Schweiz

Freud und Leid der Schweizer Apotheker

Remagen - 27.09.2017, 16:45 Uhr

Freund und Leid eng beieinander: Fabian Vaucher, Präsident des Schweizer Apothekerverbandes, kommentiert ein neues Gesetz, nach dem ca. 600 OTC-Präparate aus der Apothekenpflicht entlassen werden, durch das die Apotheker aber gleichzeitig mehr Kompetenzen bekommen. (Foto: Pharmasuisse)

Freund und Leid eng beieinander: Fabian Vaucher, Präsident des Schweizer Apothekerverbandes, kommentiert ein neues Gesetz, nach dem ca. 600 OTC-Präparate aus der Apothekenpflicht entlassen werden, durch das die Apotheker aber gleichzeitig mehr Kompetenzen bekommen. (Foto: Pharmasuisse)


„Nächstes Kapitel beim Rollenwandel der Apotheken“

Für die Patienten ergibt sich nach Einschätzung von Vaucher daraus die Konsequenz, dass sie eine größere Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen sollen. Die Bevölkerung solle medizinische Bagatellen selber als solche erkennen und auf die richtige Therapie zugreifen können. Für die Apotheken bedeute dies, dass ihre Infrastruktur und Kompetenzen in Zukunft noch besser genutzt werden. „Mit den erweiterten Abgabekompetenzen beginnt ein nächstes Kapitel beim Rollenwandel der Apotheken“, sagt Vaucher, „was einst vorab eine Abgabestelle für Medikamente war, mutiert damit noch stärker zu einer einfach zugänglichen Anlaufstelle, die eine umfassende Gesundheitsberatung und -versorgung sicherstellt.“ 

Fachberatung auch bei rezeptfreien Medikamenten

Mit der Umteilung von Medikamenten aus dem Fachhandel in Großhandelsgeschäfte ohne Möglichkeit zur Fachberatung will Vaucher sich jedoch nicht anfreunden. Er plädiert vielmehr dafür, dass der Kunde auch bei rezeptfreien Medikamenten eine Fachberatung in Anspruch nehmen können sollte. So ließen sich die Beschwerden und der Therapieansatz bzw. alle Faktoren, die zum Bezug eines solchen Produkts führen, nochmals analysieren.

Der Forderung der Großverteiler nach einer angeblich längst überfälligen Liberalisierung der Abgabe von Arzneimitteln erteilt der Präsident von Pharmasuisse aus Gründen des Patientenschutzes eine klare Absage. Auch aus Sicht der Versorgungssicherheit sieht er hier keinen Handlungsbedarf. „Mit dem dichten Apothekennetz, den langen Öffnungszeiten und dem Notfalldienst der Apotheken haben Patienten jederzeit Zugang zur medizinischen Erstversorgung in Apotheken“, betont Vaucher.

Bei Preisnachlässen nicht mitziehen

Außerdem nimmt er Stellung zu der gemeinsamen Geschäftstätigkeit von Migros und dem Ärztegrossisten und Versandhändler „Zur Rose“. Die Versandapotheke lockt mit Preisnachlässen von bis zu zwölf Prozent. Auf die Frage, wieso die übrigen Apotheken hier nicht nachzögen, gibt sich Vaucher gelassen: „Ob Zur Rose so hohe Preissenkungen überhaupt realisieren kann, muss sich erst einmal zeigen“, sagt er, denn der Spielraum für weitere Senkungen der Margen sei verschwindend klein, und fügt an „Tiefere Preise sind nur möglich, wenn gleichzeitig massiv mehr Medikamente verkauft werden. Das widerspricht aber dem Prinzip einer effizienten Gesundheitsversorgung wie auch dem Grundsatz „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“.

Einsparungen dank Billigstversand als Bumerang

Harsche Kritik übt der Präsident von Pharmasuisse zudem an den expliziten Aufrufen von Krankenkassen, bei „Zur Rose“ zu bestellen. „Ein solcher Aufruf ist für uns Apotheker deshalb ein Affront, weil er dem Anspruch, Patienten optimal zu versorgen, diametral widerspricht“, betont er. Auch die Krankenkassen wüssten eigentlich, dass Betreuung und Beratung durch den Apotheker die Therapietreue ihrer Versicherten maßgeblich verbessern könnten. Hohe Kosten entstünden vor allem dann, wenn die Therapietreue mangelhaft ist und in der Folge die Therapieziele nicht erreicht werden. Vaucher dazu: „Dann erweisen sich die dank Billigstversand erzielten Einsparungen in finanzieller und gesundheitlicher Hinsicht als Bumerang.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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