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EU-Nutzenbewertung
Union und SPD befürchten Auswirkungen auf Arzneimittel-Preisbildung
Als eine ihrer ersten Maßnahmen schicken die Gesundheitspolitiker der Großen Koalition eine Subsidiaritätsrüge an die EU-Kommission. Der Grund: Union und SPD wollen nicht, dass eventuelle EU-Nutzenbewertungen hierzulande verbindlich umgesetzt werden müssen. Gegenüber DAZ.online erklären die beiden gesundheitspolitischen Sprecherinnen der Regierungsfraktionen ihre Entscheidung.
DAZ.online berichtete am gestrigen Dienstag darüber, dass die Regierungsfraktionen im Bundestag eine sogenannte Subsidiaritätsrüge an die EU-Kommission schicken wollen. Die Große Koalition wehrt sich damit gegen den Vorstoß der EU, die Nutzenbewertungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Europa zu vereinheitlichen. Das EU-Kommissariat für Gesundheit hatte Ende Januar einen beachtlichen Aufschlag gemacht. In einem Richtlinien-Entwurf hatte die Kommission vorgeschlagen, alle Nutzenbewertungssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte in den EU-Mitgliedsstaaten gleichzustellen.
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Dem EU-Vorschlag zufolge sollen künftig Experten aus allen Staaten in einer Koordinierungsgruppe zusammenkommen, um über den Zusatznutzen von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu entscheiden. Die EU-Staaten müssen diese Beschlüsse umsetzen. Ob eine solche Rüge vom Bundestag gegenüber der EU-Kommission überhaupt etwas bringt, steht noch in den Sternen. Denn das hängt auch davon ab, ob sich noch andere Länder gegen die Initiative aussprechen.
DAZ.online hat bei den beiden gesundheitspolitischen Sprecherinnen der Regierungsfraktionen nach den Gründen für die Rüge gefragt. Karin Maag, in der Unionsfraktion für Gesundheitsthemen zuständig, erklärte: „Der derzeitige Vorschlag der Europäischen Kommission zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln und bestimmten Medizinprodukten geht zu weit und greift in die Zuständigkeit der deutschen Gesundheitspolitik ein. Insbesondere befürchten wir Auswirkungen auf die Erstattungsfähigkeit und Preisbildung. Das muss in eigener Verantwortung der Mitgliedsstaaten bleiben.“
Dittmar: HTA-Verfahren würde massiv eingreifen
Wie schon zuvor im längeren Interview mit DAZ.online bleibt Maag aber dabei, dass sie ihre Entscheidung nicht als „anti-europäisch“ verstanden wissen will. Wörtlich sagte sie dazu: „Eine freiwillige Zusammenarbeit ist für alle, vor allem für die kleinen Länder, sinnvoll. Da sollten wir eher ansetzen. Als überzeugte Europäerin meine ich auch, dass eine klare Sprache unter Freunden richtig ist.“
Maags Kollegin in der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, befürchtet, dass durch eine verpflichtende EU-Nutzenbewertung hierzulande etablierte Strukturen leiden könnten. Sie erklärte: „So wie das HTA-Verfahren derzeit ausgestaltet ist, würde es massiv in unsere Nutzenbewertung und unser AMNOG-Verfahren eingreifen mit direkten Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem. Aus meiner Sicht muss das HTA daher angepasst werden, damit es dem Subsidiaritätsprinzip Genüge leistet.“
Anfang April läuft die Frist ab, innerhalb derer sich die EU-Mitgliedsstaaten über das Vorhaben zur EU-Nutzenbewertung beschweren können. Bis dahin müssen die Bundestagsabgeordneten die Rüge formuliert und abgeschickt haben.
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