Gepanschte Krebsmittel?

Verteidigung will Zyto-Prozess neu aufrollen

Essen - 06.02.2018, 07:00 Uhr

Die Verteidigung will den Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker komplett neu aufrollen, weil Journalisten Teile der Ermittlungsakte im Internet veröfentlicht hatten. (Foto: hfd)

Die Verteidigung will den Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker komplett neu aufrollen, weil Journalisten Teile der Ermittlungsakte im Internet veröfentlicht hatten. (Foto: hfd)


Krebsmittel für Angehörige sollte S. nicht herstellen

An viele der Begebenheiten aus dem Jahr 2012 erinnerte sich M. nicht mehr, „weil das sehr lange zurückliegt“. In einigen Punkten entlasteten die Aussagen den Apotheker: So sei das Arbeitsklima „durchaus gut“ gewesen, erklärte der Zeugen. Auch seien anders als teils von einer Zyto-PTA berichtet Rückläufer, „soweit ich mich an die Situation erinnern kann“, entsorgt und nicht umetikettiert worden, erklärte M. Doch eine Ausnahme habe es gegeben: Wenn eine Therapie abgesagt wurde und ein anderer Patient dasselbe Arzneimittel in leicht höherer oder niedrigerer Dosis erhalten sollte, sei auch umetikettiert worden.

Der Zeuge bestätigte frühere Aussagen, dass Mitarbeiter erzählt hätten, dass Krebsmittel für eine Angehörige „tunlichst“ nicht vom Apotheker Peter S. hergestellt worden seien. Auch habe er gehört, dass ein Arzneimittel von einer Praxis reklamiert worden sei, da es „augenscheinlich falsch hergestellt worden war – oder unterdosiert“, erklärte M., der hierzu jedoch nichts weiteres berichten konnte. Er selber habe „natürlich“ die Dosis von hergestellten Krebsmittel immer genau eingehalten, erklärte der Apotheker. „Die Dosis ist für den Therapieerfolg entscheidend – das ist das wichtigste dabei“, sagte er.

Die Frage eines Verteidigers, ob S. ihm mal eine Unterdosierung angewiesen habe, verneinte der Zeuge. Soweit er es gesehen habe, hätten auch die Kollegen „ordnungsgemäß“ hergestellt – auch habe es immer genug Wirkstoff-Bestände gegeben.

Im Gerichtssaal kam es kurz danach zu einem Arzneimittel-Bedarf: Dem Angeklagten ging es nicht gut, so dass seine Verteidiger nach einem Schmerzmittel fragten. Der Zeuge hatte zwar keine Hausapotheke dabei – doch gab ihm die Nebenklägerin Heike Benedetti eine Tablette, so dass das Verfahren kurz danach fortgeführt werden konnte.

Hidding wies einen Antrag auf Beschlagnahme des Handys eines Fahrers der Apotheke zurück, der sich am Tag der Razzia im November 2016 womöglich mit Kollegen ausgetauscht hatte: Es gebe keine Anhaltspunkte, dass dies zur Aufklärung der vorgeworfenen Taten hilfreich sei, erklärte Hidding. Der Richter bat die Prozessbeteiligten außerdem, mitzuteilen, an welchen Tagen bis Ende Mai sie verhindert sind. Bislang waren bis Mitte März Verhandlungstermine angesetzt. Eigentlich wollte Hidding demnächst die Zeugenbefragungen abschließen und ab Mitte Februar mit der Verlesung der Plädoyers beginnen. Für kommenden Donnerstag ist ein weiterer früherer Mitarbeiter von S. geladen – sowie ein Mitarbeiter der Firma Hexal.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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