Landespharmazierätin Spading

Fünf typische Fallstricke beim Cannabisrezept

Berlin - 08.05.2018, 17:00 Uhr

Wenn auf dem Rezept lediglich „10 g Cannabisblüten“ steht, reicht das für eine Belieferung nicht aus. (Foto: Mitch / stock.adobe.com)

Wenn auf dem Rezept lediglich „10 g Cannabisblüten“ steht, reicht das für eine Belieferung nicht aus. (Foto: Mitch / stock.adobe.com)


„Hier riecht es aber nach Kifferbude“ – die organoleptische Prüfung von Cannabisblüten in der Apotheke erledigt sich von selbst. Kniffliger ist die korrekte Belieferung eines Cannabisrezepts. Landespharmazierätin Grit Spading erklärte am vergangenen Samstag in Potsdam, worauf Apotheker beim Cannabisrezept unbedingt achten sollten.

Genau hinschauen beim Cannabisrezept, empfiehlt Landespharmazierätin Spading. (Foto: LAK Brandenburg)

„Wenn mir jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, dass es Cannabisblüten mal auf Rezept gibt, hätte ich das nicht geglaubt“, erklärte die Landespharmazierätin von Schleswig-Holstein, Grit Spading, vergangenen Samstag in Potsdam. Auch wenn Spading die Anwendung von Hanfblüten als pharmazeutischen Rückschritt betrachtet, führte sie bei einer Fortbildung zum Gefahrstoffrecht rund 90 Apotheker äußerst kurzweilig durch die „Dos und Don'ts“ bei medizinischem Cannabis in der Apotheke.

Checkliste für das Cannabisrezept

Aus Ihrer Erfahrung schlägt der Fehlerteufel bereits bei der Ausstellung des Rezeptes zu. Apotheker sollten dabei vor allem auf die folgenden fünf Punkte achten.

1. Höchstmengen? Nach der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung dürfen Ärzte innerhalb von 30 Tagen maximal 100 Gramm Cannabisblüten verschreiben. Bei der Verordnung von Cannabisextrakt-Zubereitungen darf die enthaltene Menge 1 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) nicht überschreiten. Für Dronabinol liegt die Grenze bei 500 Milligramm. Wichtig: Gemeint ist der Verordnungszeitraum und nicht die geplante Reichweite. Überschreitet der Arzt die Höchstmenge, muss er das Rezept mit „A“ kennzeichnen. Das gilt auch für Folgeverordnungen innerhalb der 30 Tage.  

2. Blütensorte? Wenn auf dem Rezept lediglich „10 g Cannabisblüten“ steht, reicht das für eine Belieferung nicht aus. Der Arzt muss die Blütensorte nennen, etwa „Cannabis flos Sorte Bedrocan 15g“. Sollte beispielsweise Bedrocan mal wieder nicht lieferbar sein, darf der Apotheker die Blütensorte nicht austauschen – auch nicht nach Rücksprache mit dem Arzt. Um die Sorte zu wechseln, benötigt der Patient ein neues Rezept. Das ergibt auch Sinn, denn die Blütensorten unterscheiden sich deutlich in ihrem Wirkstoffgehalt. So steckt etwa in Bedrocan 22 Prozent THC und bis zu 1 Prozent Cannabidiol (CBD). Dagegen enthält die kanadische Variante „Peace Naturals 10/10“ 10 Prozent THC und 10 Prozent CBD.

3. Ausstellungsdatum? Der Patient muss das Rezept innerhalb von sieben Tagen vorlegen. Die Belieferung darf auch nach Ablauf der sieben Tage erfolgen – allerdings mit Begründung auf dem Rezept, beispielsweise „Rezeptvorlage am 25.04.2018, aufgrund des Bestellvorganges Abgabe am 02.05.2018“. Zudem rät Spading, die Unterlagen zum Bestellvorgang zu archivieren.  

4. Dosieranleitung? Zusätzlich zu der Angabe der Cannabisblüten und ihrer Sorte muss ein Hinweis zur Dosierung stehen. Sollen die Cannabisblüten in der Apotheke portioniert und für die Vaporisierung zerkleinert werden, müssen die Tagesdosen spezifiziert werden. Bei der Abgabe von unverarbeitetem Medizinalhanf genügt aus Platzgründen auch der Hinweis „gemäß schriftlicher Anweisung“.

5. Kontaktdaten? Das Rezept muss die komplette Anschrift von Patient und Arzt enthalten. Bei den ärztlichen Kontaktdaten muss auch die Telefonnummer dazu, diese darf der Apotheker nach Rücksprache ergänzen. Aus den Arztdaten muss klar hervorgehen, dass es sich um einen Humanmediziner handelt durch eine Beschreibung wie etwa „Facharzt für Allgemeinmedizin“. Ein einfaches „Dr.“ genügt nicht, da es sich theoretisch auch um einen Zahn- oder Tierarzt handeln könnte.  Schließlich muss der Arzt auf allen Teilen des BtM-Rezeptes unterschrieben haben.

Cannabis-Arbeitsplatz

Auch wenn es zeitraubend ist: Die Identitätsprüfung muss monographiekonform erfolgen, auch wenn dies eine Dünnschichtchromatographie mit sich bringt. „Es sei denn, Ihr Pharmazierat hat da eigene Kulanzbestimmungen“, sagte Spading augenzwinkernd. In ihrem Bundesland verlaufen die Revisionen diesbezüglich in vielen Fällen entspannt ab. Denn Schleswig-Holstein ist das einzige Land, in dem holländisches Cannabis als Fertigarzneimittel gilt.

Cannabisblüten dürfen keinesfalls am Teedrogen-Arbeitsplatz verarbeitet werden, selbst wenn es sich um eine, seltener vorkommende, Teerezeptur handelt. Da die Apothekenbetriebsordnung keinen separaten Cannabis-Arbeitsplatz vorsieht, bietet sich die Rezeptur für die Verarbeitung von Cannabisblüten an, wenn alle Gerätschaften vorhanden sind.

Medizinalhanf

Cannabis auf Rezept

Anbieter von Laborbedarf wie beispielsweise Wepa bieten zum Zerkleinern der Droge Kräutermühlen an, die in Rahmen der Freizeitanwendung „Grinder“ genannt werden. Für größere Mengen eignet sich ein sogenannter Zauberstab. Vor der Verarbeitung empfiehlt es sich, die Blüten in den Kühlschrank zu legen, damit weniger Stäube entstehen. Nach getaner Arbeit ist der komplette Arbeitsplatz und die verwendeten Laborgeräte gründlich mit Alkoholgemischen zu reinigen, weil die Rückstände lipophil sind. Für den Cannabis-Arbeitsplatz lässt sich die Pharmazierätin gerne die Hygieneanweisung vorzeigen. 

Entnahmesicher lagern

Wer Cannabis vorrätig halten will, muss die Blüten im Tresor lagern. Sativex® auf Vorrat muss in einem abschließbaren Kühlschrank in einem separaten Fach lagern und zwar aufrecht stehend. „Mir ist schon untergekommen, dass das Medikament in einer verschlossenen Geldkassette in den Kühlschrank gestellt wurde – das ist nicht entnahmesicher“, mahnte die Landespharmazierätin.

Erstverordnung? Nach Genehmigung fragen!

Bevor ein Patient mit der Cannabisblüten-Therapie auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse anfangen kann, benötigt er eine Genehmigung. Für den Antrag bei der Kasse ist zwar der verschreibende Arzt verantwortlich. Apotheker sollten beim Patienten bei einer Erstverordnung trotzdem nachfragen, um Diskussionen mit den Kostenträgern zu vermeiden. „Der Retax kommt zuerst bei Ihnen an“, verdeutlichte die Landespharmazierätin.

Eine Genehmigung ist übrigens auch für Cannabis-Fertigarzneimittel erforderlich, die außerhalb ihrer Zulassung verschrieben werden. Bei In-Label-Verordnungen wie beispielsweise Sativex® bei Multipler Sklerose ist keine Genehmigung erforderlich.



Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.