Recherchen der SZ

Die „Paradise Papers“ und Pharmakönig Engelhorn

München - 06.11.2017, 17:55 Uhr

Umgerechnet gut 19 Milliarden Mark nahm Curt Engelhorn 1997 durch den Verkauf seiner Boehringer-Mannheim-Anteile an Roche ein. (Foto: dpa)

Umgerechnet gut 19 Milliarden Mark nahm Curt Engelhorn 1997 durch den Verkauf seiner Boehringer-Mannheim-Anteile an Roche ein. (Foto: dpa)


Der frühere Vorstandschef von Boehringer Mannheim, Curt Engelhorn, hat seinen Erben nicht nur ein Milliardenvermögen hinterlassen – sondern auch einen millionenschweren Steuerskandal. Nachdem seine Töchter im Jahr 2013 nach wenigen Tagen in Untersuchungshaft freikamen und 145 Millionen Euro Steuern nachzahlten, wird der Fall durch neue Enthüllungen nun vielleicht erneut angegangen.

Curt Engelhorn zahlte offenbar nur äußerst ungerne Steuern. Als der langjährige Chef von Boehringer Mannheim im Jahr 1997 seine Anteile in Höhe von 40 Prozent für rund 19 Milliarden Mark an Hoffmann-La Roche verkaufte, löste er einen erheblichen Steuerskandal aus: Da er das Vermögen ins Ausland transferiert hatte, blieben die Einnahmen steuerfrei. Gleichzeitig brockte Roche sich durch die Übernahme erheblichen Ärger ein, wie die „Neue Zürcher Zeitung“ im Jahr 2007 schrieb. „Der damalige Inhaber der Gruppe, Curt Engelhorn, hatte im Laufe der Jahre ein Firmensystem entwickeln lassen, bei welchem über interne Verrechnungspreise die Kosten für die Produkte in Deutschland, die Gewinne vor allem in einer Schweizer Holding anfielen“, schrieb die Zeitung.

Auch bei der Übergabe des Vermögens trickste die Familie des vor gut einem Jahr verstorbenen „Pharma-Königs“ offenbar kräftig – und nutzte hierzu die Rechtsform von Trusts. Vorwürfe um hinterzogene Schenkungssteuer in Höhe von 440 Millionen Euro ließen sich auch aufgrund der komplizierten Verflechtungen nie ganz klären, so dass die Töchter Elisabeth und Carolin Engelhorn vergleichsweise glimpflich davonkamen: Sie wurden zwar im Oktober 2013 vorübergehend in München in Untersuchungshaft genommen, kamen jedoch schnell frei. Sie gestanden laut „Süddeutscher Zeitung“ (SZ), Steuern in Höhe von 145 Millionen Euro hinterzogen zu haben, welche sie nachzahlten. Hinzu kamen für beide Töchter Strafen in Höhe von je 2,1 Millionen Euro.

„Paradise Paper“ bringt unbekannte Trusts zum Vorschein

Nachdem im Frühjahr letzten Jahres die über die SZ veröffentlichten „Panama Papers“ Einblicke in die „Nichtstun-Firma“ von Stefano Pessina sowie Graumarktgeschäfte von Sanofi-Aventis ermöglichten, werfen die am gestrigen Sonntag veröffentlichten „Paradise Papers“ nun auch etwas Licht auf die verborgenen Trusts der Familie Engelhorn. Neben 44 den Finanzermittlern bekannten Trusts beinhalten die „Paradise Papers“ Informationen zu 38 weiteren Trusts oder Briefkastenfirmen, berichtet die SZ.

Nach diesen Unterlagen griffen die Engelhorns schon seit Mitte der 1990er-Jahre auf die Hilfe der Kanzlei Appleby zurück, welche Offshore-Geschäfte abwickelt. „Es ist ein wahnsinniges Vermögen in verschiedenen Trusts geparkt“, hieß es laut SZ schon damals aus Ermittlerkreisen. „Es können zehn, aber auch 100 Trusts sein.“ Die Zeitung sprach nun mit einem namentlich nicht genannten Steuerexperten, der an den Ermittlungen beteiligt gewesen sein soll. „Mich überrascht nicht wirklich, dass es so groß ist“, erklärte dieser laut SZ zu den neuen Enthüllungen.  



hfd / DAZ.online
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