Rechtstreit

Schlammschlacht um Sanicare eskaliert weiter

Stuttgart - 17.10.2017, 17:30 Uhr


Witwe thematisiert Vorwürfe wegen Rezeptbetrugs

Ab Anfang 2014 habe Volkmar Schein „massive“ Überlastungs- und Überforderungssymptome gezeigt, erklärt die Witwe. „Wenn du zu einem Anwalt gehst, mache ich dich fertig!“, soll Dusel laut Ingrid Schein im Juni 2015 ihrem Mann gesagt haben – und ihn als „Totalversager“ hingestellt haben. Nachdem sie schon befürchtet hatte, dass ihr Mann seinem Leben ein Ende setzen könnte, habe er sich im November 2015 in die stationäre Behandlung begeben, erklärte seine Witwe nun.

Dabei thematisierte sie auch Vorgänge, über die DAZ.online seit Monaten wusste – aber aufgrund des Suizids Scheins nicht berichtet hatte: Die Staatsanwaltschaft hatte 2014 ein Ermittlungsverfahren wegen möglichen Rezeptbetrugs gegen ihren Mann eingeleitet. Er wurde beschuldigt, im Zeitraum 2010 bis Anfang 2014 in seiner früheren Apotheke im Saarland „in einer Vielzahl von Fällen“ zum Nachteil mehrerer Krankenkassen bei ihm eingereichte Rezepte beispielsweise durch Übermalen mit Tipp-Ex manipuliert zu haben, erklärte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf Nachfrage von DAZ.online. So habe Schein „eine größere Menge an Arzneimitteln verausgabt als tatsächlich geschehen“, warf sie ihm vor. Bei Durchsuchungen mehrerer Räumlichkeiten wurde „umfängliches Beweismaterial“ sichergestellt.

Verfahren wurden wegen des Todes eingestellt

Allerdings erwies sich wegen des verwendeten Datenformats der Apothekensoftware die Auswertung als schwierig, weshalb die Ermittlungen lange kaum vorangingen. „Der Beschuldigte hatte prinzipiell seine Mitwirkungsbereitschaft bekundet, was sowohl die strafrechtlich relevante Schadensermittlung als auch die zivilrechtliche Schadenswiedergutmachung gegenüber den geschädigten Kassen anbetraf“, erklärte die Staatsanwaltschaft. Wie ein Sprecher der in dieser Angelegenheit federführenden Techniker Krankenkasse (TK) auf Nachfrage mitteilte, gab es Versuche, sich außergerichtlich zu einigen, doch aufgrund des Todesfalls konnten diese nicht abgeschlossen werden. Der von Seiten der TK veranschlagte Schaden sei relativ gering gewiesen, erklärte der Sprecher. Die Kasse hätte aufgegeben, Forderungen gegenüber der Erbin zu realisieren.

Dusel habe ihren Mann auch in dieser Sache „massivst“ unter Druck gesetzt, erklärte Schein laut NOZ. „Das Verfahren wurde später ohne eine Zahlung eingestellt“, zitiert die Zeitung ihren Anwalt – ohne jedoch zu erwähnen, dass der Grund für die Einstellung der Suizid war. Eine Anfrage von DAZ.online an die Anwälte Scheins blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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