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Cannabis-Versorgung
Linke: Bundesregierung hat sich beim Medizinalhanf verkalkuliert
Die Liefersituation zu medizinischem Cannabis ist angespannt. Die Bundestagsfraktion der Linken fordert in einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung nun einen Überblick über die aktuelle Versorgungslage. Zudem interessiert sich die Linksfraktion dafür, ob der Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland wie geplant 2019 beginnen könne. Zwischen der medizinischen Anwendung und dem Freizeitkonsum unterscheiden die Linken deutlich – so soll Letzterer im Falle einer möglichen Legalisierung in Cannabis Clubs stattfinden.
Seit einem Jahr ist Cannabis als Medizin in Ausnahmefällen verschreibungs- und erstattungsfähig. Da die Menge an Cannabis-Rezepten die ursprünglichen Erwartungen der Gesetzgeber übertrifft, leiden Apotheken und Patienten immer wieder unter Lieferengpässen. Bisher wird der Bedarf, wenn auch unzureichend, durch Importe aus den Niederlanden und Kanada gedeckt. Für die Erteilung von Importgenehmigungen ist in Deutschland die Cannabisagentur des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuständig.
Nadelöhr Cannabisagentur
Die Bundestagsfraktion der Linken nimmt in ihrer aktuellen Kleinen Anfrage in sieben Teilfragen Bezug zu der angespannten Liefersituation. „Die Versorgungssituation ist extrem schlecht. Schon vor der gesetzlichen Neuerung des Cannabismedizingesetzes war sie das und mit dem Anstieg der Nachfrage durch die neue Gesetzeslage hat sie sich noch weiter angespannt. Die Bundesregierung bestreitet auch gar nicht, dass es Lieferengpässe gibt, “ schildert Niema Movassat, der drogenpolitische Sprecher der Linksfraktion, gegenüber DAZ.online.
In ihrer Anfrage möchten die Linken wissen, wie viele Anträge auf Erteilung von Importerlaubnissen, bei der Cannabisagentur des BfArMs eingegangen sind. Zudem fragen die Linken, wie viele Inhaber einer Cannabis-Importerlaubnis als Reaktion auf den steigenden Bedarf beantragt haben, ihre Einfuhrmengen zu erhöhen. „Das Gesetz ist gerade mal ein Jahr in Kraft und die Patientenzahl steigt und steigt weit über die früheren Erwartungen hinaus. Die Bundesregierung hat sich massiv verkalkuliert. Sie muss einen erheblich höheren Produktionsumfang anvisieren. Nichts ist für Patienten dramatischer, als dass sie nicht an ihr verschriebenes Medikament kommen“, erklärt Movassat.
Zudem fragt die Linksfraktion, ob der Bundesregierung bekannt ist, ob inzwischen auch Israel als Importland in Frage kommen könnte. Zur Erklärung: Nach Informationen der Antwort vom 22. September 2017 der Bundesregierung auf eine vorangegangene Anfrage der Linken, hatte im vergangenen Jahr eine interministerielle Kommission in Israel eine Empfehlung für den Export von medizinischem Cannabis gegeben. Bisher war die endgültige politische Entscheidung Israels über die Kommissionempfehlung offen.
Ausschreibungsverfahren wegen Klage gestoppt
Eigentlich war es von Seiten der Bundesregierung geplant, dass ab 2019 der Anbau von Medizinalhanf auch in Deutschland möglich werden sollte. Die deutsche Cannabisagentur, die neben dem Hanf-Import auch den Anbau regelt, hatte im vergangenen Jahr ein Ausschreibungsverfahren für den Zeitraum 2019 bis 2022 gestartet. Geplant war ein Produktionsumfang von insgesamt 6600kg für diese vier Jahre.
Allerdings pausiert derzeit das Ausschreibungsverfahren. Denn mehreren Medienberichten zufolge hat das süddeutsche Unternehmen Lexamed, das im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens eine Absage erhielt, gegen das BfArM geklagt. Aus Sicht des Unternehmens seien die Anforderungen im Bewerbungsverfahren zu hoch gewesen. Das Verfahren beim Oberlandesgericht Düsseldorf ist noch nicht abgeschlossen. Die Linken fragen deshalb, ob nach Einschätzung der Bundesregierung der Starttermin für den deutschen Cannabis-Anbau angesichts des laufenden Klageverfahrens noch realistisch sei. Und falls nicht, wollen die Linken wissen, welche Rückschlüsse die Bundesregierung daraus zöge.
Hohe Anforderungen des BfArMs
Movassat befürchtet negative Konsequenzen für Cannabis-Patienten, sollte der Anbau in Deutschland nicht wie geplant ab 2019 starten können: „Die Versorgungssituation würde sich dann noch weiter verschärfen, die Preise würden dann noch massiver durch die Decke gehen. Schon heute sind die Preise in den Apotheken circa doppelt so hoch wie auf dem Schwarzmarkt. Dabei muss man sich auch vor Augen führen, dass die Zahl der Anträge und damit die Nachfrage von Jahr zu Jahr wohl ansteigen wird. Denn es wird damit zu rechnen sein, dass die Vergabepraxis nach einer gewissen ‚Eingewöhnungsphase‘ mit den neuen Regeln eher steigt. Deshalb muss der Cannabisanbau in Deutschland schnellstmöglich vorangetrieben werden“.
Niema Movassat kann die Beweggründe des Unternehmens Lexamed für seine Klage allerdings nachvollziehen. „Die Bundesregierung hat meines Erachtens zu hohe Anforderungen an die Erfahrung der Bewerber mit dem Anbau von Cannabis festgesetzt. Die hohen Anforderungen haben den allergrößten Teil der Bewerber ausgeschlossen. Für diese strengen Anforderungen muss sich die Bundesregierung nun vor Gericht rechtfertigen“, erläutert der drogenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag.
Wie steht es um die Versorgung?
Neben den auf die Zukunft ausgerichteten Fragestellungen, interessieren sich die Linken auch für den Ist-Stand der Versorgung der Cannabis-Patienten. In dem Zusammenhang fragen sie nach dem Stand des Versorgungsberichts des GKV-Spitzenverbandes nach §31 Absatz 6 SGBV zu Cannabismedizin. Diesen Versorgungsbericht hatte die Bundesregierung in ihrem Schreiben vom 22. September 2017 bereits für Ende September 2017 angekündigt. Außerdem möchte die Linksfraktion wissen, wie viele Begleiterhebungen zur Cannabistherapie, gegliedert nach Diagnosen, gemäß § 31 Absatz 6 SGBV bisher beim BfArM eingegangen sind.
Freizeitanwendung in Cannabis Clubs
Die Linken differenzieren beim Cannabis klar zwischen dem medizinischen Einsatz und der Freizeitanwendung, die ihrer Meinung nach legalisiert werden sollte. Die Produktion und Abgabe als Arzneimittel beziehungsweise Genussmittel sollte aus Sicht der Linken präzise voneinander getrennt ablaufen.
„Wir streiten als LINKE für eine Legalisierung von Cannabis. Wir wollen, dass Erwachsene an sauberes Cannabis, frei von Verunreinigungen, gelangen. Dafür ist es notwendig, dass Cannabis in zertifizierten Cannabisfachgeschäften verkauft wird. Als LINKE haben wir vorgeschlagen, Cannabis Clubs einzurichten. Hier wird für die Mitglieder Cannabis angebaut, eine Gewinnerzielungsabsicht darf nicht bestehen. Nur Volljährige haben Zugang und der Vorstand muss seine Sachkunde für den Anbau von Cannabis nachweisen können. Was einen Verkauf von Cannabis durch Apotheken ohne Rezept angeht: Da bin ich skeptisch. Apotheken sollten kein Drogentreffpunkt werden. Außerdem halten sich auch Kinder und Jugendliche in Apotheken auf“, begründet Movassat.
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