Baloxavir marboxil nutzt als Virustatikum einen bei Influenzaviren bislang nicht therapeutisch verwendeten Angriffspunkt: Baloxavir hemmt die CAP-abhängige Endonuklease und somit einen der ersten Schritte im Replikationszykus des Influenzavirus. Influenzaviren werden mittels Endozytose in die Wirtszelle aufgenommen. Anschließend erfolgt die Freisetzung des viralen Ribonukleoproteins ins Zytosol und in der Folge dessen der Import in den Nucleus. Dort findet – neben der Replikation viraler RNA – die Transkription des Influenzagenoms in virale mRNA statt.
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Baloxavir marboxil: Eine Tablette bei saisonaler Influenza
Xofluza – ein neues Arzneimittel gegen Grippe
Japan verfügt über ein neues Arzneimittel gegen saisonale Influenza: Xofluza™ . Die Zulassung von Baloxavir marboxil erfolgte im Februar 2018. Bei Xofluza™ handelt es sich nicht um einen weiteren Neuraminidasehemmer wie Oseltamivir oder Zanamivir – der Wirkmechanismus ist völlig neuartig. Wo greift Baloxavir marboxetil an, wirkt es sowohl gegen Influenza A- als auch B-Viren? Warum wird die Adhärenz wohl extrem gut sein? Und: Wann gibt es Xofluza™ in Deutschland?
In den
Hochzeiten der Grippesaison klingen solche Nachrichten wahrlich segensreich und man möchte ob dieser nahezu frohlocken: Ein neues Arzneimittel gegen saisonale Influenza. Und dann noch
eines mit einem völlig neuartigen Wirkmechanismus. Baloxavir marboxetil nennt
sich die Innovation. Wer dahintersteckt? Shionogi, ein japanisches
Pharmaunternehmen, und – der zweite forschende Player wird hierzulande
bekannter sein – Roche.
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Japan ist bei der Zulassung von Baloxavir marboxetil nun vorgeprescht: Nach einem beschleunigten Zulassungsverfahren hat der Inselstaat am vergangenen Freitag für Xofluza™ die Erlaubnis für den Marktzugang erhalten.
Wie wirkt Baloxavir marboxil?
Ohne CAP, keine mRNA der Influenzaviren
Diese Transkription kann jedoch nicht ohne „Kappen“ beginnen, diese sogenannte CAP-Struktur dient als Primer, als Erkennungssequenz, für die virale RNA-Polymerase. Woher stammt diese CAP-Sequenz? Da Viren bekanntermaßen eine recht reduzierte Ausstattung besitzen, „stiehlt“ die virale Endonuclease diese CAP-Strukturen von der Wirtszelle, sprich der zellulären mRNA.
Zur Erinnerung: Eine Endonuklease schneidet DNA oder – wie im Falle von Influenzaviren – RNA in der Mitte ihres Nukleotidstranges und schafft somit Mehrfachnukleotide als Spaltprodukt.
Baloxavir verhindert virale Proteinbiosynthese
Hier greift Baloxavir marboxil ein: Es hemmt diese CAP-abhängige Endonuklease. Diese 5’-Kappen sind jedoch für mehrere Prozesse bedeutend: Sie schützen zum einen die mRNA vor dem Abbau. Zum anderen sind sie wichtig für den Transport der mRNA aus dem Zellkern hin zum Ribosom, wo die Proteinbiosynthese stattfindet. Somit resultiert als Effekt einer CAP-abhängigen Endonuklease-Hemmung: Eine Proteinbiosysnthese aus der viralen mRNA ist nicht möglich.
Einmalige Gabe von Xofluza™ vermeidet Resistenzen
Dieser Effekt der Endonuklease-Hemmung scheint nachhaltig zu funktionieren. Laut Aussage von Shionogi genügt eine einzige Dosis von Baloxavir marboxil zur Therapie der Influenza. Für Patienten ist eine einmalige Tabletten-Einnahme fraglos wünschenswert und vor allem hinsichtlich der Adhärenz vorteilhaft. Roche betont allerdings einen weiteren Vorteil des Single-shot-Virostatikums: Resistenzen ließen sich so eher vermeiden.
Xofluza™ wirkt sowohl gegen Influenzaviren des Subtyps A als auch gegen B-Stämme. Das ist jedoch kein absolutes Novum und Alleinstellungsmerkmal des neuen Influenza-Antiviraliums: Auch die beiden Neuraminidase-Inhibitoren Oeltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®) treffen beide Subtypen. Allein der Uncoating-Hemmstoff Amantadin zeigt nur eine Wirksamkeit gegen Influenza A-Viren. Jedoch ist der therapeutische Stellenwert von Amantadin bei Grippeerkrankungen ohnehin heutzutage kaum noch gegeben.
Roche sichert sich Vermarktungsrechte bei Xofluza
Ursprünglich stammt Baloxavir marboxil aus der Pipeline des japanischen Pharmaunternehmens Shionogi. Bereits im Oktober 2015 hatte das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales Xofluza™ ein beschleunigtes Zulassungsverfahren eingeräumt. 2016 holte sich Shionogi einen in der Arzneimittelforschung und bei Arzneimittelzulassungen erfahrenen Partner mit ins Boot und ging eine Kooperation mit Roche ein. Der Deal: Shionogi treibt gemeinsam mit Roche die Entwicklung von voran. Dafür, dass Roche dieses Unterfangen finanziell unterstützt, erhält der Pharmakonzern im Gegenzug die weltweiten Vermarktungsrechte von Baloxavir marboxil. Ausnahmen bilden hier der US-amerikanische Markt. In den USA teilen sich Shionogi und Roche den Xofluza™-Kuchen. In Japan und Taiwan bleibt Shionogi völlig exklusiv.
Wann gibt es Baloxavir marboxil?
Mit der Zulassung von Baloxavir marboxil hat Shionogi in Japan die höchste Hürde seines neuen Grippemittels nun genommen. Allerdings – verfügbar ist Baloxavir auch im ostasiatischen Inselstaat noch nicht. Und wie es aussieht, wird auch Xofluza™ die Japaner in der hiesigen Grippesaison nicht schützen. Laut Shianogi möchte das Pharmaunternehmen auf den Markt bringen, nach Preislistung durch die National Health Insurance (INH).
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Zulassungsempfehlung
Neuer Wirkstoff gegen Grippe kurz vor der Zulassung
In den USA und Europa ist Roche an den Zulassungen ebenfalls dran – Medienberichten zufolge plant Roche noch in diesem Jahr erste Zulassungsschritte bei FDA und EMA zu initiieren. Wenn alles gut läuft, könnte Xofluza™ bereits 2019 auch in den Vereinigten Staaten und der EU als neues Grippearzneimittel zur Verfügung stehen.
Bald neuer Neuraminidasehemmer in der EU?
Noch vor Baloxavir marboxil könnte in der EU allerdings demnächst ein weiterer Neuramidase-Hemmer auf den Markt kommen. Der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) hat in seiner letzten Sitzung im Februar 2018 empfohlen, Peramivir (Alpivab®) zuzulassen. Im Gegensatz zu den bereits verfügbaren Wirkstoffen dieser Klasse wird Peramivir intravenös verabreicht. In den USA war der Wirkstoff bereits temporär im Rahmen einer Notfallverordnung als experimenteller Wirkstoff zur Behandlung der Schweinegrippe zugelassen, seit 2014 setzen Ärzte ihn auch regulär ein.
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