Ökotest

Außer Orlistat fallen alle Schlankheitsmittel durch

Stuttgart - 03.01.2018, 12:30 Uhr

Können Schlankheitsmittel helfen, langfristig abzunehmen? Ökotest hat sich die Sache angesehen. (Foto: Jürgen Fälchle / stock.adobe.com)                                      

Können Schlankheitsmittel helfen, langfristig abzunehmen? Ökotest hat sich die Sache angesehen. (Foto: Jürgen Fälchle / stock.adobe.com)                                      


Abnehmen gehört zu den Klassikern unter den guten Vorsätzen fürs neue Jahr. Ernährungsumstellung und Bewegung helfen erwiesenermaßen. Sind aber irgendwie anstrengend. Wie schön wäre es, wenn man einfach mit ein paar Tabletten oder Kapseln nachhelfen und die Sache erleichtern könnte. Die Hersteller der entsprechenden Mittel versprechen so einiges. Aber halten sie das auch?

Der Markt an Schlankheitsmitteln, die ohne Rezept in Apotheken, Drogeriemärkten und im Internet zu haben sind, ist riesig. Aber können die auch was? Ökotest hat sich die Sache einmal angesehen – zum einen die Datenlage, also inwiefern langfristig gewichtsreduzierende Effekt nachgewiesen sind. Zum anderen wurden Inhaltsstoffe und die Deklaration einer genauen Prüfung unterzogen. Beraten wurden die Verbraucherschützer dabei von Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, pharmazeutischer Chemiker aus Frankfurt. Dessen erster Rat lautet: Finger weg von Schlankheitsmittel aus dem Internet! Er warnt ausdrücklich davor: „Im Internet   Schlankheitsmittel zu kaufen, die es im stationären Handel nicht gibt, ist wie russisches Roulette zu spielen.“ Schubert-Zsilavecz hat als Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker etliche dieser Mittel untersucht.

Doch auch an den Mitteln aus Apotheke und Drogeriemarkt können die Tester wenig Gutes finden. Man könne keines der Schlankheitsmittel empfehlen, heißt es. Bis auf das Arzneimittel Orlistat – die anderen sind Lebensmittel oder Medizinprodukte – werden alle getesteten Produkte mit „ungenügend“ oder „mangelhaft“ bewertet.

Orlistat auch nicht uneingeschränkt empfehlenswert

Und Orlistat, das immerhin „befriedigend“ für sich beanspruchen kann, ist nach Ansicht der Tester auch nicht uneingeschränkt empfehlenswert. So sei die Wirksamkeit des einzig verbliebenen Wirkstoffs, der ausschließlich zur Behandlung von Übergewicht zugelassen ist, zwar ausreichend belegt, heißt es. Dennoch solle es nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden, findet Ökotest. Zudem wirke Orlistat, dass die Spaltung der Fette im Dünndarm und somit deren Aufnahme hemmt, nur dauerhaft, wenn es im Rahmen einer Diät, mit mehr Bewegung und einer Änderung des Lebensstils eingesetzt wird. Auch die Nebenwirkungen bleiben nicht unerwähnt. Blähungen, Durchfall oder öliger Stuhlgang treten vor allem bei zu fetthaltiger Ernährung auf, schreibt Ökotest.

Was können Fatburner und Fettbinder?

Die Medizinprodukte im Test, setzen darauf, Nahrunsgfette zu binden, damit sie nicht resorbiert, sondern ausgeschieden werden. Zum Teil enthalten sie Ballaststoffkonzentrate, zum Beispiel aus Feigenkaktus (z.B. in Lipogran® oder XLS-Medical® Fettbinder). Eine wissenschaftliche Grundlage dafür, dass das zu Gewichtsverlust führt, gibt es nach Ansicht des Gutachters nicht. Für Polyglucosamine aus Krebstierpanzern (Chitosan), wie sie etwa in Formoline L112®, enthalten sind, gibt es zwar mehr Daten, doch Belege für einen Langzeiteffekt auf das Gewicht sieht der Gutachter hier nicht. Die Wirksamkeitsstudien seien nicht ausreichend lang angelegt, so die Kritik. Gerade am Anfang purzelten die Pfunde oft, die echte Bewährungsprobe stelle dann aber die Langzeitwirkung dar. 

Ein weiteres Wirkprinzip, das neben der Fettbindung zum Einsatz kommt, ist die Verstärkung des Sättigungsgefühls. Präparate, die Ballaststoffe (Glucomannane) aus der asiatischen Konjakwurzel enthalten, basieren darauf. Dieses Prinzip zur Gewichtsreduzeirung hat sogar den Segen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Deswegen darf der Hersteller mit folgendem Health Claim werben: „Glucomannan trägt im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung zu  Gewichtsverlust bei.“ Ökotest-Experte Schubert-Zsilavecz ist nicht überzeugt und kritisiert die EFSA. „Dass dieser Health Claim zulässig ist, hilft nur den Herstellern, ihre Produkte zu verkaufen. Die Verbraucher haben nichts davon.“ Man könne damit zwar tatsächlich unetr Umständen etwas Gewicht verlieren, der Lerneffekt sei aber gleich null und die Kilos sofort wieder drauf.

Die Fettverbrennung ankurbeln – das versprechen die sogenannten Fatburner. Sie enthalten Zitrusfrucht- und  Guaranaextrakte, zum Beispiel Alsiroyal Figura® Fatburner Kapseln oder Reducelle®. Wissenschaftliche Belege für dieses Prinzip? Fehlanzeige. Die Fatburner werden durch die Bank mit mangelhaft bewertet. 

Was sind „Omtec 19“ und „OmtecX“ und der „Kioslim-Komplex“?

Ein weiterer Punkt, den Ökotest kritisiert, ist der fehlende Hinweis, dass nur mit einer deutlichen Änderung des Lebensstils eine langfristige Gewichtsabnahme erreicht werden kann. Daher sollte erwähnt sein, dass die Schlankheitsmittel nur in Kombination mit kalorienarmen Ernährung funktionieren könne, findet die Tester. Diesen Hinweis vermissen sie aber bei allen Fatburnern sowie bei Refigura® Sticks, das auf Sättigung und Fettbindung setzt. Abzüge gab es auch bei Mitteln, bei denen nicht wirklich klar ist, was der Verbraucher überhaupt zu sich nimmt. So geschehen bei Lucovital Obesimed® Forte, das „Omtec 19“ und „OmtecX“ enthält, und sich nur im Beipackzettel irgendwo die Information findet, dass es sich um die Kombination aus reinen, natürlichen viskosen Polysacchariden handeln soll. Bei Refigura® bleibt völlig im Dunkeln, was der der ominöse „Kioslim-Komplex“  sein soll. Bedenkliche Inhaltsstoffe wurden immerhin nirgendwo gefunden. 

„Sparen Sie sich das Geld“

Das Fazit von Ökotest lautet daher, ernste Nebenwirkungen seien bei den Schlankheitsmitteln im Test nicht zu erwarten, aber eine Wirkung eben leider auch nicht. Die Verbraucherschützer raten daher dazu, sich das Geld zu sparen. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Schlankheitsmittel

von Gregor Huesmann am 04.01.2018 um 9:12 Uhr

Testergebnis überrascht mich nicht. Haben wir alle doch schon lange gewusst. Und Orlistat macht „volle Hose“. Keines der sogenannten Fettbinder gibt an, wieviel Fett unresorbiert mit dem Kot ausgeschieden wird. Der Nachweis dürfte doch wohl kein Problem sein, bei dem Geld, das die Firmen mit Abfallprodukten der Schalentierindustrie verdienen.

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