Finanzergebnisse der GKV im 1. Halbjahr 2017

Rabattverträge sparen 1,95 Milliarden Euro

Berlin - 08.09.2017, 13:35 Uhr

Die Kassen sammeln weiterhin Finanzreserven an. (Foto: pgonici / Fotolia)

Die Kassen sammeln weiterhin Finanzreserven an. (Foto: pgonici / Fotolia)


Die gesetzliche Krankenversicherung hat zum Ende des ersten Halbjahrs 2017 Finanzreserven in Höhe von 17,5 Milliarden Euro angesammelt. Während die Kassen immer höhere Einnahmen verzeichnen, wachsen die Ausgaben nur moderat – auch bei Arzneimitteln. Gestiegen sind dafür abermals die Erlöse aus Rabattverträgen.

Die Krankenkassen haben im 1. Halbjahr des Jahres 2017 einen Überschuss von rund 1,41 Milliarden Euro erzielt. Das hat das Bundesgesundheitsministerium am heutigen Freitag mitgeteilt. Der Überschuss des 1. Quartals in Höhe von 612 Millionen Euro hat sich somit mehr als verdoppelt. Damit sind auch die Finanzreserven der Kassen erneut gestiegen: Sie beliefen sich Mitte 2017 auf rund 17,5 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2016 hatte das Plus noch bei 598 Millionen Euro gelegen, die Finanzreserven hatten bei 15,1 Milliarden Euro gelegen.

In den ersten sechs Monaten 2017 wuchsen vor allem die Einnahmen der Krankenkassen: Sie stiegen um 4,3 Prozent und beliefen sich auf rund 116,4 Milliarden Euro. Dem gegenüber standen Ausgaben von rund 115 Milliarden Euro – sie sind insgesamt um 3,7 Prozent gestiegen.

Alle Kassenarten mit besseren Zahlen

Alle Kassenarten konnten ihr Finanzergebnis im 1. Halbjahr verbessern – wenn auch im unterschiedlichen Ausmaß. Am besten sieht es weiterhin bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) aus, die einen Überschuss von rund 650 Millionen Euro (1. Quartal: 361 Millionen Euro). Das Plus der Ersatzkassen wuchs von 155 Millionen Euro im ersten Quartal auf nunmehr 456 Millionen Euro, das der Betriebskrankenkassen (BKKen) auf 111 Millionen Euro (von 27 Millionen Euro). Auch bei IKKen und der Knappschaft-Bahn-See erhöhten sich die Überschüsse. Lediglich die Landwirtschaftliche Krankenversicherung verbuchte einen Ausgabenüberhang von 1 Million Euro – aber auch das war weniger als die 6 Millionen Defizit im ersten Quartal.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kann sich über die neuen Zahlen nur freuen: „Die Kassenzahlen zeigen, dass die Verbesserungen, die wir etwa im Bereich der Gesundheitsförderung und der Hospiz- und Palliativversorgung auf den Weg gebracht haben, bei den Versicherten ankommen. Gleichzeitig haben die Krankenkassen mit 17,5 Milliarden Euro Finanzreserven weiterhin gute Spielräume, ihre Versicherten mit hochwertigen Leistungen bei attraktiven Beiträgen zu unterstützen. Das ist eine gute Nachricht für alle gesetzlich Versicherten.“ Das BMG geht davon aus, dass sich die Entwicklung im zweiten Halbjahr fortsetzt.

Arzneimittelausgaben steigen um 2 Prozent je Versicherten

Die Ausgabenentwicklung verlief in fast allen größeren Leistungsbereichen moderat. So sind die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen im 1. Halbjahr 2017 absolut um 3,2 Prozent und um 2,0 Prozent je Versicherten gestiegen. Sie beliefen sich auf 19,7 Milliarden Euro und damit rund 17 Prozent der GKV-Gesamtausgaben. Rabattvereinbarungen zwischen pharmazeutischen Unternehmern und Krankenkassen sorgen erneut für eine größere Entlastung der Kassen. Die Erlöse aus diesen Verträgen wuchsen um rund 7,6 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2016 und beliefen sich auf rund 1,95 Milliarden Euro. Laut BMG gingen auch die Ausgaben für innovative Arzneimittel zur Behandlung der Hepatitis C gegenüber dem 1. Halbjahr 2016 deutlich zurück.

Die Netto-Verwaltungskosten der Krankenkassen haben sich im 1.Halbjahr 2017 um 0,9 Prozent erhöht und sind je Versicherten sogar um -0,3 Prozent zurückgegangen. Laut BMG spricht viel dafür, dass dabei auch Synergieeffekte bei größeren Kassenfusionen eine Rolle spielen.

Musterschüler AOK

Die AOK ist übrigens erneut die einzige Kassenart, die – wie schon im ersten Quartal 2017 – zurückgehende Arzneimittelausgaben vermeldet. Sie reduzierten sich um -0,5 Prozent. Auch bei den Ersatzkassen entwickelten sich die Arzneimittelausgaben mit +1,1 Prozent unterdurchschnittlich.

Im Bereich der ärztlichen Behandlung stiegen die absoluten Ausgaben im 1. Halbjahr 2017 um rund 5,1 Prozent (je Versicherten um rund 3,9 Prozent) auf 21,5 Milliarden Euro an. Mit 18 Prozent der GKV-Gesamtausgaben sind sie der zweitgrößte Kostenblock der Kassen. Die Ausgaben für Krankenhausbehandlung stiegen im 1. Halbjahr 2017 absolut um 2,5 Prozent (je Versicherten um 1,3 Prozent) auf 38,3 Milliarden Euro (33 Prozent der Gesamtausgaben).  

Pharmaverbände: Schluss mit Weltuntergangsszenarien

Auch die Pharmaverbände äußerten sich zu diesen frisch veröffentlichten Zahlen. Wolfgang Reinert, Leiter der Abteilung GKV-Arzneimittelversorgung/ Selbstmedikation beim Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) kommentierte: „Wieder einmal zeigen die gut gefüllten Kassen der GKV: Die Kostenexplosion bei den Arzneimittelausgaben ist ein Märchen. Denn wieder liegen die Arzneimittelausgaben deutlich unter dem Durchschnitt. Jetzt ist es an der Zeit umzudenken: Zwangsmaßnahmen – wie das Preismoratorium –  gehören abgeschafft.“

Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), betonte, dass seine Branche nicht unerheblich zu der guten Bilanz beigetragen habe: mit dem Preismoratorium, durch Rabattverträge, Festbeträge und die frühe Nutzenbewertung. Gerbsch:  „Die immer wieder heraufbeschworenen finanziellen Weltuntergangsszenarien der Kassen kann man angesichts dieser Zahlen nun wirklich nicht mehr ernst nehmen.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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