Welt-Rheuma-Tag

Cortison bedenklicher als Biologicals

Stuttgart - 12.10.2017, 07:00 Uhr

Es gibt keine völlig unbedenkliche Cortisondosis, auch im Low-dose-Bereich erleiden Rheumapatienten häufiger Infektionen. (Foto: stockdevil / stock.adobe.com)

Es gibt keine völlig unbedenkliche Cortisondosis, auch im Low-dose-Bereich erleiden Rheumapatienten häufiger Infektionen. (Foto: stockdevil / stock.adobe.com)


Versorgung mit Biologicals noch defizitär

Sprechen die Patienten innerhalb von drei Monaten nicht auf diese Therapie an, empfiehlt der Rheumatologe, nicht länger zu warten, sondern die Therapie sofort zu eskalieren. Wie die Eskalationstherapie im Einzelnen aussieht? Hier erfolgt die Weichenstellung für die weitere Therapie der rheumatoiden Arthritis anhand der Frage, welche Krankheitsaktivität vorliegt. Patienten mit mittlerer Aktivität und günstiger Prognose erhalten eine DMARD-Kombi; bei hoher Aktivität und weiteren Risikofaktoren können bereits nach drei Monaten Biologika eingesetzt werden. Bei Nichtansprechen auf ein Biological, folgt nach weiteren drei Monaten dann der Wechsel auf ein anderes Biologikum. Das empfehlen alle Leitlinien. „Theoretisch sollte das so sein, in der Praxis ist das nicht der Fall“, sagt Krüger.

Wie sieht die Realität aus? Gerade einmal 36 Prozent aller Rheumapatienten erreichen eine Remission, 45 Prozent verfehlen das Therapieziel und weisen eine mittlere bis hohe Krankheitsaktivität auf. „Die Versorgung mit Biologika wird besser, ist aber weiter stark defizitär“, bemängelt der Rheumatologe den insbesondere in Deutschland schlechten Versorgungsstandard mit Biologicals im Rheumasektor. Woran das liegt? Krüger kann nur spekulieren: „Die Langzeitnebenwirkungen sind vom Tisch, vielleicht ist es die Angst vor Regressen. Diese gab es bei Biologicals bislang nicht in Deutschland.“ Bliebe die Angst vor neuen Therapien, so Krüger. 

„Corticoide sind um ein Vielfaches infektionsträchtiger als Biologika“

Stattdessen setzen wohl viele Rheumatologen und Patienten auf alt Vertrautes: Glucocorticoide. Sie haben seit nun mehr 70 Jahren einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis, aber es findet ein Paradigmenwechsel statt. Nach drei bis sechs Monaten sollte der Patient Prednisolon absetzen. Doch das Therapieprinzip scheint tief verwurzelt, etwa die Hälfte aller Rheumapatienten nimmt dauerhaft Prednisolon ein.

„Warum sind wir so strikt mit Corticoiden?“ fragt der Rheumatologe. „Die Corticoide sind um ein Vielfaches infektionsträchtiger als Biologika". Außerdem zeigten Kohortenstudien, dass unter Corticoid-Therapie die Mortalität steige, wohingegen eine Therapie mit MTX ohne Corticoid die Mortalität reduziere. Zudem erhöhe eine dauerhafte Corticoid-Therapie das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, wie Schlaganfall und Myokardinfark, und gewaltig für schwere Infektionen, vor allem bei älteren Patienten. Dieser Effekt sei zwar dosisabhängig, erklärt Krüger, lasse sich jedoch auch im Low-dose-Bereich bei 5 mg und 7,5 mg nachweisen. „Es gibt keine ganz unbedenkliche Corticoid-Dosis", schließt Krüger.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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