Whistleblowerin

PTA belastet Bottroper Zyto-Apotheker schwer

Essen - 07.12.2017, 07:00 Uhr

Am gestrigen Mittwoch sagte die PTA aus, die den Fall als Whistleblowerin mit ins Rollen gebracht hat. (Foto: hfd / DAZ.online)

Am gestrigen Mittwoch sagte die PTA aus, die den Fall als Whistleblowerin mit ins Rollen gebracht hat. (Foto: hfd / DAZ.online)


„Riesige Minusbestände“ in der Warenwirtschaft

Klein berichtete nicht nur von Zytostatika, die teils mehrere Tage im Voraus hergestellt wurden, sondern auch von „riesigen Minusbeständen“ in der Warenwirtschaft, die laut ihrem Vorgesetzen auf Anweisung von S. im Buchungssystem gelöscht werden sollten. Auf Nachfrage des Richters beschrieb Klein für mehrere Dutzend Mitarbeiter, welche Rolle diese in der Apotheke hatten und wie das Zyto-Team aufgebaut war. Der Teamleiter habe sich selber als „rechte Hand und Kopf“ von S. gesehen. Dieser habe auch normalerweise die Zytostatika bestellt. Einen Bezug über den Schwarzmarkt, wie die Verteidigung es erwähnt hatte, könnte sie sich nicht vorstellen, sagte die PTA vor Gericht. Sie erklärte ausführlich die Abläufe in der Apotheke – beispielsweise was Umetikettierungen von Rückläufern anbelangt.

Die PTA schilderte ihre Beweggründe auf eindrückliche Weise: Sie habe nicht mehr mitansehen können, was Patienten angetan werde, „die ihre letzte Hoffnung in diese Therapien stecken“. Eines Tages schritt sie selber zur Tat, obwohl sie wusste, dass es sie wohl ihren Job kosten wird: Als sie einen Rückläufer-Beutel einer Antikörpertherapie in den Händen hielt, der nicht schäumte und in dem sie keine Einstichstelle fand, versteckte sie diesen – und brachte ihn am nächsten Morgen zu Polizei. Daraufhin kam es später zur Razzia sowie der Verhaftung von ihrem Ex-Chef. 

Kritik an Polizeiarbeit und am Recherchenetzwerk

Klein kritisierte nicht nur einen Artikel des Recherchenetzwerks Correctiv, da es ein dort beschriebenes Treffen mit Porwoll nicht gegeben habe, sondern auch die Arbeit der Polizei. „Es waren alle relativ schlecht vorbereitet“, sagte sie. Dabei habe der Kriminalkommissar ihr gesagt, dass sich die Beamten schon seit Monaten in die Vorwürfe eingearbeitet hätten.

Kurz nach der Verhaftung von S. sei sie dann aus einer Whatsapp-Gruppe von Mitarbeitern des Zyto-Labors gelöscht worden, dann kam die fristlose Kündigung – in der kein Kündigungsgrund angegeben war. „Die Aufregung können sie sich vielleicht vorstellen“, erklärte Klein. „Ich wusste zwar, dass das kommt, dennoch hat es mich vollkommen erschüttert.“ Im Prozess, in dem sie gegen die Kündigung vorging, habe ein Anwalt von S. ihr vorgeworfen, „durch den Diebstahl eines Beutels seinen Mandanten ins Gefängnis gebracht zu haben“, erklärte Klein. 

Aufgrund der ausführlichen Befragung reichte die Zeit nicht, damit auch die Verteidigung ihre Fragen an Klein richten konnte. Die Vernehmung soll daher am kommenden Montag fortgesetzt werden. Der Apotheker schweigt bislang zu den Vorwürfen.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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