- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- Wie aus einer Darmstä...
350 Jahre Merck
Wie aus einer Darmstädter Apotheke ein Weltkonzern wurde
Vor der Darmstädter Zentrale des Pharmakonzerns Merck sind derzeit futuristische Gebilde aufgebaut: Im knalligen blau steht die Zahl 350 vor den Eingangstoren und erinnert an das Firmenjubiläum eines Unternehmens, das nach Jahrhunderten des Wachstums immer noch größtenteils in Familienbesitz ist. Entstanden ist der Pharmakonzern in einer Darmstädter Apotheke, die ebenfalls von Generation zu Generation in der Merck-Familie weitergegeben wurde. Die nächste Übergabe steht bald an.
Betritt man die Darmstädter Engel-Apotheke, fällt einem sofort die an der Wand befestigte historische Engel-Figur mit dem Familienwappen auf, darunter hängen Fotos aus der Gründungszeit und vom Gründer selbst: Friedrich Jakob Merck. Die in eine Sitzgruppe in der Offizin eingebundenen Fotos erinnern an die 350 Jahre lange Geschichte der größten Apotheke in Darmstadt. Friedrich Jakob Merck hatte 1668 mit der Übernahme der zweiten Hofapotheke die Keimzelle für den gleichnamigen Pharma- und Chemiekonzern gelegt. Der Dreißigjährige Krieg war da erst 20 Jahre vorüber.
Heute steht die Engel-Apotheke im Merck-Haus am Luisenplatz im Darmstädter Zentrum. Sie ist nach wie vor in der Hand der Familie, so wie der Merck-Konzern selbst. Inhaberin Renate Koehler, eine Nachfahrin von Friedrich Jakob in elfter Generation, plant schon die Nachfolge: „Es ist moralisch eine wichtige Sache, dass es in der Familie bleibt.“ Nicht für Koehler, sondern für den gesamten Konzern ist es ein besonderes Firmenjubiläum: Man sieht die Feierlichkeiten auch nicht nur vor der Zentrale. Am heutigen Donnerstag waren beispielsweise Bundeskanzlerin Angela Merkel und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) zu Besuch in Darmstadt. Kein Wunder: Merck ist inzwischen ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor für Deutschland. Schließlich beschäftigt der Konzern rund 50.000 Mitarbeiter und setzte zuletzt rund 15 Milliarden Euro um.
Etwa 70 Prozent in Familienbesitz
Trotz dieser großen Zahlen spielt Tradition in Darmstadt eine besondere Rolle. Seit 1668 hat die Firma viel überstanden, nicht zuletzt zwei Weltkriege. Merck liegt mit gut 70 Prozent der Aktien immer noch in Besitz der Familie. Über die E. Merck Kommanditgesellschaft kontrolliert sie den Konzern. Damit ist Merck im Leitindex Dax ein Sonderfall. Um die 266 Familienmitglieder weltweit zusammenzuhalten, pflegt Oberhaupt Frank Stangenberg-Haverkamp Netzwerke. Schon mit 15 Jahren werden Merck-Sprösslinge ans Unternehmen herangeführt mit dem Ziel, es „in einem möglichst besseren Zustand“ weiterzugeben.
Der Wandel von der kleinen Apotheke zum forschenden Industrieunternehmen habe sich mit dem wissenschaftlich gebildeten Emanuel Merck vollzogen, sagt Merck-Historikerin Sabine Bernschneider. Er legte 1827 für Ärzte, Chemiker und Apotheker eine Sammlung hochreiner Pflanzen-Alkaloide an - Naturstoff-Verbindungen mit medizinischer Wirkung. Sein Ziel: „Sie mit wenigen Kosten in den Stand (zu) setzen, Versuche anzustellen.“ Um die Firma abzusichern, gründete Emanuel Merck mit seinen Söhnen 1850 die Gemeinschafts-Sozietät E. Merck mit mehreren Teilhabern – „im richtigen Moment die richtige Geschäftsidee“, so Bernschneider. Als Kaufmann, Apotheker und Chemiker führten die drei Brüder Merck gemeinsam. Schnell folgte die Expansion über Deutschland hinaus.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.