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Steuerpolitik gegen Ungesundes
Wissenschaftliche Argumente für die „Zuckersteuer“
Sind Konzerne wie Coca-Cola schuld an den NCDs?
Deutschland tut sich mit der Einführung von Sondersteuern auf ungesunde Produkte schwer. Vergangenen Mittwoch warf Foodwatch dem Coca-Cola-Konzern in einem 100-seitigen Bericht – „Der Coca-Cola-Report: Über die Verantwortung des Getränke-Giganten für die Epidemie chronischer Erkrankungen“ – vor, wissenschaftlich belegte Risiken seiner zuckerhaltigen Getränke zu verharmlosen. Foodwatch macht Coca-Cola für die Zunahme von Fettleibigkeit und Diabetes mitverantwortlich. Laut dpa-Meldung wies der US-Konzern dies umgehend zurück: Man investiere überproportional viel in die Werbung für Getränke ohne oder mit weniger Zucker. Foodwatch kritisiert konkret die an Kinder gerichtete Werbung, so traten beispielsweise neun der 20 meistabonnierten Youtube-Stars im Deutschland bereits im „CokeTV“ auf.
Der Einladung von Foodwatch, zur Vorstellung des „Coca-Cola Reports“ ist Coca-Cola übrigens nicht gefolgt. Coca Cola begründet das damit, dass es Foodwatch nicht um einen lösungsorientierten Dialog ginge. „Die Einladung zur Pressekonferenz war in Wahrheit eine Vorladung an den von Foodwatch aufgestellten Pranger“, sagt Patrick Kammerer, Direktor Public Affairs & Unternehmenskommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung von Coca-Cola Deutschland.
Aussage gegen Aussage?
Foodwatch kritisiert, dass Studienergebnisse bislang offensichtlich vom Auftraggeber abhingen. So würden 80 Prozent der von der Lebensmittelindustrie finanzierten Studien zu dem Ergebnis kommen, es gebe keinen Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Konsum von Zuckergetränken. 80 Prozent unabhängig finanzierter Studien zeigten jedoch das Gegenteil.
Interne E-Mails von Coca-Cola sollen zeigen, dass der
Konzern Sonderabgaben oder -steuern auf zuckergesüßte Getränke fürchtet. In
einem Strategiepapier werde der Bekämpfung dieser Maßnahme die höchste
Priorität eingeräumt: „Zurückschlagen“
(im englischen Original: „fight back“).
Auch Ernährungsminsiterin Julia Klöckner (CDU) teilte dem Deutschen Ärzteblatt mit: „Es klingt einfach und verlockend, eine zusätzliche Steuer für Fertigprodukte in unserem Land zu erheben. Aber die Praxis tut der Theorie nicht immer den Gefallen.“ Auf der anderen Seite räume sie ein, dass der Zuckergehalt in manchen Produkten mithilfe einer Steuer sinken könnte. Im Fokus stünden jedoch nicht einzelne Nährstoffe, sondern die gesamte Lebens- und Ernährungsweise und somit auch der Gesamtkaloriengehalt.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach twitterte am 4. April: „Erfahrungen mit einer Zuckersteuer, die gleichzeitig für eine Steuersenkung gesunder Lebensmittel eingesetzt wird, zeigen Erfolge. Besonders für Kinder. Das sollten wir ernsthaft prüfen. Kombiniert mit einem Werbeverbot für Tabakprodukte.“
Wissenschaftliche Argumente
Auf der Seite der “Lancet Taskforce on NCDs and economics”
heißt es: Die fünf Publikationen der Arbeitsgruppe zeigen, dass Armut NCDs
fördert und durch NCDs gefördert wird. Finanzieller Schutz vor hohen
medizinischen Kosten könne aber diesen Kreis durchbrechen. Preispolitik und
Steuern sind effektive Mittel, NCD-Risikofaktoren, wie Tabak und ungesunde
Ernährung, zu reduzieren. Gleichzeitig können sie Ungleichheiten verringern.
Zusätzlich führen Investitionen in die NCD-Kontrolle zu einem erhöhten
ökonomischen Wachstum.
The five Taskforce papers show that poverty drives and is driven by NCDs, but that financial protection from high medical costs can break this cycle; price policies and taxation are effective means to reduce NCD risk factors, such as tobacco and unhealthy diet, and can reduce inequalities; and that investment in NCD control results in increased economic growth.
Die Fünf Arbeiten die am 4. April veröffentlicht wurden tragen die Titel:
- Investing in non-communicable disease prevention and management to advance the Sustainable Development Goals
- Tackling socioeconomic inequalities and non-communicable diseases in low-income and middle-income countries under the Sustainable Development agenda
- Action to address the household economic burden of non-communicable diseases
- Equity impacts of price policies to promote healthy behaviours
- Investing in non-communicable diseases: an estimation of the return on investment for prevention and treatment services
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