Österreich

Cannabis sativa ist Arzneipflanze des Jahres 2018

Berlin - 20.02.2018, 13:00 Uhr

In Österreich hat das Wissenschaftsnetzwerk HMPPA Cannabis sativa zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. (Bild: HMPPA)

In Österreich hat das Wissenschaftsnetzwerk HMPPA Cannabis sativa zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. (Bild: HMPPA)


Das österreichische Wissenschaftsnetzwerk Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) hat laut einer Pressemeldung vergangene Woche Cannabis sativa zur Arzneipflanze des Jahres 2018 gewählt. Die Wahl fiel auf die Hanfpflanze aufgrund ihrer aktuellen Bedeutung und ihrem vielfältigen Wirkstoffspektrum. In Österreich kommt Medizinalhanf ausschließlich in Form von Reinsubstanzen oder synthetischen Derivaten zum Einsatz.

Das österreichische Wissenschafts-Netzwerk Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) meldete in einer Pressemeldung die Wahl von Cannabis sativa zur Arzneipflanze des Jahres 2018. Einer der Gründe für die Auszeichnung der Hanfpflanze seitens der HMPPA lag zum einen in seiner aktuellen politischen und wirtschaftlichen Bedeutung.  Für das Wissenschaftsnetzwerk, das sich auf Phytopharmaka spezialisiert hat, ist bei der regelmäßigen Wahl der Arzneipflanze des Jahres jedoch auch die Vielfalt und pharmazeutische Relevanz der enthaltenen Wirkstoffe entscheidend.

Reinsubstanzen als Arzneimittel

Cannabis sativa enthält rund 400 verschiedene Inhaltsstoffe, davon etwa hundert verschiedene  Cannabinoide sowie diverse Terpene und Flavonoide. Die Hauptwirkstoffe von Cannabis sativa sind die Cannabinoide, von denen das Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD) am besten untersucht sind. „THC und CBD besitzen ein unterschiedliches Wirkspektrum und können bei bestimmten Beschwerdebildern positive medizinische Wirkungen erzielen", erklärt Univ.-Prof. Dr. Rudolf Bauer, Vizepräsident der HMPPA, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz.  

In Österreich sind Cannabisblüten nicht rezeptierbar. Medizinisch genutzt werden dort überwiegend aus dem Extrakt gewonnene Reinsubstanzen. Die rechtliche Situation von Cannabis beziehungsweise ihrer Pflanzenteile und -zubereitungen sowie der Reinsubstanzen ist in der österreichischen Suchtmittelgesetzgebung detailliert geregelt. Nach Auffassung der HMPP sind Reinsubstanzen für medizinische Zwecke besser geeignet als die getrockneten weiblichen Cannabisblüten, weil das Wirkstoffspektrum der natürlichen Drogen quantitativen Schwankungen unterliegt.   

Cannabisbasierte Therapie in Österreich

Ein bekanntes Beispiel für cannabisbasierte Arzneimittel ist partialsysnthetisches THC, das unter der Bezeichnung Dronabinol in Deutschland seit 1998 und in Österreich seit 2004 verschreibungsfähig ist.  „Durch klinische Studien mit hoher Evidenz belegte Einsatzgebiete sind vor allem Tumorschmerzbehandlung und Symptomkontrolle in der Palliativmedizin, Chemotherapie-assoziierte Übelkeit sowie Magersucht bei Tumor- und AIDS-Patienten, schmerzhafte Spastik bei Multipler Sklerose sowie neuropathische chronische Schmerzen", erläutert Prof. Dr. Hans Georg Kress, Abt. für Spezielle Anästhesie und Schmerzmedizin, Medizinische Universität Wien.

Neben den Dronabinol-Zubereitungen als Rezepturarzneimittel in Form von Kapseln oder Tropfen ist auch ein Sublingual-Spray mit einer Dronabinol-CBD-Mischung im Handel. Daneben sind synthetisches Dronabinol sowie das synthetische THC-Analogon Nabilon auf dem österreichischen  Arzneimittel-Markt. Seit kurzem kultiviert die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) Drogenhanf zur Dronabinol-Gewinnung unter kontrollierten Bedingungen in Gewächshäusern.

Cannabidiol ist in Österreich derzeit eine Rezeptursubstanz, Zubereitungen sind über Apotheken erhältlich. Die am besten untersuchten Indikationen für CBD sind frühkindliche refraktäre Epilepsien, kindliche Schizophrenie sowie die Vorbeugung von Graft-versus-Host-Reaktionen nach Knochenmarkstransplantationen. Auch die Schizophrenie bei Erwachsenen könnte eine sinnvolle Indikation darstellen. Eine eventuelle Anti-Tumorwirkung bei Glioblastomen wird erforscht und ist noch nicht gesichert.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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