Lindner-Buch „Schattenjahre“

„Wir wollten den Versendern die Rabatte streichen“

Berlin - 08.12.2017, 11:10 Uhr

FDP-Chef Christian Lindner bei der Vorstellung seines Buches, in dem auch lange Passagen über das Verhältnis zu Apothekern zu finden sind. (Foto: dpa)

FDP-Chef Christian Lindner bei der Vorstellung seines Buches, in dem auch lange Passagen über das Verhältnis zu Apothekern zu finden sind. (Foto: dpa)


Fehler im Lindner-Buch

Zumindest an dieser Stelle wird das Lindner-Buch ungenau bis falsch: Denn bislang hat die FDP an keiner Stelle mitgeteilt, dass sie dafür sorgen wolle, dass Versender sich an die Preisbindung halten sollen. Allein schon mit Blick auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung wäre das gar nicht möglich. Und auch vom FDP-Parteitagsbeschluss zur Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes fehlt in „Schattenjahre“ jede Spur. Vielmehr bringt Lindner die Berichterstattung in den Apotheker-Medien in Verbindung mit der FDP-Positionierung zum Versandhandel:


„Die Wellen der Empörung schlugen dennoch hoch. Einen veritablen Shitstorm gab es in den Apotheker-Fachmedien, die nahezu täglich gegen uns und speziell gegen meine Person eine Kampagne betrieben. In meinem Posteingang stapelten sich die wütenden Zuschriften von Apothekern, die beteuerten, nie wieder FDP wählen zu wollen. Wir gehörten auf den ‚Müllhaufen‘ - das war noch eine relativ freundliche Formulierung. Wir seien von den Versandapothekern ‚gekauft‘ worden - nur weil ein Anbieter einen Stand bei den Ausstellern auf unseren Bundesparteitagen hatte. Der Vorwurf war eine Absurdität, denn den Versendern wollten wir ja die Rabatte streichen.“


Nur kurz schreibt der FDP-Chef, dass es „innerparteilich“ Bedenken gegeben habe. Dass sich aber insbesondere einige Landesverbände gegen die neue Apothekenpolitik stark machten, erwähnt der FDP-Chef nicht. Vielmehr folgt eine eindrucksvolle Schilderung seines Besuches auf dem ABDA-Sommerfest, wo Lindner spät am Abend völlig überraschend erschien:


„Einladungen zu den parlamentarischen Sommerfesten von Verbänden in Berlin habe ich nie annehmen können, weil ich mich auf Veranstaltungen im Land konzentriert habe. Im Sommer 2017 machte ich eine Ausnahme - und ging ganz bewusst zu den Apothekern. Ich wollte mich stellen, aber zugleich dem Eindruck entgegentreten, wir sähen in ihnen ein Feindbild oder wollten nur ein Exempel statuieren. Ich erinnere mich genau, wie ich staunend beäugt und von Verbandsoffiziellen umringt wurde. Sahra Wagenknecht würde die Apotheken vor der Konkurrenz durch turbokapitalistische Versender schützen, dafür müssten sie dann auf ihren Gewinn 70 Prozent Steuern zahlen, scherzte ich. Bei der FDP gebe es ein mittelstandsfreundliches Programm, aber eben um den Preis, sich im Interesse der Kunden einem fairen Wettbewerb stellen zu müssen. Natürlich konnte ich dort niemanden überzeugen.“


Und trotzdem habe er einige Apotheker von seinem neuen Kurs überzeugen können, schreibt Linder:


„Aber mir schrieben während dieser Phase viele Apotheker, sie könnten unseren Standpunkt zumindest nachvollziehen. Einige wurden sogar Mitglied der FDP. ‚Das Eintreten der FDP für Marktwirtschaft und Mittelstand ist für mich umso glaubwürdiger geworden, nachdem Ihre Partei dafür auch Schelte von alten Freunden in Kauf nimmt‘, schrieb ein Apotheker. Ich glaube das auch: Wer Interessengruppen nur jeden Wunsch von den Lippen abliest, erfährt vielleicht für den Moment Unterstützung, bekommt aber keinen Respekt. Am Ende degradiert man sich zum nützlichen Idioten.“




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Buch

von Frank ebert am 08.12.2017 um 14:55 Uhr

Ist auch ein Kapitel gewidmet wie er seine Firma an die Wand gefahren hat. Lindner ist ein arroganter überschätzer Mensch, der aber zugegeben sehr gut in Rhetorik ist.

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So jung und ....

von gabriela aures am 08.12.2017 um 13:47 Uhr

..schon so eine verklärte Sicht auf sein Leben.
Wird das eine mehrbändige Ausgabe ?
Demnächst „Kuppeljahre“ und sobald die FDP wieder aus dem Bundestag erscheint Band 3, „Trauerjahre“ bzw. bei Regierungsbeteiligung
„Nachtjahre“ ?

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