Antiretrovirale Behandlung

Erste duale HIV-Therapie erhält EU-Zulassungsempfehlung

Berlin - 27.03.2018, 09:00 Uhr

Aus drei mach zwei: Die neue duale Fixkombination hat die europäische Zulassungsempfehlung zur HIV-Erhaltungstherapie erhalten. (Foto: Imago)

Aus drei mach zwei: Die neue duale Fixkombination hat die europäische Zulassungsempfehlung zur HIV-Erhaltungstherapie erhalten. (Foto: Imago)


Studienergebnissen zufolge halten zwei Wirkstoffe das HI-Virus genauso gut in Schach wie drei antiretrovirale Substanzen. Die Kombination aus Dolutegravir und Rilpivirin (Juluca®) hat auf europäischer Ebene eine Zulassungsempfehlung erhalten. Im Falle eines Markteintritts, wäre Juluca® die erste zugelassene Zweifach-Fixkombination.

Vergangene Woche hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) die Zulassung für die Zweifachkombination Juluca® bei HIV-1 Infektionen empfohlen. Das neue antiretrovirale Arzneimittel enthält den HIV- Integrasehemmer Dolutegravir sowie Rilpivirin, ein Nicht-Nukleosidischer Inhibitor der Reversen Transkriptase.

EMA-Entscheidung im zweiten Halbjahr 2018 erwartet

Der CHMP-Ausschuss der europäischen Arzneimittelagentur EMA folgt mit dieser Einschätzung der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, welche die Zulassung für Juluca® im November 2017 erteilt hat. Die endgültige Entscheidung der EMA wird im zweiten Halbjahr 2018 erwartet. 

Nach Informationen der Firma Janssen ist das neue HIV-Medikament eine gemeinschaftliche Entwicklung von Janssen und dem in Großbritannien ansässigen Unternehmen ViiV Healthcare. Im Falle einer Zulassung wird ViiV Healthcare der Zulassungsinhaber sein und mit Jannsen das HIV-Arzneimittel gemeinsam vertreiben. Laut Janssen handelt es sich um die erste antiretrovirale Zweifachkombination in einer Tablette bei HIV. 

Viruslast vergleichbar zur Standardtherapie

Das positive CHMP-Votum basiert auf den Ergebnissen des SWORD-Phase III-Programms mit rund 1000 erwachsenen HIV-1-Patienten. Dabei verglichen die Forscher die Wirksamkeit und Sicherheit der Zweifachkombination mit antiretroviralen Drei- und Vier-Wirkstoff-Kombinationen. Die Ergebnisse zeigten, dass das Regime aus Dolutegravir und Rilpivirin der Standardkombinationen hinsichtlich der Kontrolle der Viruslast (< 50 RNA-Kopien pro Milliliter) über 48 Wochen nicht unterlegen war.

Als häufigste Nebenwirkungen traten in der Studie Nasopharyngitis und Kopfschmerzen auf. In der Juluca®-Gruppe litten geringfügig weniger Patienten unter Kopfschmerzen als in der Vergleichsgruppe. Studienabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen kamen unter der Zweifachkombination bei 3 Prozent und unter Standardmedikation bei 1 Prozent der Patienten vor.

Nach antiretroviraler Vorbehandlung

Die Studienteilnehmer waren mit antiretroviraler Therapie vorbehandelt und mussten vor Studieneinschluss über mindestens sechs Monate eine Viruslast von weniger als 50 Kopien pro Milliliter aufweisen. Deshalb hat der CHMP die Zulassung nur für Patienten empfohlen, die mindestens sechs Monate auf eine antiretrovirale Therapie eingestellt sind und deren Viruslast unter dem Grenzwert von 50 RNA-Kopien pro Milliliter liegt.

Zudem darf nach Auffassung des CHMP vor Beginn der Behandlung kein virologisches Versagen erfolgt sein oder Resistenzen gegen die Substanzklassen der beiden Wirkstoffe vorliegen. Der CHMP-Ausschuss empfiehlt, dass die Zweifachkombination von HIV-erfahrenen Ärzten verschrieben werden sollte. 

Kleinste Tablettengröße

Die beiden Wirkstoffe sind in fixer Dosierung (50 Milligramm Dolutegravir und 25 Milligramm Rilpivirin) in einer Tablette enthalten, was auch als Single-Tablet-Regime bezeichnet wird. Die Tablette wurde in einmal täglicher Dosierung in Studien getestet. Nach Informationen der Firma Janssen, wird Juluca® das erste Single-Tablet-Regime mit zwei Wirkstoffen für HIV-Patienten in Europa sein.

Single-Tablet Regimes stehen auch für Dreifach-und Vierfach-Kombinationen bei HIV zur Verfügung. Die Tablettengröße des neuen HIV-Arzneimittels soll nach Angaben der Entwickler mit 7 mal 14 Millimeter kleiner sein, als die der bisher vorhandenen antiretroviralen Fixkombinationen. Die AWMF-Leitlinie der deutschen und österreichischen AIDS-Gesellschaften gibt, wenn möglich, Fixkombinationen den Vorzug, um die Adhärenz bei einer Langzeittherapie zu verbessern.

Zwei versus drei

Das Unternehmen ViiV Healthcare ist überzeugt, dass die neue Zweifachkombination gegenüber der antiretroviralen Triple-Therapie einen therapeutischen Fortschritt darstellt. So erklärt John Pottage, Chief Medical Officer von ViiV Healthcare, in einer Pressemitteilung: „Wir glauben, niemand sollte mehr Medikamente einnehmen als notwendig“. Von der Zweifachkombination erhofft sich Pottage eine geringere Toxizität für die Dauerbehandlung.

Der Behandlungszeitraum im SWORD-Programm war allerdings relativ kurz und Juluca® zeigte darin kein überlegenes Sicherheitsprofil. Nach Ansicht der Autoren eines aktuellen Reviews in Annals of Pharmacotherapy hat die duale HIV-Therapie in der Erhaltungstherapie stabiler Patienten grundsätzlich das Potenzial, besser verträglich zu sein als die Standardbehandlung. Um die Sicherheit in der Dauerbehandlung zu beurteilen, sind aus ihrer Sicht jedoch Langzeitstudien erforderlich.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

FDA – Neuzulassung

Das „Einmalzwei“ bei HIV

Darunavir-basiertes Single-Tablet-Regime

EU-Zulassung für neue HIV-Vierfach-Kombi

Einmal monatlich spritzen statt mehrmals täglich schlucken

HIV-Therapie 2.0

Der richtige Umgang mit komplexen Interaktionen

Der ältere HIV-Patient in der Apotheke

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.