Korruptionsprozess in Berlin

Kritische Apotheken-Geschenke an die Charité

Berlin - 16.02.2018, 09:00 Uhr

Geschenke einer Apothekerin an eine Fachambulanz – hat sie dafür etwas im Gegenzug erwartet? (Foto:                             
                                    


                                    Jovica Varga 

                                    
                            / stock.adobe.com)

Geschenke einer Apothekerin an eine Fachambulanz – hat sie dafür etwas im Gegenzug erwartet? (Foto: Jovica Varga  / stock.adobe.com)


Zeugen stützen Aussagen der Angeklagten

Die ersten Zeugenvernehmungen stützen die Einlassungen der Angeklagten. Ausführlich berichtete etwa der frühere Stellvertreter der angeklagten Apothekerin. Er beschrieb seine damalige Chefin – er war bei ihr beschäftigt, bis sie 2016 ihre Apotheke aufgab – als engagierte Pharmazeutin, die vor ihrer Zeit in der Offizin auch klinisch tätig war und damit Ärzte ebenso wie Patienten beriet. Der Einstieg in die Zyto-Herstellung im Jahr 1996 sei damals lukrativ gewesen – nicht jedoch die Vorhaltung des Notfalldepots in der Charité-Ambulanz. Schließlich war 2004 die Arzneimittelpreisverordnung umgestellt worden – und Hochpreiser waren damit für Apotheken zum Risiko geworden. Es seien „humanistische Gründe“ gewesen, die seine Chefin das Notfalldepot unterhalten ließen, erklärte der Zeuge. 2006 sei sie selbst erkrankt und er habe sie vertreten. Vielleicht auch wegen ihrer eigenen Erkrankung habe sie am Notfalldepot festgehalten. Etwa 2014 lief es dann jedoch aus, warum genau, sei ihm jedoch nicht bekannt. Was die Schenkungen betrifft, so erinnert sich der Apotheker lediglich an einen PC und einen Rezeptdrucker, den seine Chefin der Ambulanz zukommen ließ. „Das schien mir auch logisch“ – die Rezepte mussten gerade bei den Hochpreisern stimmen und möglichst ohne Verzögerung in der Apotheke ankommen. Die Patientenzuzahlungen habe die Apotheke auch oft nicht beitreiben können. Die Patienten aus der Ambulanz kamen ohnehin nicht in die Apotheke. Dafür haben nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe die Krankenkassen zu retaxieren begonnen. Mehrere 100.000 Euro hätten sie zurückgefordert – und seine Chefin habe einiges zurückgezahlt, so der Zeuge.

Compliance-Struktur erst später entwickelt

Als weitere Zeuginnen sagten die Abteilungsleiterin Finanzen und Rechnungswesen der Charité sowie eine Angestellte der für die Inventarisierung zuständigen Tochterfirma der Charité aus. Sie schilderten, wie Gegenstände zum „Inventar“, mithin zum Eigentum der Klinik werden – und auf welche Weise private Geräte von Mitarbeitern inventarisiert werden, damit sie ans Netz der Charité angeschlossen werden können. Grob lassen sich ihre Aussagen so zusammenfassen: Wenn früher ein Mitarbeiter eine Schenkung inventarisieren wollte, geschah dies ohne weitere Nachfrage, woher das Gerät stammt. Heute hingegen gibt es eine detaillierte Verfahrensanweisung – 2012 die erste, 2016 wurde sie konkretisiert. Erst zu dieser Zeit habe sich eine Compliance-Struktur entwickelt, schilderte die Charité-Abtteilungsleiterin. Heute wäre ein Fall wie der der Apotheken-Geschenke nicht mehr möglich, ist sie überzeugt. Sie schilderte zudem den Unterschied zu Drittmitteln und Spenden. Während erste für bestimmte Projekte seien, seien Spenden nicht zweckbezogen. Und die von der Staatsanwaltschaft ins Spiel gebrachte Drittmittelsatzung der Klinik regle Schenkungen, die mit Sachspenden gleichzusetzen seien, gar nicht.

Nächste Woche wird der Prozess mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Derzeit sind fünf weitere Termine bis Mitte März anberaumt. Man darf gespannt sein, wie das Gericht die Einlassungen wertet. Hatten all die Geschenke wirklich keinen Hintergedanken? Für den besonders schweren Fall, der hier angeklagt ist, droht übrigens eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren. In einem minderschweren Fall wäre auch eine Geldstrafe möglich.   



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Compliance strukturen etc.

von Dr. Matthias David Vogelsgesang am 19.02.2018 um 14:54 Uhr

Viel Lärm um nichts. Finanzbeamte und Journalisten finden sicher auch andere Themen, die bewegen.

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