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Arzneimittel-Lieferengpässe
DPhG plant Runden Tisch zu Lieferengpässen
Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind und bleiben ein großes Problem für alle an der Versorgung Beteiligten – vor allem für die Patienten. Die bisherigen Bemühungen, Engpässen entgegenzuwirken, reichen der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft offensichtlich nicht aus. Sie will deshalb Politiker, Kassen, Behörden und weitere beteiligte Gruppen zu einem Runden Tisch nach Frankfurt laden.
Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) hat zu Jahresbeginn ein Statement zum weiterhin aktuellen Thema Lieferengpässe verfasst. Darin mahnt sie: „Die Gesundheit unserer Bevölkerung ist gefährdet, wenn wichtige Arzneimittel nicht lieferbar sind“. Dazu bringt die DPhG ein Beispiel: Anfang letzten Jahres waren infolge einer Explosion in einem großen Herstellungsbetrieb in China piperacillinhaltige Kombinationsantibiotika, mit denen lebensbedrohliche Erkrankungen behandelt werden, nicht lieferbar. Das Bundesgesundheitsministerium hatte schon Ende Dezember 2016 den Versorgungsmangel festgestellt und bekanntgemacht, dass die zuständigen Landesbehörden im Bedarfsfall ein befristetes Abweichen von den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes gestatten können. Erforderlichenfalls sollte also auch eine Behandlung mit Arzneimitteln möglich sein, die nicht im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes zugelassen sind. „Das erforderliche Ausweichen auf andere Wirkstoffe kann jedoch Probleme mit sich bringen“, so die DPhG.
Runder Tisch für alle Beteiligten
Um die Probleme infolge von Engpässen anzugehen, will die Fachgesellschaft Politiker, die zuständigen Behörden, die Krankenkassen und alle an der Arzneimittelversorgung beteiligten Gruppen zu einem Runden Tisch nach Frankfurt einladen. Einen Termin gibt es noch nicht – laut DPhG steht aber schon das gemeinsame Ziel: Es sollen effiziente Strukturen geschaffen werden, um Liefer- und Versorgungsengpässe wichtiger Arzneimittel wirksam zu verhindern. Es müsse eine verbindliche Liste essentieller Produkte festgelegt werden, deren kurzfristige Verfügbarkeit jederzeit zu gewährleisten ist. Zudem seien die vielschichtigen Ursachen für die Lieferausfälle kritischer Arzneimittel zu analysieren, damit gezielte Maßnahmen für eine nachhaltige Verbesserung der Versorgungslage lebenswichtiger Arzneimittel etabliert werden können.
Lösung im Europäischen Rahmen
Da das Thema im nationalen Rahmen allein nicht zu lösen sein werde, sei nachgeschaltet ein Zusammenwirken der verschiedenen Ressorts im europäischen Rahmen erforderlich. „Arzneimittel sind ein essentieller Bestandteil der Gesundheitsversorgung“, unterstreicht die DPhG in ihrem Statement. „Wir brauchen spezielle Rahmenbedingungen, wenn auch in Zukunft die lückenlose Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln jederzeit gewährleistet sein soll“.
Lieferengpässe gehen über Listen-Meldungen hinaus
Es gibt zwar schon Instrumente, die den Umgang mit Engpässen erleichtern sollen – doch die reichen der DPhG offenbar nicht. So existiert eine Liste mit versorgungsrelevanten Wirkstoffen (ohne Impfstoffe) sowie eine Liste der Arzneimittel/Wirkstoffe, die aufgrund eines erhöhten Versorgungsrisikos unter besonderer behördlicher Überwachung stehen. Zudem gibt es seit 2013 eine Liste von gemeldeten Arzneimittel-Lieferengpässen auf der Webseite des BfArM. Das Paul-Ehrlich-Institut bietet auf seiner Homepage überdies eine Übersicht zu Lieferengpässen von Human-Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten an. Die DPhG verweist allerdings darauf, dass Offizin-Apotheker über eine noch deutlich höhere Anzahl nicht lieferbarer Arzneimittel klagen, als in der BfArM-Liste veröffentlicht sind.
Weiterhin gibt es einen Jour Fixe am BfArM, zu dem sich die beteiligten Akteure seit Herbst 2016 regelmäßig treffen, um die Versorgungslage zu beobachten und zu bewerten. Dabei sind insbesondere Vertreter des Ministeriums, der Behörden und der Hersteller- und Apothekerverbände. Die DPhG ist dagegen außen vor, ebenso die Krankenkassen.
Probleme: die lange Lieferkette...
Die DPhG betont in ihrem Statement, dass die Gründe für Lieferengpässe von Arzneimitteln vielfältig sind: Neben Fehlern in der pharmazeutischen Herstellung sei die „lange und komplexe Lieferkette häufige Ursache für Lieferengpässe“. Die Zeit von den chemischen Vorstufen eines Wirkstoffs bis zum verpackten Arzneimittel erstrecke sich vielfach über zwölf bis 24 Monate – je nach Komplexität des Produktes. An dieser Lieferkette seien 50 und mehr Firmen beteiligt. Gibt es an einem Kettenglied Lieferschwierigkeiten, wirkt sich das auf die Lieferfähigkeit der Arzneimittel aus. Dazu komme, dass enge Grenzen in der Zulassung der Arzneimittel das Ausweichen auf Alternativen weitgehend einschränken. Insbesondere bei Arzneimitteln, deren Bedarf stark saisonalen Schwankungen unterworfen ist (z.B. Antibiotika, Impfstoffe), sei die Planungsqualität ein entscheidender Faktor, um Engpässe zu vermeiden. Eine kurzfristige Anpassung an einen deutlich erhöhten Bedarf ist in der Regel nicht möglich.
...und Konzentration der Wirkstoffhersteller
Die DPhG verweist zudem auf ein besonderes Problem bei generischen Arzneimitteln: Viele Generikahersteller bezögen den Wirkstoff für ein bestimmtes Präparat von wenigen, sehr großen, global agierenden Herstellern. Gebe es bei diesen Wirkstoffproduzenten Probleme, so sei die Lieferkette für eine Vielzahl von wirkstoffgleichen Präparaten gleichermaßen betroffen. „Der zunehmende Kostendruck im Gesundheitssystem führt spätestens mit der Generisierung des Wirkstoffs zu einer Verlagerung der Wirkstoffherstellung in Niedriglohnländer und zu einer kritischen Konzentration auf wenige sehr große Hersteller für einzelne Wirkstoffe“.
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