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Stationsapotheker überall! Das könnte bald Realität sein. Und das Rx-Versandverbot? Ja klar, im Herbst, mal sehen, und dann sehen wir schon. So nach oberster Prio klingt das nicht. Aber die Union steht fest dahinter, auch wenn’s Spahn noch nicht in den Mund nimmt. Während für die FDP immer noch Päckchen packen und versenden mit Digitalisierung zu tun haben, empfehlen Datenschützer den Apotheken dringend: Finger weg von WhatsApp – wg. Datenschutz!
19. März 2018
Das Rx-Versandverbot – es steht zwar im Koalitionsvertrag und der CDU ist es, wie Karin Maag, neue gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, glaubhaft versichert, durchaus ernst damit. Nur, mein liebes Tagebuch, so gaaaaanz oberste Priorität hat das Thema nun auch nicht. Oder es gibt einfach noch Wichtigeres, das Thema Pflege zum Beispiel. Denn sie sagte, dass man das Rx-Versandverbot im Herbst angehen wolle, ein Entwurf „im Herbst dieses Jahres wahrscheinlich“ sei. Herbst ist noch weit weg und „wahrscheinlich“ kann auch im nächsten Frühjahr heißen oder so viel: Wir machen’s bald, sofern wir nicht durch noch Dringenderes abgelenkt werden. Was das alles für ein mögliches Verbot bedeutet: Ich glaube, nicht allzu viel Gutes. Bei allem anerkennenswerten guten Willen der CDU-Politiker, mein liebes Tagebuch: Selbst wenn alles gut liefe, selbst wenn der Gesetzentwurf im Herbst stünde, müsste er durch alle parlamentarischen Instanzen. Dann könnte es sein, dass er das EU-Notifizierungsverfahren durchlaufen müsste (etwa ein halbes Jahr) und wenn tatsächlich alle juristischen Bedenken ausgeräumt werden könnten, dann könnte es wohl frühestens irgendwann im zweiten oder dritten Quartal 2019 in Kraft treten. Rund drei Jahre nach dem EuGH-Urteil. Für Optimisten alles realistisch. Für Skeptiker tun sich da dann doch große Fragezeichen auf: Der Versandhandel konnte drei Jahre lang mit massiver Werbung und Super-Boni für seinen Rx-Versand powern und ihn im Markt etablieren. Sein Anteil am Rx-Geschäft wird dann womöglich schon bei vier, fünf oder noch mehr Prozent liegen. Er hat Besitzstände geschaffen. Der Druck der Bevölkerung auf die Politik, den Versandhandel nicht zu beschneiden, wird noch größer sein als heute. Angesichts dieser Zeitpläne und dieses Szenarios: Mein liebes Tagebuch, ist dein Glaube an ein Rx-Versandverbot immer noch unerschüttert oder kommen nicht selbst dir der eine oder andere leise Zweifel? Am Ende wird die Politik sagen: Wir haben’s versucht, liebe Apothekers, aber es hat nicht gereicht. Aber als Ausgleich und Trostpflaster nehmen wir euch nun in den elektronischen Medikationsplan mit auf! Freut euch!
Auf eins darf man allerdings hoffen: Auf mehr Verständnis für die Apotheker seitens des Bundesgesundheitsministeriums. Denn Spahn hat einen Apotheker in sein Team geholt: Thomas Müller, der Pharmazie, Medizin und Betriebswirtschaftslehre studierte und Leiter der Arzneimittel-Abteilung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ist, außerdem als Fachapotheker für Klinische Pharmazie arbeitete, soll die Abteilung 1, zuständig für Arzneimittel, Medizinprodukte, Biotechnologie, übernehmen. Ein dazugehöriges Referat (Referat 116) befasst sich mit „Grundsatzfragen Apothekengesetz, Pharmaberufe und Apothekenbetrieb“. In diesem Referat sind Apothekenbetriebsordnung und Honorarfragen angesiedelt und es wird sich wahrscheinlich mit dem Entwurf für ein Rx-Versandverbot befassen. Mein liebes Tagebuch, ein guter Draht von der ABDA zu Herrn Müller – das kann man sich nur wünschen.
20. März 2018
WhatsApp, der zu Facebook gehörende Instant-Messaging-Dienst, ist eine App zur Übermittlung von Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien und mehr, äußerst beliebt bei den Nutzern. Er ist einfach, schnell und kann mehr als eine SMS. Allerdings hat die App auch ein paar Haken. Wer sie nutzen will, muss zustimmen, dass sie auf die Adressdateien samt Telefonnummern etc. zugreifen darf, die auf dem jeweiligen Smartphone liegen. Also, der Adressdaten-Schatz wandert nach Kalifornien, der Mutterkonzern Facebook und Mark Zuckerberg freuen sich und sagen Danke für die kostenlosen Dateien, die man gerne für die Personalisierung von Werbung verwendet. Und was ist mit den übermittelten Nachrichten und sonstigen Dateien? Die laufen auch über die kalifornischen Server, sollen angeblich allerdings seit April eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung aufweisen, so dass sie nur Sender und Empfänger lesen können. Heißt es. Ob es da Schlupflöcher gibt - wer weiß das schon. Der Facebook-Datenskandal von dieser Woche zeigte, wie es um die Sicherheit von Daten bei diesem Konzern bestellt ist. So, mein liebes Tagebuch, können vor diesem Hintergrund eigentlich sensible Daten wie z. B. ein Rezept per WhatsApp vom Kunden an die Apotheke gesandt werden? Kann man das den Kunden guten Gewissens empfehlen. Wohl kaum. Dieser Ansicht und sogar Überzeugung sind im Übrigen auch unsere Datenschützer. Sie raten den Apotheken dringend davon ab, ihren Kunden WhatsApp anzubieten – auch wenn es noch so bequem für die Kunden sein mag, auch wenn es noch ao win cooles digitales Image ausstrahlt. Und klare Aussage von einem Datenschutz-Experten mit Blick auf die ab 25. Mai geltende Datenschutzverordnung dazu: „Nach neuem Recht ist von WhatsApp-Bestellungen noch mehr abzuraten als nach altem Recht“. Mein liebes Tagebuch, das Risiko vor Gericht zu landen, wenn man dem Kunden WhatsApp-Bestellungen ermöglicht, ist ab Mai mehr als hoch. Dabei muss das doch gar nicht sein, gibt es doch verschiedene inländische Apotheken-Apps, die problemlos und einfach Vorbestellungen und Rezeptscans an die Apotheke übermitteln. Und man kann eine Kundenbindung aufbauen mit einer „eigenen“ App. Das ist doch noch viel cooler! Also, vergesst WhatsApp!
21. März 2018
Es bahnt sich schon seit einiger Zeit an: Niedersachsen will künftig Stationsapotheker in seinen Kliniken beschäftigen für mehr Arzneimitteltherapiesicherheit. Ein Gesetzentwurf ist derzeit in Arbeit. Da hat sich endlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es mit Apothekern auf Krankenhausstationen nur Vorteile gibt. Mein liebes Tagebuch, es wurde und wird ja auch Zeit (auch wenn diese Idee als politische Reaktion auf die damaligen Pflegemorde geboren wurde). Aber das Beste kommt noch: Stationsapotheker sollen bundesweit kommen. Die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden setzt sich dafür ein, dass die Gesundheitsministerien der Länder und das Bundesgesundheitsministerium eine flächendeckende Einführung von Stationsapothekern prüfen sollen. Also, liebe Behörden, nun prüft mal nicht so lange rum, sondern führt die Stationsapotheker in allen Kliniken ein: Die Arzneimitteltherapiesicherheit wird ansteigen, die Patienten werden davon deutlich profitieren und das übrige Krankenhauspersonal entlastet. In anderen europäischen Ländern wie Großbritannien, Portugal, Norwegen oder Schweden ist das schon längst gab und gäbe.
Bayerns Apotheker dürfen sich freuen: An Bayerns weiß-blauem Himmel ist auch weiterhin Melanie Huml zu sehen. Der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder übernahm von seinem Vorgänger die Bamberger Ärztin als Gesundheitsministerin in sein Kabinett. Bayerns Apothekerinnen und Apotheker konnte nichts Besseres geschehen, denn Huml ist eine engagierte Fürsprecherin der Apotheke vor Ort und eine Verfechterin des Rx-Versandverbots. Huml setzt sich auch für eine dynamische und regelmäßige Anpassung des Fixhonorars ein. Und darüber hinaus will sie die Arzneimittelproduktion nach Deutschland und Europa zurückholen, um Lieferengpässen in Zukunft entgegenzuwirken. Mein liebes Tagebuch, solche Politikerinnen sind selten genug. Hoffen wir, dass Humls Leuchten auch auf andere Bundesländer abstrahlt!
Mit dem Versenden ist es so wie mit schwanger sein: Ein bisschen geht nicht, entweder ganz oder gar nicht. Tja, liebe Arzneiversandbranche, das bedeutet, dass Verbraucher bei versendeten Arzneimitteln in etwa die gleichen Rechte haben wie bei verschickten Schuhen, Toastern oder Kameras: Bei Nichtgefallen geht’s innerhalb von 14 Tagen zurück. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nun auch entschieden, dass Versandapotheken ein Widerrufsrecht bei Arzneimitteln nicht generell ausschließen dürfen. Pech für die Versender, denn zurückgesandte Arzneimittel werden sie nur noch vernichten können, ein Weiterverkauf verbietet sich. So ist das eben, gleiches Recht für alle!
22. März 2018
Der Umsatz des Schweizer Pharmahändlers Zur Rose Group, zu dem der Versender DocMorris gehört, ist 2017 gegenüber dem Vorjahr um rund 12 Prozent auf 983 Mio. Franken gestiegen, aber einen Gewinn machte die Group dennoch nicht. Das Unternehmen nehme bewusst Verluste in Kauf, um seine Marktposition auszubauen, lautet die aktuelle Devise. Mein liebes Tagebuch, das war doch gefühlt schon immer so, oder? Aktuell weist der Konzern in seiner Bilanz 2017 ein Minus von über 36 Mio. Franken aus, deutlich mehr als noch ein Jahr zuvor. Die niederländische Tochter DocMorris und deren Marketingaktivitäten sollen zu einem erheblichen Anteil für diesen Verlust verantwortlich gewesen sein. Kein Wunder. Aber das stört in diesen Kreisen nicht sonderlich, das ist Strategie: Hauptsache Wachstum, andere Marktteilnehmer aufkaufen oder plattmachen. Im Focus der Aktivitäten stehen chronisch erkrankte Patienten, die DocMorris kräftig anbaggert, und nach wie vor die OTC-Kunden. Die Bemühungen scheinen Früchte zu tragen: Im letzten Jahr soll sich die Zahl aktiver DocMorris-Kunden um 32 Prozent auf 1,8 Mio. erhöht haben. Das Rx-Versandgeschäft habe um über zehn Prozent zugenommen. Dass die Aktie seit dem Börsengang rund 35 Prozent an Wert verloren haben soll - geschenkt. Auch das stört wohl nicht. Mein liebes Tagebuch, vielleicht sollten die Politiker, die nach wie vor noch nicht von einem Rx-Versandverbot überzeugt sind, sich auch einmal dieses Szenario vor Augen halten: Sie schicken die kleine Vor-Ort-Apotheke auf dem Land, deren Inhaber persönlich für seine Apotheke haftet, ins Rennen mit diesen Kapitalgesellschaften. Fairer Wettbewerb?
23. März 2018
Noch ein neuer Verband: der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren. Und was will er? Klar, seine 14 Gründungsmitglieder, Unternehmen, die im Auftrag von deutschen Apotheken Rezepte abrechnen, wollen den Herausforderungen der voranschreitenden Digitalisierung begegnen. Die Rede ist beispielsweise davon, gemeinsame Schnittstellen und technische Standards zwischen Warenwirtschaftssystemen und Apothekenrechenzentren zu schaffen und an zukunftsorientierten technologischen Lösungen für die Apotheke zu arbeiten. Mein liebes Tagebuch, das hört sich erstmal nicht verkehrt an. Möglicherweise ist ein Grund für das engere Zusammenrücken die beängstigende Zukunftsvision, dass sich mit einem E-Rezept das Handling der Rezepte verändern dürfte: Das Abholen der Papierträger, das Scannen der Rezepte, das manuelle Nachbessern wird dann wohl entfallen, wenn die Apotheken die elektronischen Daten direkt ans Rechenzentrum schicken. Und was wäre, wenn die Digitalisierung eines Tages ermöglicht, dass die Apotheken die elektronischen Rezeptdaten unmittelbar an die Kassen verschicken? Haben dann Rechenzentren ausgedient? Mein liebes Tagebuch, die große VSA hat sich übrigens nicht dem neuen Verband angeschlossen und will es auch nicht tun, man sieht darin keinen Vorteil.
Die neue Regierung arbeitet, die erste Aussprache zur Gesundheitspolitik hat stattgefunden. Spahn spricht über seine großen Themen, die er anpacken will: Finanzierung, Pflege und ärztliche Versorgung. Die Digitalisierung ist nicht mehr dabei (hat er vielleicht nur vergessen?) und den Arzneimittel- und Apothekenmarkt klammert er komplett aus. Ob da wohl noch was nachkommt? Für Unmut sorgt die FDP. Deren gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus betet die Leier herunter, dass ein Rx-Versandverbot und die gleichzeitige Förderung der Digitalisierung nicht zusammenpassen. Mein liebes Tagebuch, das ist auch so eine, die immer noch nichts verstanden hat. Die Rezepte gehen nicht digital nach Holland zu den Versendern, sondern via Briefkasten – hat sich das nicht bis zu ihr herumgesprochen? Die deutschen Apotheken haben nichts gegen Digitalisierung, und ein Rx-Versandverbot hat nichts mit der Digitalisierung zu tun, Frau Aschenberg-Dugnus. Lässt sich sich das mal bis in die FDP-Kreise hinein kommunizieren? Zum Glück halten die CDU-Politiker Georg Nüßlein und Karin Maag kräftig dagegen. Sie machen klar, dass es zu ihren wichtigsten Anliegen gehöre, die Apotheke vor Ort zu schützen. Ob das eine FDP jemals versteht?
9 Kommentare
Datenschutz?
von Karl Friedrich Müller am 26.03.2018 um 11:55 Uhr
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AW: Datenschutz
von Bernd Jas am 26.03.2018 um 16:33 Uhr
Am Ende...
von Bernd Jas am 25.03.2018 um 13:24 Uhr
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RX-Versand
von Dr. Radman am 25.03.2018 um 13:00 Uhr
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AW: Ergänzung
von Anita Peter am 25.03.2018 um 13:40 Uhr
Zu Ende denken
von Ulrich Ströh am 25.03.2018 um 9:00 Uhr
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Sicherstellungszuschlag
von Anita Peter am 25.03.2018 um 8:48 Uhr
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AW: Sicherstellungszuschlag und RXVV
von Dr Schweikert-Wehner am 25.03.2018 um 9:58 Uhr
AW: Sicherstellungszuschlag
von Karl Friedrich Müller am 25.03.2018 um 10:27 Uhr
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