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Bundesversicherungsamt
Aufsichtsbehörde stoppt Hilfsmittelverträge von Barmer und DAK
Das Bundesversicherungsamt (BVA) hat die Barmer und die DAK Gesundheit dazu aufgerufen, einige Verträge in der Heil- und Hilfsmittelversorgung unverzüglich aufzuheben. Unter anderem geht es um Ausschreibungen und Verträge über Beatmungsgeräte und Inkontinenzprodukte. Das BVA ist der Meinung, dass Ausschreibungen in diesem Bereich nicht hätten stattfinden dürfen – denn hier sei der „Dienstleistungsanteil“ zu hoch.
Anfang Januar war bekannt geworden, dass das Bundesversicherungsamt einige Verträge der Barmer und DAK in der Heil- und Hilfsmittelversorgung überprüft. Konkret standen die Kassen im Verdacht, bei der Vergabe den Preis im Vergleich zur Versorgungsqualität zu hoch gewichtet zu haben. Zur Erklärung: Im Frühjahr 2017 hatte der Bundestag das Heil- und Hilfsmittelrecht reformiert, nachdem es Vorwürfe gegeben hatte, die Kassen würden beim Einkauf von Erwachsenenwindeln Preisdumping betreiben und ihre Patienten mit minderwertigen Produkten versorgen. Laut dem neuen Gesetz müssen die Kassen Heil- und Hilfsmittel mit „besonders hohem Dienstleistungsanteil“ nun auch besonders behandeln: Ausschreibungen für solche Heil- und Hilfsmittel sind nach dem neuen Gesetz „nicht zweckmäßig“.
Und trotzdem soll es zumindest bei der DAK und bei der Barmer erneut zu solchen Ausschreibungen gekommen sein. Konkret ging es um Ausschreibungen der Barmer für Beatmungsgeräte von Patienten mit nächtlichen Atemstörungen (Schlafapnoe) und Ausschreibungen der DAK, unter anderem für Inkontinenz- und Stoma-Produkte.
Einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge wurde der Preis in der Barmer-Ausschreibung mit 90 Prozent gewichtet, in den DAK-Verträgen sollen es 80 Prozent gewesen sein. Im neuen Heil- und Hilfsmittelgesetz war allerdings festgehalten worden, dass der Preis mit maximal 50 Prozent bei der Vergabeentscheidung gewichtet werden darf.
Barmer klagt gegen Bescheid des Bundesversicherungsamtes
Und genau aus diesem Grund hat das BVA die Kassen nun auch aufgefordert, die diskutierten Verträge unverzüglich aufzuheben. Ein Behördensprecher sagte gegenüber DAZ.online: „Aus Sicht des BVA sind die von Barmer und DAK durchgeführten Ausschreibungen aufgrund des mit der Versorgung verbundenen hohen Dienstleistungsanteils nicht zweckmäßig.“ Per Bescheid seien die beiden Kassen zu einer unverzüglichen Aufhebung verpflichtet worden.
Wie gehen die Kassen nun vor? Im Januar hatten Sprecher der beiden Unternehmen die Verträge verteidigt. Die Barmer wollte sich zum weiteren Vorgehen gegenüber DAZ.online nicht äußern. Der Sprecher des BVA teilte allerdings mit: „Die Barmer hat mittlerweile einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bei Gericht eingereicht.“
Nochmals teilte die Behörde auch mit, unter welchen Voraussetzungen Ausschreibungen im Heil- und Hilfsmittelbereich weiterhin möglich sind: „Aus Sicht des BVA sind Ausschreibungen von Hilfsmitteln dann nicht zweckmäßig, wenn sie einen hohen Dienstleistungsanteil enthalten. Sofern es zur Ausschreibung kommt, darf nicht vor allem der Preis bei der Ausschreibung maßgeblich sein, sondern es ist mindestens zu 50 Prozent die Qualität der Versorgung zu berücksichtigen.“
Auch die DAK klagt
*Inzwischen hat auch die DAK angekündigt, gegen den Bescheid zu klagen. Ein Sprecher teilte mit, dass die Kasse eine „Anfechtungsklage“ anstrebe. Zur Begründung erklärte der Kassensprecher: „Sowohl die Vorgaben des GKV-Spitzenverbandes (Stichwort ‚Zweckmäßigkeit von Ausschreibungen‘) als auch die Inhalte des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) wurden vollumfänglich berücksichtigt. Sozialgerichte und die Vergabekammer des Bundes haben unsere Ausschreibung nicht beanstandet.“
Und weiter: „Durch unsere Ausschreibung wird die hochwertige Versorgung der Versicherten nach hohen Qualitätskriterien sichergestellt. Bei unserer Stoma-Ausschreibung haben wir umfangreiche (Dienst-)Leistungs-, Service- und Qualitätsstandards aufgenommen, die über die Vorgaben des Hilfsmittelverzeichnisses hinausgehen.“ Außerdem profitierten die Patienten, unter anderem weil die Versorgung aufzahlungsfrei ist, und die Lieferung frei Haus erfolge.
Die DAK verweist auch auf die juristische Komponente in der Hilfsmittelversorgung: „Die DAK-Gesundheit treibt mit ihrer Anfechtungsklage gegen das BVA eine dringend erforderliche rechtliche Klärung der möglichen Ausschreibungen im Heil- und Hilfsmittelsektor voran. In der Zwischenzeit ergingen diverse Entscheidungen der Sozialgerichte sowie Vergabekammer des Bundes hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Ausschreibung. Insbesondere wurde seitens der einschlägigen Entscheidungspraxis der Sozialgerichte vertreten, dass das nationale und europäische Vergaberecht dem Sozialrecht (…) vorgehe.“
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* Hinweis der Redaktion: Der Text wurde um 17.45 Uhr mit den Informationen zur DAK-Klage ergänzt.
2 Kommentare
tolerierte Mißstände im Gesundheitswesen,
von Karl Friedrich Müller am 27.03.2018 um 8:28 Uhr
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Warum sollen sich die Kassen an geltendes Recht halten?
von ratatosk am 27.03.2018 um 0:31 Uhr
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