- DAZ.online
- News
- Apotheke
- Mehraufwand und ...
Neue Substitutionsregeln
Mehraufwand und Mischrezepte für Apotheker
Ab dem 2. Oktober gelten die neuen Regeln der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) zur Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger. Apotheker müssen mit Mehraufwand rechnen. Zudem kommt eine neue Form von „Mischrezepten“ auf sie zu.
Anfang des Jahres wurde das Substitutionsrecht neu geregelt und Ende Mai ist eine Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) in Kraft getreten. Allerdings galten die Regelungen zunächst noch unverändert weiter – denn die Bundesärztekammer (BÄK) war noch aufgefordert, in einer Richtlinie Voraussetzungen und Ziele der Substitutionstherapie zu regeln. Der Verordnungsgeber wollte so bewusst die Therapiehoheit der Ärzteschaft stärken. Die BÄK ist diesem Auftrag mittlerweile fristgerecht nachgekommen. Am kommenden Montag, dem 2. Oktober, wird die Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt gemacht – und die neuen Regeln der Verordnung finden Anwendung.
Mit der Reform der BtMVV wollte der Verordnungsgeber die Möglichkeiten zur Behandlung opioidabhängiger Menschen ausbauen sowie an den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt und an aktuelle praktische Bedürfnisse anpassen. Laut Bundesgesundheitsministerium befinden sich derzeit mehr als 77.000 Patienten in einer Substitutionsbehandlung. Den stabilen unter ihnen wird künftig ermöglicht, Substitutionsmittel bis zu 30 Tage eigenverantwortlich einzunehmen. Dazu wird die „Take-Home“-Regelung entsprechend ausgeweitet. Da viele langjährig Substituierte inzwischen auch in Pflegeheimen oder Hospizen leben, wird den behandelnden Ärzten die Betreuung dieser Patienten in diesen Einrichtungen erleichtert.
Neu für Apotheken ist nun, dass die Substitutionspatienten
selbst mit einem BtM-Rezept über Substitutionsmittel zum unmittelbaren
Verbrauch (Sichtbezug) in die Apotheke kommen können. Bislang musste der
substituierende Arzt die Verschreibungen über den Sichtbezug entweder selbst in
der Apotheke vorlegen oder die Vorlage erfolgte durch von ihm beauftragtes
Praxispersonal. Nun kann der Arzt, wenn er es für vertretbar hält, die Sichtbezugs-Verordnungen
dem Patienten aushändigen. Wichtig
für die Apotheken ist: Per Sichtbezug darf sie nur versorgen, wenn
sie zuvor eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arzt geschlossen hat.
Auch die neuen „Take-Home“-Verordnungen werden Veränderungen für die Apotheken mit sich bringen. So kann der substituierende Arzt darauf auch festlegen, dass das Substitutionsmittel dem Patienten in Teilmengen zu bestimmten Zeitpunkten zum unmittelbaren Verbrauch in der Apotheke oder der Arztpraxis (Sichtvergabe) zu überlassen ist. Diese neue Form von Mischrezepten bedeutet Mehraufwand für Apotheken. Sie müssen sich etwa über die Lagerung des Anbruchs des Substitutionsmittels Gedanken machen. Vor allem aber werden mehr Abgaben und damit mehr Dokumentationen auf die Apotheken zukommen.
Mehr Dokumentationspflichten können zudem entstehen, weil im Falle des Sichtbezugs der Verbleib nicht mehr zwingend vom Arzt patientenbezogen nachzuweisen ist. Diese Pflicht wird auf weitere Fachkreise erweitert – darunter auch Apotheken –, wenn der substituierende Arzt mit ihnen eine Vereinbarung getroffen hat. Der Arzt, der die Nachweisführung nicht selbst vornimmt, muss dabei sicherstellen, dass diese andere Person ihm bis zum Ende jedes Kalendermonats über die Prüfung und Nachweisführung schriftlich oder elektronisch unterrichtet.
Drogenbeauftragte und Ärzte sind zufrieden
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), bezeichnete die Reform als „Meilenstein“ auf dem Weg, die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten bei der Versorgung suchtkranker Menschen zu verbessern. Mit der BÄK-Richtlinie habe die Ärzteschaft „wirklich gute Arbeit geleistet“. Mortler: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit dieser Reform mehr Ärzte für die Substitutionsbehandlung gewinnen werden und einen spürbaren Beitrag leisten, die Versorgungslücken gerade auch auf dem Land zu schließen. Die Neuerungen werden vielen Menschen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben erleichtern. Das alles ist wichtig, denn Substitution kann Leben retten.“
Auch bei der BÄK ist man zufrieden: „Es ist gut, dass die Politik die Richtlinienkompetenz in diesem wichtigen Bereich auf die ärztliche Selbstverwaltung übertragen hat. Die Therapie unterliegt damit nicht mehr starren gesetzlichen Regelungen, die bislang immer auch die Gefahr von Strafverfahren für die behandelnden Ärzte nach sich zogen. Sie kann jetzt auch besser als bisher an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und den Erfordernissen des konkreten Einzelfalls angepasst werden“, sagt der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, der mit Dr. Josef Mischo, dem Vorsitzenden der BÄK-Arbeitsgruppe „Sucht und Drogen“ und einer Expertengruppe die Richtlinie erarbeitet hat. Den Patienten könne nun ärztlicherseits noch besser geholfen werden, ihr Leben zu ordnen, nicht mehr straffällig zu werden und einen Weg zurück ins Arbeitsleben zu finden.
Mit der Neuregelung verbindet die Bundesärztekammer auch die Hoffnung, dass sich nun weitere Ärzte für diese lebensrettende und medizinisch hoch wirksame Behandlung motivieren lassen.
Die BÄK-Richtlinie wird am Montag, dem 2.Oktober 2017 mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. Sie kann bereits jetzt auf der Internetseite der Bundesärztekammer eingesehen werden.
Die ABDA hat für die wichtigsten Fragen der Apotheker
ein FAQ-Papier „Opioidsubstitution“ zusammengestellt. Dieses kann im
Mitgliederbereich unter www.abda.de (Info-Projekte) abgerufen
werden.
3 Kommentare
Take Home
von Sven Larisch am 05.10.2017 um 9:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Take Home
von Peter H. am 10.10.2017 um 22:58 Uhr
Neue Regelierung Take Home Verordnung
von Roland Wartenberg am 04.10.2017 um 17:11 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.