Schiedsspruch

Das sind die Änderungen in der Hilfstaxe

Berlin - 25.01.2018, 16:30 Uhr

Die jüngst beschlossenen Änderungen an der Hilfstaxe gelten rückwirkend. Stichtag ist der 1. November 2017. (Foto: Hermsdorff / stock.adobe.com)

Die jüngst beschlossenen Änderungen an der Hilfstaxe gelten rückwirkend. Stichtag ist der 1. November 2017. (Foto: Hermsdorff / stock.adobe.com)


Wirkstoffbezogenes Kündigungsrecht

Zudem gibt es nun neben dem bereits zuvor bestehenden Kündigungsrecht ein neues außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund für einen einzelnen Wirkstoff oder eine einzelne Wirkstoffgruppe. Ein wichtiger Grund liegt dem Beschluss nach vor, wenn durch Belege der pharmazeutischen Unternehmen glaubhaft gemacht werden kann, dass sich für den betreffenden Wirkstoff oder die betreffende Wirkstoffgruppe die Einnahmemöglichkeit für die Apotheken bei wirtschaftlicher Bezugsmenge gegenüber dem in der Hilfstaxe ausgewiesenen Durchschnittspreis um mehr als 10 Prozent verändert hat.

Auch dem GKV-Spitzenverband steht ein Kündigungsrecht zu, wenn er glaubhaft machen kann, dass sich durch Preisveränderungen oder neue Preiserhebungen gegenüber diesem Durchschnittspreis Veränderungen um mehr als 10 Prozent ergeben oder wenn patentgeschützte Arzneimittel gegnerikafähig werden. Im Falle der Kündigung haben die Vertragspartner innerhalb von zwei Monaten eine neue Vereinbarung zu treffen. Anderenfalls entscheidet die Schiedsstelle binnen eines Monats ab Antragstellung. Die neue Vereinbarung gilt sodann einen Monat über den Zugang der außerordentlichen Kündigung hinaus zurück.

Sonderregelungen bei bestehenden Rabattverträgen

In einer neu in die Anlage 3 Teil 2 der Hilfstaxe eingefügten Ziffer 3b finden sich überdies Sonderreglungen zu Wirkstoffen, für die Rabattverträge nach § 130a Abs. 9a SGB V bestehen. Danach gelten die festgesetzten Abschläge zwar grundsätzlich auch für Wirkstoffe unter Rabattvertrag – jedoch nur, soweit ein Rabattvertragspartner den Wirkstoff zum festgesetzten Abrechnungspreis nach der Hilfstaxe an die Apotheke abgibt. Gibt keiner der Rabattvertragspartner den Wirkstoff zum Abrechnungspreis nach der Hilfstaxe an die Apotheke ab, gilt als Abrechnungspreis der günstigste Apothekeneinkaufspreis ohne Berücksichtigung eines Abschlags.

Für den Fall der Nichtlieferbarkeit des rabattbegünstigten Arzneimittels zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung gelten die Vorgaben des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorung entsprechend (§ 4 Abs. 2 Sätze 2, 3 und 5). Die Vertragspartner werden dazu ein neues Sonderkennzeichen vereinbaren.

Laut DAV bedarf der derzeit vorliegende Beschlusstext allerdings noch einiger redaktioneller Korrekturen. Der DAV habe eine Berichtigung beantragt.

Schwierige Verhandlungen

Aus der Beschlussbegründung geht hervor, dass die Verhandlungen offensichtlich nicht einfach waren. Gerade in der letzten Sitzung am 19. Januar gab es noch viel zu diskutieren, zumal der DAV kurzfristig am Tag zuvor noch weitere Änderungen zur Beschlussvorlage der Unparteischen eingebracht hatte – wobei er die Beschlussvorlage zugleich insgesamt ablehnte. Zudem legte er zu diesem Zeitpunkt noch ein Gutachten vor, von dem es zuvor nur eine Entwurfsfassung gegeben hatte. Doch das war für die Schiedsstelle zu spät. Letztlich war die Schiedsstelle „mangels einer alternativen Datengrundlage“ auf die vom GKV-Spitzenverband eingebrachten Erhebungen und Berechnungen angewiesen. Der DAV habe zwar einige diese Berechnungen bezweifelt, der GKV-Spitzenverband habe hierauf aber jeweils schlüssig erwidern können, heißt es im Beschluss.   



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Verhandlungstaktik

von Holger am 26.01.2018 um 9:33 Uhr

Das ist doof, da gebe ich Ihnen recht. Aber einerseits gibt es in Deutschland zwei Rechtsgebiete, in denen solch rückwirkende Festlegungen nicht nur zulässig, sondern üblich sind - das Steuerrecht und das Sozialrecht. Und hier sind wir halt im Bereich des Sozialrechts.
Andererseits empfinde ich eine solch deutlich einseitige Entscheidung einer zur Neutralität verpflichteten Schiedsstelle als eindeutiges Signal für eine insuffiziente Verhandlungsführung seitens des DAV. Verbindlich beurteilen kann ich das natürlich nicht, weil ich nicht mit am Tisch saß. Aber schon die vor Beginn der Schlichtung getätigten Einlassungen, man werde gegen den Schlichterspruch sowieso klagen, lassen mich vermuten, dass der DAV während der gesamten Schlichtung Andrej Gromyko gespielt und nichts anderes als "njet" gesagt hat. Und dann darf man sich halt nicht wundern, wenn der Schlichter ein Zeichen setzt ...

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rückwirkend = Abzocke !

von Alfons Neumann am 26.01.2018 um 3:28 Uhr

In Deutschland gibt es lt. GG eigentlich den Grundsatz von Treu und Glauben - was seinerzeit mal Gesetz war, besteht auch als Gesetz fort. Nun, das ist ja nicht erst seit AMNOG abgeschafft ... Aber hier werden Apotheken eindeutig im Nachhinein abgezogen !!
Der Patient/Verbraucher/Konsument jammert ja sowieso heutzutage wegen jedem Kleinkrams von wegen Abzocke, doch er sollte sich mal ernsthaft die Frage stellen, ob DIE Krankenkassen nicht noch mehr einsacken/betuppen - DIE machen nun mal die Rabattverträge !!
Letztendlich muß er in Konsequenz eine entsprechend notwendige Rückführung der Lieferfähigkeit erdulden oder eben die Mehrkosten selbst berappen - und zwar zu Marktpreisen !

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