Influenzasaison 2017/2018

„A“ auf Grippeimpfstoff-Rezepten - wie regeln es die einzelnen Krankenkassen?

Stuttgart - 20.10.2017, 17:30 Uhr

Flickenteppich bei der Grippeimpfstoff-Versorgung in Deutschland: Rabattverträge, Höchstpreise - jedes Bundesland regelt den Influenzaschutz separat. (Foto: apfelweile / Stock.adobe.com)

Flickenteppich bei der Grippeimpfstoff-Versorgung in Deutschland: Rabattverträge, Höchstpreise - jedes Bundesland regelt den Influenzaschutz separat. (Foto: apfelweile / Stock.adobe.com)


Welches Bundesland braucht nun ein „A“ bei den Grippeimpfstoff-Rezepten? Hier herrscht keine einheitliche Regelung. Fordert tatsächlich nur Baden-Württemberg das „A“? Welche Krankenkassen habe noch bestehende Rabattverträge, welche rechnen einheitliche Vertragspreise ab? Auch wenn keine Retax-Gefahr für die Apotheke besteht - wie regelt Ihr Bundesland die Versorgung mit Influenzaimpfstoffen? DAZ.online hat für jedes Bundesland die Regelung zur Influenzaimpfstoff-Versorgung zusammengestellt. 

Influenzaimpfung in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern

Auch wenn mit Inkrafttreten des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AMVSG) die Krankenkassen neue Exklusiv-Rabattverträge bei den Grippeimpfstoffen nicht mehr abschliessen dürfen, haben sie „Bestandsschutz“, so sie vor dem AMVSG zwischen Apothekerverbänden und den Krankenkassen ausgehandelt wurden. Positiv für Apotheker: Sie sind nicht in der Prüfpflicht, eine Retaxation droht den Apotheken nicht. Welches Bundesland versorgt noch über Rabattverträge, in welchen erfolgt die Erstattung von Influenzaimpfstoffen zu vertraglich vereinbarten Höchstpreisen? Eine einheitliche Regelung existiert derzeit nicht. DAZ.online hat sich die bunte Versorgungslandschaft beim Grippeschutz angeschaut.

Grippeimpfstoffe in Baden-Württembergs Apotheken

Für die aktuelle Grippesaison haben zum Beispiel die gesetzlichen Krankenkassen in Baden-Württemberg Rabattvereinbarungen über Influvac® und Xanaflu® noch vor Inkrafttreten des AMVSG getroffen. Im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots hält die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) die Ärzte an, „fortgeltende Rabattvereinbarungen im Rahmen der wirtschaftlichen Auswahl des Arzneimittels in die Erwägung miteinzubeziehen und zu berücksichtigen“, heißt es auf der Homepage der KVBW. Für die Apotheker birgt diese Formulierung keine Risiken. Verordnet der Arzt einen nicht-rabattierten Grippeimpfstoff, was er ohnehin nur „in besonderen Fällen“ tun sollte, „ist die Verordnung mit einem `A` zu kennzeichnen und mit der Arztunterschrift zu versehen“, schreibt die KVBW. „Die Apotheke haftet aber nicht für die unwirtschaftliche Verordnung des Arztes, wenn sie einen nicht rabattierten Impfstoff auf eine Verordnung mit fehlendem `A` abgibt“, sagt ein Sprecher der AOK Baden-Württemberg. Das bedeutet also: keine Retaxation.

Grippeimpfstoffe in Bayerns Apotheken

Auch Bayerns Krankenkassen halten an bestehenden Exklusiv-Rabattverträge über Grippeimpfstoffe in der aktuellen Influenzasaison 2017/2018 fest. Die Vertragsimpfstoffe bezieht der Arzt über den Sprechstundenbedarf. Nach Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) dürfen „Grippeimpfstoffe, die keine Vertragsimpfstoffe der jeweiligen Saison sind, ... nur in Ausnahmefällen bei medizinischer Notwendigkeit unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf den Namen des Patienten verordnet werden. Dies gilt ebenso für die Verordnung des nasalen Lebendimpfstoffes“. Auch wenn Ärzte nach Inkrafttreten des AMVSG prinzipiell wieder alle Impfstoffe zum Grippeschutz verordnen dürften, seien die Rabatt-Impfstoffe besonders wirtschaftlich und ärztlicherseits zu bevorzugen. Die Apotheke hat hier keine Prüfpflicht.

Die Krankenkassen Bayern haben derzeit Rabattverträge über

  • Afluria® Fertigspritzen mit Kanüle (ohne Kanülenschutz) (Seqirus GmbH)
  • Xanaflu® Fertigspritzen ohne Kanüle (Mylan Healthcare GmbH)

Grippeimpfstoffe in den Apotheken Berlins, Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns

In Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bleibt bei der Impfstoffversorgung alles wie in den vergangenen Jahren. Die AOK Nordost ist für die drei Bundesländer zuständig und hatte keine exklusiven Rabattverträge über Impfstoffe abgeschlossen. Eine wirtschaftliche Versorgung mit Grippeschutzimpfungen realisiert die AOK Nordost Höchstpreise, die sie für Influenzaimpfstoffe erstattet. Somit können alle Grippeimpfstoffe über den Sprechstundenbedarf bis zu diesem Höchstpreis abgerechnet werden.

Influenzaimpfung in Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein

Grippeimpfstoffe in Bremens Apotheken

Bremens Krankenkassen haben auch noch bestehende Rabattverträge über Grippeimpfstoffe, auf deren Gültigkeit sie diese Saison bestehen. Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) empfiehlt so den impfenden Ärzten: „Nach dem Abschluss eines Rabattvertrages mit der Firma Mylan Healthcare GmbH favorisieren die Bremer Krankenkassen für die kommende Saison `Influvac mit Kanüle` als Grippeimpfstoff“. Beziehen könne Ärzte die Vakzine über den normalen Sprechstundenbedarf. Wie auch in den anderen Bundesländern, die die Patienten noch mit rabattierten Grippeimpfstoffen versorgen, hat die Apotheke keine Prüfpflicht mehr für die Rabattverträge bei Influenza. Der Arzt riskiert allerdings bei unwirtschaftlicher Verordnung einen Regress. Weitere Regelungen finden sich nicht auf der Seite der KVHB.

Grippeimpfstoffe in Hamburgs Apotheken

  • Influvac® 2017/2018 Fertigspritzen mit Kanüle (Mylan Healthcare GmbH)
  • Vaxigrip® 2017/2018 ohne Kanüle 

finden sich als Empfehlungen der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. Auch hier existieren noch alte Rabattverträge. Während Ärzte angehalten sind, im Rahmen der Wirtschaftlichkeit diese Impfstoffe bevorzugt zu verordnen, besteht seitens der Apotheke keine Prüfpflicht und keine Retaxationsgefahr. Spezielle Regelungen, wie in Baden-Württemberg mit der „A“-Kennzeichnung, finden sich für die Hansestadt nicht.

Grippeimpfstoffe in Hessens Apotheken

In Hessen haben die Krankenkassen mit dem hessischen Apothekerverband einen Vertrag geschlossen, der für Grippeimpfstoffe einen einheitlichen Vertragspreis festlegt. Dieser Vertragspreis gilt für alle zugelassenen Grippeimpfstoffe, auch für die tetravalenten. Ärzte können in Hessen somit frei entscheiden, welchen Grippeimpfstoff sie ihren Patienten verordnen und diesen über den Sprechstundenbedarf beziehen.

Grippeimpfstoffe in Niedersachsens Apotheken

Niedersachsens Rabattverträge über Grippeimpfstoffe sind nach Ansicht der Kassen auch für die aktuelle Grippesaison noch gültig. Rabattiert sind ausschließlich trivalente Impfstoffe. Bei medizinischer Indikation dürfen auch tetravalente Impfstoffe ausnahmsweise zu Lasten der GKV verordnet werden. Die Rezeptierung erfolgt dann auf den Namen des Patienten. Besteht allerdings keine medizinische Indikation, zahlt der Patient diese Verordnung selbst.

Grippeimpfstoffe in den Apotheken der Region Nordrhein

Auch in Nordrhein erfolgt die Belieferung der Grippeimpfstoffe noch mit rabattierten Vakzinen. Unter Vertrag sind hier Influvac® mit Kanüle und Afluria® ohne Kanüle, die Ärzte gleichermaßen im Rahmen des Sprechstundenbedarfs aufschreiben dürfen. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein empfiehlt ihren Ärzten, sich auch weiterhin und trotz AMVSG an diese wirtschaftliche Verordnung zu halten, das beuge Regressanträgen vor.

Die rabattierten Impfstoffe müssen Ärzte allerdings nur im Rahmen des Sprechstundenbedarfs präferieren. Erfolgt die Verordnung eines Grippeimpfstoffes als „Satzungsimpfung“ – beispielsweise für Patienten unter 60 Jahren ohne erhöhte gesundheitliche Gefährdung – erfolgt eine patientenindividuelle Einzelverordnung eines Grippeimpfstoffes der Saison 2017/2018.

Influenzaimpfung in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt 

Grippeimpfstoffe in den Apotheken Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz regelt seine Grippeimpfstoff-Versorgung anders: Die Kassenärztliche Vereinigung in Rheinland-Pfalz empfiehlt ihren Ärzten eine produktneutrale Verordnung ohne Aut-Idem-Kreuz:

  • Grippeimpfstoff 2017/2018 mit Kanüle oder
  • Grippeimpfstoff 2017/2018 ohne Kanüle

Unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit dürfen Ärzte in Rheinland-Pfalz alle in Deutschland verfügbaren Impfstoffe verschreiben.

Grippeimpfstoffe in Sachsens Apotheken

Auch Sachsen hat noch Altbestände bei den Rabattverträgen über Influenzaimpfstoffe, die auch für die bevorstehende Grippesaison ihre Gültigkeit haben.

  • Afluria® 2017/2018 Fertigspritzen ohne Kanüle (Seqirus GmbH)
  • Influvac® 2017/2018 Fertigspritzen mit Kanüle (Mylan Healthcare GmbH)

Die Verordnung sollen Ärzte über den Sprechstundenbedarf ausstellen. Auch hier gilt: Eine Abweichung von den rabattierten Grippeimpfstoffen sollte nur in medizinisch begründeten Einzelfällen erfolgen. Die Kasenärztliche Vereinigung Sachsen empfiehlt den Ärzten, hier das Aut-idem-Kreuz zu setzen.

Grippeimpfstoffe in Sachsen-Anhalts Apotheken

In Sachsen-Anhalt beziehen Ärzte, anders als in Baden-Württemberg, rabattierte und nicht-rabattierte Grippeimpfstoffe über den Sprechstundenbedarf  – „ohne Auftragung des `A`“, schreibt die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt. Die Verordnung nicht-rabattierter Grippeimpfstoffe auf  Patientenwunsch, erfolge auf einem Privatrezept. 

  • Afluria® 2017/2018 Fertigspritzen ohne Kanüle (Seqirus GmbH) 
  • Influvac® 2017/2018 Fertigspritzen mit Kanüle (Mylan Healthcare GmbH)

sind die Grippeimpfstoffe, die in Sachsen-Anhalt für die bevorstehende Influenzasaison unter Rabattvertrag sind.

Influenzaimpfung in Schleswig-Holstein, Thüringen und Westfalen-Lippe

Grippeimpfstoffe in Schleswig-Holsteins Apotheken

Wie regelt Schleswig-Holstein die Bereitstellung der Influenzavakzine? Rabattverträge oder vertraglich geregelte Höchstpreise zwischen Krankenkassen und Apothekerverband? Die Krankenkassen haben eine Rabattvereinbarung mit zwei Herstellern von Grippeimpfstoffen getroffen, an der sie festhalten. Den Zuschlag haben Mylan und Seqirus erhalten, sodass es auch in diesem Jahr folgende Impfstoffe sind:

  • Afluria® 2017/2018 Fertigspritzen (Seqirus GmbH) 
  • Influvac® 2017/2018 Fertigspritzen (Mylan Healthcare GmbH)

„Die Impfstoffe Influvac® und Afluria® sind in Schleswig-Holstein günstiger als andere Impfstoffe, daher sollten Impfstoffe anderer Hersteller nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen geimpft werden“, erklärt die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holsteins auf Nachfrage von DAZ.online.

Grippeimpfstoffe in Thüringens Apotheken

Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen erklärt auf Nachfrage von DAZ.online: „Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (AMVSG) endet für die gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit, Rabattverträge über Impfstoffe auszuschreiben. Die gesetzlichen Krankenkassen in Thüringen haben bereits vor dem Inkrafttreten des AMVSG Rabattvereinbarungen zur Durchführung der Schutzimpfungen (Pflichtleistungen der Schutzimpfungs-Richtlinie) zur Versorgung der Versicherten ab dem vollendeten 7. Lebensjahr für die nachfolgend genannten Grippeimpfstoffe abgeschlossen. Diese Rabattvereinbarungen sind in der Saison 2017/2018 gültig und die Verordnung der genannten beiden Impfstoffe gilt grundsätzlich als wirtschaftlich:“

  • Afluria® 2017/2018 Fertigspritzen ohne Kanüle (Seqirus GmbH) 
  • Influvac® 2017/2018 Fertigspritzen mit Kanüle (Mylan Healthcare GmbH)

Die Auswahl und Verordnung der Impfstoffe im Rahmen des Sprechstundenbedarfs solle bedarfsgerecht und wirtschaftlich zu erfolgen, was bei rabattbegünstigten Impfstoffen der Fall sei. Doch auch in Thüringen sind Ausnahmen möglich: „Für medizinisch begründete und dokumentierte Einzelfälle oder wenn die zeitnahe Sicherstellung der Impfung anders nicht gewährleistet ist, können unter Berücksichtigung der individuellen Eignung des Patienten auch andere Impfstoffe ausgewählt und in der erforderlichen Menge im Rahmen des Sprechstundenbedarfs verordnet werden“, sagt die KV Thüringen.

Grippeimpfstoffe in den Apotheken der Region Westfalen-Lippe

Auch Westfalen-Lippe hält sich bei der Grippeimpfung an die Rabattverträge für die aktuelle Grippesaison 2017/2018. Zwei Vakzine zum Grippeschutz sind rabattiert, einmal mit und einmal ohne Kanüle:

  • Afluria® 2017/2018 Fertigspritzen ohne Kanüle (Seqirus GmbH) 
  • Influvac® 2017/2018 Fertigspritzen mit Kanüle (Mylan Healthcare GmbH)

Influvac mit Kanüle und Afluria ohne Kanüle sollen Patienten bevorzugt erhalten. Nur in medizinisch begründeten Einzelfällen dürften außervertragliche Grippeimpfstoffe ärztlich verordnet und abgerechnet werden, heißt es auf der Seite der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Die Antwort der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland steht noch aus.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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