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Interview
Was Apotheker ohne Grenzen auf ihren Einsätzen erleben
Ohne lokale Partner geht es nicht
DAZ.online: Herr Wenzel, auch Sie haben langjährige Erfahrung mit Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit in Nepal hatten Sie mit mehreren lokalen Partnerorganisationen zusammengearbeitet. Weshalb ist die Kooperation so wichtig und wie haben Sie das Zusammenspiel wahrgenommen?
Jochen Wenzel: Die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern ist extrem wichtig und auch Voraussetzung, um überhaupt die Genehmigungen zu bekommen, im Land Projekte zu realisieren. Es fängt schon bei der Sprache an. Keiner von uns spricht die Landessprache Nepali und ein Großteil der Menschen, mit denen wir in den Projekten zusammenarbeiten, spricht kaum Englisch. Natürlich kennen die lokalen Partner die Strukturen und Gebräuche in Nepal am allerbesten. Es bestehen doch sehr große kulturelle, religiöse und gesellschaftliche Unterschiede zu uns Europäern. Das merkt man auch häufig in der Zusammenarbeit. Wenn wir beispielsweise einen Zeitplan entwerfen, sind wir es in Deutschland gewohnt, dass dieser exakt so eingehalten und umgesetzt wird. In Nepal ist solch ein Projektplan oft nur ein grober Anhaltspunkt.
DAZ.online: Seit knapp zwei Jahren wenden Sie in den nepalesischen Distrikten Baglung und Parbat ein so genanntes Standard Treatment Protocol (STP) an. Was versteht man darunter und welche Aufgaben übernehmen die Apotheker dabei?
Jochen Wenzel: Das STP ist ein staatliches Programm, in dem es zu den häufigsten Erkrankungen eine exakte Beschreibung von der Diagnosestellung bis zur Behandlung gibt. Die Auswahl der Arzneimittel folgt der National Essential Drug List (NEDL), die sich an der Liste der WHO orientiert. Allerdings verfügt ein Gesundheitsposten, der die Patienten in den Distrikten in Nepal versorgt, meist nur etwa über 20 bis 30 verschiedene Wirkstoffe. Wir haben über unsere nepalesische Partnerorganisation Sankalpa, die aus jungen Apothekern besteht, Schulungen durchgeführt, wie die Arzneimittel der NEDL richtig anzuwenden sind. In den vergangenen zwei Jahren haben wir uns zusammen mit unserem Projektpartner SWAN die verschriebene Medikation auf die Arzneimittelauswahl und -interaktionen überprüft. Wir haben das Projekt Ende 2017 abgeschlossen und konnten eine deutliche Verbesserung beobachten.
DAZ.online: Im Jahr 2015 gab es ein Erdbeben in Nepal. Welche Akutmaßnahmen hatten Sie getroffen?
Jochen Wenzel: Wir haben damals gemeinsam mit der Partnerorganisation NAVIS e.V. einen Ort gesucht, an dem wir unser medizinisches Hilfscamp mit Wasseraufbereitung installieren können. Da in Nepal die Strukturen in der Verwaltung und im Gesundheitswesen komplex sind und der Informationsfluss nach dem Erdbeben sehr holprig war, brauchte es ein paar Tage, bis wir uns für einen Standort in der Nähe der Hauptstadt Kathmandu entschieden hatten. Dann ging alles sehr schnell und unser Camp war innerhalb weniger Tage startklar.
DAZ.online: Frau Weinmüller, eine letzte Frage noch: Viele Menschen kennen ärztliche Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“. Dass es auch „Apotheker ohne Grenzen“ gibt, wissen nur wenige. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Barbara Weinmüller: Zum einen ist unsere Organisation deutlich
kleiner als „Ärzte ohne Grenzen“. Außerdem war es in der Katastrophenhilfe
lange nicht bekannt, dass pharmazeutische Hilfe wichtig ist. Inzwischen haben
internationale Hilfsorganisationen wie IMC oder NAVIS e.V. erkannt, was wir
leisten und arbeiten eng mit uns zusammen.
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