HIV / PrEP

Schweizer wollen Truvada-Generika aus Deutschland

Stuttgart - 04.05.2018, 11:05 Uhr

Die Generika von Ratiopharm und Aliud (keine PrEP-Indikation) gibt es für rund 70 Euro in Deutschland. Eine spezielle Kooperation besteht mit Hexal. In der Schweiz erfolgt HIV-Prophylaxe off-Label. (Foto: mbruxelle / stock.adobe.com) 

Die Generika von Ratiopharm und Aliud (keine PrEP-Indikation) gibt es für rund 70 Euro in Deutschland. Eine spezielle Kooperation besteht mit Hexal. In der Schweiz erfolgt HIV-Prophylaxe off-Label. (Foto: mbruxelle / stock.adobe.com) 


Ein Schweizer Apotheker will einen ungewöhnlichen Weg gehen

Die Limmattaler Zeitung aus der Schweiz berichtete vergangenen Mittwoch darüber, dass die Bellevue-Apotheke aus Zürich plant, deutsche Truvada-Generika zu importieren. Roman Schmid, der Inhaber der Bellevue-Apotheke, hält laut Limmattaler Zeitung die Situation in der Schweiz bezüglich der PrEP für „unhaltbar“. Viele könnten sich das Originalpräparat schlicht nicht leisten und seien gezwungen, Generika aus dem Ausland zu bestellen. 

Auch die Aids-Hilfe Schweiz verweist auf ihrer Internetseite auf die Bestellung im Ausland: „Adressen für die Bestellung von PrEP-Medikamenten im Ausland finden sich auf  myprep.ch.“ (Screenshot)

Schmid kündigte an, nun selbst importieren zu wollen: 


Da der Patentschutz von Truvada nur in der Europäischen Union, aber nicht in der Schweiz abgelaufen ist, bemühen wir uns derzeit, entsprechende Generika von Deutschland in die Schweiz zu importieren.

Roman Schmid, Inhaber der Bellevue-Apotheke aus Zürich, gegenüber der Limmattaler Zeitung


Er hoffe, in den kommenden Wochen in seiner Apotheke ein entsprechendes Generikum anbieten zu können.

Es ist allerdings von einem „offenen Streit“ die Rede. Der bezieht sich auf eine Reaktion des Apothekers Yves Platel von der Bahnhof-Apotheke im Hauptbahnhof Zürich: Er hegt Zweifel, ob das Vorhaben seines Kollegen rechtskonform ist. Denn wie in Deutschland dürfen auch Schweizer Apotheken nur im Einzelfall importieren, wenn kein vergleichbares Arzneimittel in der Schweiz verfügbar ist. Für einen Parallelimport brauche es eine Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit. Er bezeichnet es als „illegal“, wenn Apotheken aufgrund von Preisvergünstigungen Truvada-Generika in die Schweiz importieren.

Schmid hält dagegen: Wer so argumentiere sei ein „Apparatschik“ (Duden: „Funktionär im Staats- und Parteiapparat totalitärer Staaten des Ostens, der Weisungen und Maßnahmen bürokratisch durchzusetzen sucht“). Er gehe lieber ungewöhnliche Wege, wenn er so Menschen helfen könne.

Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic wollte sich zum konkreten Fall gegenüber der Limmattaler Zeitung nicht äußern, weil es sich nur um eine Absichtserklärung des Apothekers handle. Auch gegenüber DAZ.online hat Swissmedic die Sache bislang nicht kommentiert 

Einfach im Internet aus Deutschland bestellen?

Wer als Schweizer Betroffener im Internet nach einem Weg sucht, PrEP-Arzneimittel zu bestellen, der wird, neben den Seiten der Schweizer Aids-Hilfe, an vielen Stellen fündig. Auf Nachfrage von DAZ.online bestätigt ein Sprecher der Aids-Hilfe schriftlich, dass ein privater Monatsbedarf von Schweizern aus dem Ausland importiert werden kann. Ob deutsche Online-Apotheken in die Schweiz liefern oder nicht, konnte er aber „abschließend nicht sagen“. Bekannt sei, dass einige Apotheker das Generikum von Ratiopharm aus Deutschland importieren und als PrEP an Kunden weitergeben. Möglich sei das, da das Produkt von Ratiopharm laktosefrei (Truvada ist dies nicht) sei und somit für Menschen mit Unverträglichkeiten geeignet. Deshalb sei es erlaubt, das Generikum zu importieren. Wie viele Schweizer Apotheker das Generikum momentan importieren, ist dem Sprecher jedoch nicht bekannt. 

Das Schweizerische Heilmittelinstiut rät grundsätzlich vom Bezug von Arzneimitteln aus dem Internet ab: „Ausnahmen bilden selbstverständlich Schweizer Versandapotheken mit entsprechender kantonaler Bewilligung für den Versandhandel. Hierbei muss beachtet werden, dass für jede Arzneimittelbestellung ein ärztliches Rezept vorgelegt werden muss.“ Eine Privatperson darf nur für sich selbst, aber nicht für Dritte Arzneimittel in der Größenordnung eines Monatsbedarfs importieren. Wird dieser überschritten, ist die Einfuhr verboten, und die Sendung wird am Zoll festgehalten und Swissmedic übergeben. Eigentlich sei diese Gesetzesbestimmung aber für Touristen und nicht für den Internethandel gedacht. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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