe jetzt aber nicht nur im CDU-Wahlprogramm für die in zweieinhalb Wochen anstehende Bundestagswahl. Es sei auch sein „fester Wille“, seine Forderung in Koalitionsverhandlungen einzubringen und durchzusetzen. „Jeder Tag ohne das Rx-Versandverbot ist einer zu viel“, so der Bundesgesundheitsminister. Dass ein solches Verbot gesundheitspolitisch und auch unter wettbewerbsökonomischen Gesichtspunkten angemessen und notwendig ist, um Schaden von der Arzneimittelversorgung in Deutschland abzuwenden, hatte auch ein Gutachten ergeben, das im Auftrag des Deutschen Apotheker Verlages und der Noweda-Apothekergenossenschaft von den Autoren Professor May, Cosima Bauer und Dr. Dettling verfasst wurde. Die Studie war kürzlich erschienen und Gröhe am 4. September offiziell überreicht worden.

Erneut griff Gröhe auch die SPD-Bundestagsfraktion für ihren Widerstand gegen das Versandverbot an. Der Minister wies darauf hin, dass insbesondere Flächenländer wie Nordrhein-Westfalen im November 2016, damals noch unter SPD-Führung, im Bundesrat ausdrücklich für das Rx-Versandverbot gestimmt hätten und die Länderkammer insgesamt dafür votierte. Gröhe stellte den Apotheken zudem einige beschlossene Gesetze aus der nun endenden Legislaturperiode vor. Er verwies auf die gesteigerte Honorierung in den Bereichen Rezeptur und dokumentationspflichtigen Arzneimitteln. Gröhe verwies auch auf den Innovationsfonds; hier bestünden Chancen, die Apotheken künftig stärker einzubinden.

Gröhe: US-Gesundheitssystem ist schäbig

Gröhe würdigte die Arbeit der Apotheken und zeigte sich gegenüber dem Arzneiversandhandel skeptisch. Beratung in Arzneimittelfragen, die zukünftig ihr noch wichtiger werde, leiste nicht der Postbote. Die gesundheitliche Versorgung in Deutschland sei durchweg gut. Es gebe nur wenige vergleichbare Länder. Während Deutschland ungefähr 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für eine gesundheitliche Versorgung ausgebe, die allen zugutekommt, würden in den USA rund 18 Prozent aufgewendet, obwohl die gesundheitliche Versorgung des unteren Drittels der Bevölkerung in den USA geradezu „schäbig“ sei.

Der Apothekerverband teilte am heutigen Donnerstag mit, dass 150 „hochkarätige Gäste“ aus dem Gesundheitswesen, darunter Politiker aus Bundes- und Landtag, Vertreter der Ärzteschaft, Krankenkassen, des Pharmazeutischen Großhandels und der Arzneimittelhersteller beim Sommerempfang anwesend waren. Vor Gröhes Rede hatte Verbandschef Thomas Preis betont, dass es jetzt „wichtiger denn je“ sei, den „massiven Werbefeldzügen ausländischer Versandhändler“ schnell ein Ende zu setzen. Weiteres Zuwarten führe unweigerlich zur Zerschlagung des Arzneimittelversorgungssystems.

Abschließend ging Preis noch auf das Thema Digitalisierung ein. Im Gegensatz zu so mancher, oftmals nicht vorurteilsfreier, Meinungsäußerung, hätten Apotheken das Thema Digitalisierung keineswegs verschlafen. „Nein, im Gegenteil: Apotheken haben sich schon frühzeitig ins digitale Zeitalter aufgemacht, setzen hier oft Maßstäbe und haben dies im Apothekenalltag zum Nutzen der zu versorgenden Patienten eingesetzt“, machte der Verbandschef deutlich.



Dr. Klaus G. Brauer (bra), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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