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Wie genau nimmt es Hollywood mit der Pharmazeutischen Chemie? Das wollte Professor Dr. Andreas Link von der Uni Greifswald wissen. In seinem Festvortrag auf der Interpharm unterzog der Professor für Pharmazeutische Chemie einige Kinoproduktionen einem Faktencheck. Neben durchaus korrekten Darstellungen, fanden sich auch sehr kuriose Interpretationen.
Der wohl berühmteste Geheimagent auf der großen Leinwand, James Bond, musste in seiner Karriere so einige Giftattentate überstehen. Im Film „Liebesgrüße aus Moskau“ versuchte ein KGB-Agent, heimlich ein weißes Komprimat in das Getränk des MI6-Agenten zu zerbröseln. Geht das einfach so nebenbei? Bei einer Paracetamol-Tablette wäre das wohl schwierig. Bei einem Chloralhydrat-Pressling, wie er im Film verwendet wird, ist das aber durchaus denkbar, findet Link. Voraussetzung ist, dass die Substanz weich gepresst wurde. Und wie sieht es mit dem Geschmack der Giftmischung aus? „Ein langweiliger Weißwein gewinnt dadurch sogar", erklärt Link. Der Faktencheck ist in diesem Fall bestanden.
In „Casino Royal“ bemerkt der britische Geheimagent den Giftanschlag noch rechtzeitig. Mithilfe einer gesättigten Kochsalzlösung bringt er sich daraufhin selbst zum Erbrechen. Die richtige Maßnahme, erklärt Link. Auch diese Darstellung ist korrekt. Weniger dagegen die Analyse des Gifts. In seinem Wagen schließt sich Bond an ein Ferndiagnosesystem an und übermittelt seine Daten nach London. „Wahrscheinlich Fiktion, aber gut gemacht“, merkt Link an. Die Analyse ergibt neben einem Herzglykosid auch andere Moleküle. „Ich habe diese mit SciFinder überprüft“, erzählt Link. „Bekannt sind sie auf der Welt nicht.“
Von Natriumdichlorid und aromatischen Ketonen
Der Film „Medicine Man“ ist laut Link „eine Aneinanderreihung von Merkwürdigkeiten.“ Der Film handelt von einem im Regenwald forschenden Arzt. Dieser hat herausgefunden, dass der Extrakt einer heimischen Bromeliaceae in der Lage ist, Tumoren zu heilen. Mit Hilfe eines in den Urwald gelieferten Gaschromatographen wird dieser Extrakt dann analysiert. Von den 49 gefunden Verbindungen sind 48 bereits bekannt. Selbstverständlich ist die unbekannte auch die entscheidende Substanz, aber auch die anderen Stoffe sind sehr interessant, findet Link. Darunter sind nämlich anorganische Verbindungen wie Siliciumdioxid. Da wären schon sehr hohe Temperaturen notwendig, um das zu verdampfen und so per Gaschromatografie analysieren zu können. Noch skurriler ist eine andere Substanz im Chromatogramm: „Im Film wird uns suggeriert, dass unter den hohen Temperaturen scheinbar Natriumdichlorid entsteht.“ Bei diesen vermeintlichen Fakten handelt es sich eindeutig um „Fake News“, urteilt Link.
Die Struktur der unbekannten Substanz wird im Film per Analyse à la Hollywood aufgeklärt. „Unbekannt heißt in diesem Fall, man klickt auf den Peak und die Substanz erscheint.“ Noch unrealistischer als diese Analysemethode ist die Struktur selbst: Aromatische Ketone, sechsbindige Kohlenstoffatome, Wasserstoff als Brückenatom und weitere Kuriositäten finden sich darin. „Das spottet allen Naturgesetzen“, erläutert Professor Link. Auch in diesem Fall ist der Faktencheck nicht bestanden.
Eine weitere Kuriosität im Film: Um den Chromatografen funktionsfähig zu machen, wird eine Baseline erstellt. Dazu spritzen die Forscher eine Glucoselösung in das Gerät. „Wenn sie in meinen Gaschromatografen eine Glucoselösung spritzen, sind wir keine Freunde mehr“, merkt Link dazu an. Und als die Glucoselösung leer ist, nehmen die Protagonisten Würfelzucker, den sie in Wasser lösen. „Im Kino ist Zucker eben Zucker.“
Dosierung nach Augenmaß
Eine Krux in Hollywood: Selten rechnet jemand nach. „Die
nehmen immer eine Dosis und das passt dann schon.“ In der Filmreihe „Hangover“
will einer der Protagonisten Wachhunde mit Pethidin-HCl betäuben. Das
Arzneimittel, das er mit Hilfe seines Zahnarztausweises in der Apotheke gekauft
hat, wird mit einer Stahlkanüle auf einen Hamburger geträufelt. „Wahrscheinlich
wegen des dramatischen Effekts“, wie Link anmerkt. Trotz denkbar nicht
vorhandener Erfahrung kann der Zahnarzt die richtige Menge allein mit Augenmaß abschätzen.
Unrealistisch, findet Link. „Wer Wachhunde mit Pethidin betäuben will, soll
sich vorher die Mühe machen, auszurechnen, wie viel er braucht."
Manchmal stimmt die Dosis aber: Im Film „Lost World“ wird ein T-Rex mit 10 mg Carfentanyl
betäubt. Das erscheint wenig, ergibt aber Sinn, wenn man die Wirkpotenz von
Carfentanyl berücksichtigt. Link hat in Bezug auf den Film auch noch einen Tipp
für seine Studierenden: Der Dinosaurier wird durch Naltrexon wieder aus seiner
Betäubung aufgeweckt. „Das kann man sich gut merken, weil in Naltrexon schon
das Wort T-Rex steckt.“ Dass das bei der Zulassung eine Rolle gespielt hat, glaubt
Link allerdings nicht.
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