AOK Baden-Württemberg im Dialog

Lauterbach pocht auf „handwerklich saubere“ Umsetzung des Koalitionsvertrages

Stuttgart - 11.04.2018, 16:00 Uhr

Die Teilnehmer der Runde (v. li.). Moderator Wolfgang Molitor, Karin Maag (CDU), Dr. Christopher Hermann (AOK BaWü), Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), Peer-Michael Dick (Südwestmetall) und Martin Gross (ver.di). (Foto: AOK BaWü)

Die Teilnehmer der Runde (v. li.). Moderator Wolfgang Molitor, Karin Maag (CDU), Dr. Christopher Hermann (AOK BaWü), Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), Peer-Michael Dick (Südwestmetall) und Martin Gross (ver.di). (Foto: AOK BaWü)


Blutgrätsche gegen Krankenhäuser und Kassen 

Der weitere Verlauf der Diskussion deutete dann darauf hin, dass die Pflege – ambulant wie stationär – eines der Themen sein wird, an denen sich die aktuelle Regierung messen lassen muss. Laut Koalitionsvertrag ist der Plan, neben der Schaffung zusätzlicher Stellen und der Anwerbung ausländischer Pflegekräfte die Kosten für die Pflege aus den Fallpauschalen herauszulösen und nachweisbare Pflegleistungen zu erstatten. Die Lösung des Problems habe man seitens der Politik den Krankenhäusern und dem GKV-Spitzenverband nicht mehr zugetraut, so Lauterbach. Deswegen sei diese „Blutgrätsche“ notwendig gewesen.

AOK- Chef Hermann hält das Eingreifen der Politik für „over-sophisticated“. Zudem erklärte er den Generalvorwurf der Politik an die deutsche Krankenhauslandschaft, sie sei schuld, dass Patienten in der Klinik nicht gut versorgt würden, für eine „starke Nummer“. Einigermaßen einig war sich die Runde, dass es bei der künftigen Finanzierung der Pflege absoluter Transparenz bedarf, um sicherzustellen, dass das Geld auch da ankommt, wo es benötigt wird. Auch in dem Punkt, dass der Bedarf an Pflegekräften nur gedeckt werden kann, wenn die Attraktivität des Berufs steigt, herrschte Einigkeit. Das betreffe zum einen die Arbeitsbedingungen, zum anderen auch die Möglichkeit einer akademischen Laufbahn. Hermann sprach von der Notwendigkeit einer Emanzipierung der Gesundheitsberufe, wie das in anderen Ländern schon lange der Fall sei. „ In anderen Ländern übernehmen die auch ärztliche Aufgaben und die Leute fallen nicht tot um.“ so Herrmann. 

Werden die Ausgaben steigen?

Weit weniger einig waren sich die DIskutanten bei der Frage aus, ob durch die geplanten Maßnahmen die Ausgaben steigen werden. So erwartet Karin Maag bei den GKV-Ausgaben keinen Anstieg und geht davon aus, dass die Beiträge bis 2020 stabil bleiben werden. In der Pflegeverssicherung wolle man sie ebenfalls stabil halten. „Wir müssen schauen, ob das geht“ sagte die CDU-Politikerin. „Solange nahezu Vollbeschäftigung herrscht und 13. und 14. Monatsgehälter sozialversicherungsträchtig bleiben, bleiben sie aber stabil.“ SPD-Politiker Lauterbach hingegen ist da anderer Meinung. Er sieht massive Kostensteigerungen bei Pflege- und Krankenversicherung. Zum einen durch die geplanten Pflegereformen, zum anderen durch den steigenden Kostendruck im Bereich der Biologicals. Sie würden vermehrt nicht nur bei Krebs, sondern auch bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Und diese Patienten würden nicht ein paar Monate, sondern ihr ganzes Leben therapiert, so Lauterbach. Für AOK-Chef Hermann ist es eine Frage der Strukturierung. Wenn man am unstrukturierten System festhalte, dann werde man immer mehr Geld benötigen. Wenn man das Ganze aber in Strukturen bringe, sei ihm nicht bange, das System sei schließlich alles andere als unterfinanziert. „Aber ohne Strukturen ist das ein Faß ohne Boden“, so Hermann. Als Beispiele, wo es seiner Ansicht anderer Strukturen bedarf, nannte Herrmann den Krankenhausbereich und die Nutzenbewertung für Arzneimittel. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Lauterbach: " handwerklich sauber" eine Farce bei der nächsten Spargelfahrt!

von Heiko Barz am 12.04.2018 um 12:15 Uhr

Wenn man in Deutschland Pflegekräfte anwerben möchte, so sollte deren finanzielle Basis unserem allgemeinen Lebensstandart angeglichen sein. Solange aber unsere Gesundheitspolitik erfolgsfinanziert wird, kann dieser Zustand nicht geändert werden. Wer Gesundheitsparameter anbietet, der muß seinem Risiko gemäß entlohnt werden, aber die Ernsthaftigkeit der KKassen, diese angebotenen Leistungen entsprechend finanziell zu bewerten, ist bei deren schon öffentlich angemahnten Gewinnstreben nicht im Entferntesten zu erkennen.
An der Gesundheit der Bevölkerung darf sich kein Außenstehender bereichern.
Wenn diese Gelder, die in Krankenhausgesellschaften aller Colleur an Aktionäre, Hedgfonds, Saudis etc., in die Krankenversorgung flössen, wäre ein kleines Gerechtigskeitsvolumen wieder sichtbar. Aber auch das würde nicht ausreichen, um einen Gleichstand der Pflegenden und anderen Gesundheitsverpflichteten mit den derzeitig Streiwilligen zu erkennen. Das Einkommen eines Pflegenden ( Gender, Sie oder Er)sollte so bemessen sein, dass davon auch familiär gelebt werden kann.
Wenn man die vielen Milliarden kontrollieren könnte, die in die diffusen Abgründe vieler überflüssiger KKassenverwaltungen, mit deren im Verhältnis zum Pfleger völlig überbewerten Gehälterspektrum, absintern, könnte schon viel erreicht werden.
Allerdings müßte bei unserem sozialen Anspruch an die Gesundheit der Finanzfaktor unserer Einkommen neu bewertet werden. Wir wollen alle immer und überall die höchste Leistung für unsere Gesundheit, sind aber durch unsere "Geiz ist Geil" Mentalität so verdorben, anderen die Leistung durch ständiges Gemecker negativ finanziell zu bewerten.

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