Beratung

Heuschnupfen und schwanger – was tun?

Stuttgart - 06.04.2018, 17:30 Uhr

Schwangere suchen oft Rat in der Apotheke. (Foto: imago / westend61)

Schwangere suchen oft Rat in der Apotheke. (Foto: imago / westend61)


Die Nase läuft, die Augen jucken – die Heuschnupfensaison ist in vollem Gange. Dieser Tage legen die Birkenpollen richtig los. Auch vor Schwangeren machen sie nicht halt. Oft suchen die Frauen Rat in der Apotheke. Doch Beipackzettel helfen meist wenig, sondern verunsichern eher. Das gleiche gilt für die ABDA-Datenbank. Was empfiehlt man den Frauen also und wo gibt es Hilfe für die Beratung?

Schwangere und auch Stillende sind mit der Einnahme von Arzneimitteln in der Selbstmedikation zurückhaltend – aus gutem Grund. Bei allergischer Rhinitis kann jedoch der Leidensdruck stark zunehmen. Denn diese verschlechtert sich oft in der Schwangerschaft. Warum das so ist? Die während der Schwangerschaft erhöhten Östrogen-Spiegel können die nasale Obstruktion verstärken, die sogenannte Rhinopathia gravidarum.

Welche Arzneimittel kann man aber bedenkenlos empfehlen? Die Beipackzettel oder die ABDA-Datenbank sind hier in der Regel keine große Hilfe. Schwammige Formulierungen, die der naturgemäß schlechten Studienlage Rechnung tragen und mit denen die Hersteller sich juristisch absichern wollen, verunsichern die Patientinnen oft mehr, als sie nützen.

Im Apothekenalltag bietet die größte Hilfe das Portal Embryotox vom Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, das man im Übrigen auch guten Gewissens schwangeren Frauen empfehlen kann. Die Informationen sind so aufbereitet, dass sie auch für Laien verständlich sind. Sie können in vielen Fällen über die zuhause beim Lesen des Beipackzettels einsetzende Verunsicherung hinweghelfen – übrigens auch bei ärztlich verordneten Arzneimitteln. 

Cromoglicinsäure gehört zu den Mitteln der ersten Wahl

Was aber geht nun? Cromoglicinsäure gehört zu den Mitteln der ersten Wahl in der Schwangerschaft, schreibt Embyrotox. Der Haken: Der Wirkstoff, in Form von Nasenspray und Augentropfen erhältlich, muss prophylaktisch eingenommen werden: etwa zwei Wochen vor dem erwarteten Beginn des Pollenfluges. Zudem müssen sie relativ häufig angewendet werden: Augentropfen mit Cromoglicinsäure werden zu Behandlungsbeginn vier- bis achtmal täglich in jedes Auge appliziert. Bei Nasensprays wird vier- bis maximal sechsmal täglich je ein Sprühstoß in jede Nasenöffnung gegeben. Haben sich die Beschwerden nach etwa zwei Wochen stabilisiert, kann die Anwendungshäufigkeit verringert werden.

Cromoglicinsäure

Nasenspray Augentropfen 

ohne Konservierungsmittel

Cromohexal® sanft Nasenspray®

Cromoglicin hysan® Nasenspray

mit Benzalkoniumchlorid

Cromo Nasenspray 1A Pharma®

  

ohne Konservierungsmittel

Allergo® Comod Augentropfen

mit Benzalkoniumchlorid

Cromohexal®

Dispacromil®

einzeldosierte Augentropfen

Cromo Stulln® DU

Cromophtal® sine EDB Augentropfen

Dispacromil® sine EDP

Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Kann man Antihistaminika empfehlen? 

Reicht die Wirkung der Cromoglicinsäure nicht aus oder sind die Beschwerden akut sind laut den Charité-Experten auch die topischen Antihistaminika Azelastin und Levocabastin akzeptabel. Sie sind ebenfalls als Nasenspray und Augentropfen auf dem Markt.

  Nasenspray Augentropfen 
Azelastin 

ohne Konservierungsmittel

Allergodil® akut

Azelastin hysan Nasenspray

Vividrin® akut Nasenspray, ohne K.

ohne Konservierungsmittel

Azela-Vision® MD sine (auch einzeldosiert)

mit Benzalkoniumchlorid

Allergodil® akut Augentropfen

Vividrin akut Azelastin antallergische AT

Levocabastin 

mit Benzalkoniumchlorid

Livocab®/Livocab® direkt Nasenspray

mit Benzalkoniumchlorid

Livocab®-Augentropfen/Livocab® direkt Augentropfen

Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Bei den systemischen Antihistaminika ist Loratadin in der Schwangerschaft besser untersucht als Cetirizin (Zyrtec® und Generika). Laut Embryotox ist zwar der Einsatz von beiden Mittel in der Schwangerschaft möglich, Loratadin ist aber eventuell aufgrund der besseren Datenlage zu bevorzugen. Ist ein sedierender Effekt gewünscht, kann laut Embryotox Clemastin empfohlen werden. In Deutschland ist es nur noch in Tablettenform erhältlich (Tavegil®). 

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Auch abschwellende Nasentropfen mit Oxytetrazolin oder Xylometazolin können in der Schwangerschaft mit einer Beschränkung der Anwendungsdauer auf acht bis maximal zehn Tage eingesetzt werden. Nasenspülungen und -tropfen mit Kochsalzlösung sollten, wenn die Symptomlinderung ausreicht, bevorzugt werden. Die Charité-Experten erachten die lokale Anwendung von Glucocorticoiden in Schwangerschaft und der Stillzeit als unbedenklich; in den Packungsbeilagen der Präparate finden sich abweichende Formulierungen.

Mometason 

Mometahexal® Heuschnupfenspray

Momeallerg® Nasenspray

Mometason ratiopharm® Heuschnupfenspray

nicht zur Anwendung bei Kindern indiziert 
Fluticason Otri-Allergie® Nasenspray Fluticason nicht unter 18 Jahren anwenden 
Beclometason 

Rhinivict® nasal 0,05 mg Nasendosierspray

ratioallerg® Heu­schnupfenspray

nicht unter zwölf Jahren anwenden

nicht unter 18 Jahren anwenden

Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Eine vor der Schwangerschaft begonnene Hyposensibilisierung kann ohne Dosissteigerung fortgesetzt werden, wenn sie gut vertragen wurde, ein Neubeginn soll in der Schwangerschaft nicht erfolgen. Homöopathische Mittel werden von Schwangeren meist gut akzeptiert und oft auch gewünscht. Eine evidenzbasierte Empfehlung ist hier allerdings nicht möglich. 

Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit- Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte

Seit mittlerweile einem halben Jahrhundert sind die Risiken bei der Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln im Zusammenhang mit Ungeborenen und Säuglingen gerade in Deutschland besonders präsent. Allerdings ist es nicht immer der generelle Verzicht auf Arzneimittel, sondern gerade das fundierte Wissen um Unbedenklichkeiten, was eine fachkundige Betreuung ausmacht. 

8., völlig neu bearbeitete Auflage 2016 Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 

Die besondere Verantwortung macht daher eine verlässliche Informationsquelle unabdingbar. 
Dieses Standardwerk liefert mittlerweile in achter Auflage allen Ärzten und Apothekern, die schwangere und stillende Patientinnen kompetent unterstützen wollen, aber auch Hebammen das dazu notwendige Fachwissen: 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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