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Medienberichte in Großbritannien
Ketten bremsen unabhängigen Apotheker bei Neueröffnung aus
Seit den heftigen Kürzungen am Apothekenhonorar ist der britische Apothekenmarkt in Bewegung. Dass infolgedessen unrentable Filialen geschlossen werden, gehört zumindest bei der McKesson-Europe-Tochter Lloyds zum „Geschäft“, aber müssen deshalb auch unabhängige Apotheker ausgebremst werden, die diese aus übergeordneten Gründen weiterführen wollen? Hierzu gibt es aktuell ein interessantes Beispiel.
Alleine die fünf größten Kettenunternehmen Boots, Lloydspharmacy, Well, Rowlands und Tesco kontrollieren in Großbritannien etwa 5.700 Apotheken-Standorte, Lloyds knapp 1600 davon. Im Oktober des vergangenen Jahres hatte Lloyds unter dem Druck der Honorarkürzungen im Apothekensektor angekündigt, 190 Standorte abstoßen zu wollen. Man werde versuchen, die Apotheken zu verkaufen, nötigenfalls müsse aber geschlossen werden. Immer wieder tauchten in den britischen Fachmedien in den vergangenen Monaten Meldungen zu kleineren Übernahmen aber auch zu Schließungen von Lloydsapotheken auf, so auch jetzt wieder.
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Konkret
geht es um eine Filiale im englischen Oxford. Im Dezember letzten Jahres hatte das
Unternehmen gegenüber dem Nachrichtenportal „Chemstanddruggist“ (C+D) bestätigt,
dass es seine Niederlassung in der „Blackbird Leys Road 100“ als einen der 190 „wirtschaftlich
nicht lebensfähigen“ Standorte schließen wolle. Taofik Shodunke,
verantwortlicher Apotheker von zwei eigenständigen Apotheken in Oxford, wollte
in die Lücke springen und stellte im Februar einen Antrag auf Wiederöffnung der
Apotheke unter dem Namen „Leys Pharmacy“.Zur Erklärung: In Großbritannien gibt es nur eine eingeschränkte Niederlassungsfreiheit, Übernahmen und Neueröffnungen müssen bewilligt werden und unterliegen einer Bedarfsplanung.
Apotheke war gut frequentiert
Seine Begründung dafür ist einem Schreiben seiner Anwälte zu entnehmen, das C+D zitiert. Die Eröffnung der Apotheke würde die „lebenswichtige Apothekenversorgung“ in der „benachteiligten Gemeinde“ wiederherstellen, in der die Bewohner sich wegen ihres „schlechten Gesundheitszustandes, geringer Mobilität [und] eines geringen Anteils an Autobesitzern nur schwer woanders hinbegeben könnten. Vor ihrer Schließung habe die Lloyds-Apotheke monatlich im Schnitt mehr als 4.000 verschreibungspflichtige Artikel abgegeben. Sie sei gut genutzt worden und habe eine Reihe wertvoller Dienstleistungen erbracht, weiß C+D aus dem Schreiben der Anwälte weiter zu berichten.
Boots, Llyods und Rowlands schießen dagegen
Der unabhängige Apotheker brauchte rechtlichen Beistand für sein Vorhaben, weil gleich drei Apothekenketten Einspruch gegen sein Gesuch erhoben. Folgt man der Berichterstattung zu dem Thema, geht es den Ketten offenbar darum, die durch die Schließung frei werdenden Umsätze selbst zu bekommen. Claire Brittain, die bei Boots die NHS-Verträge managt, teilte laut C+D mit, dass die nächstgelegene Niederlassung von Boots, die eine „halbe Meile" entfernt sei, seit der Schließung der Lloydspharmacy zwar einen Zuwachs an abgegebenen Artikeln vermerkt habe. Man sei jedoch damit nicht ausgelastet und könne auch einen etwaigen weiteren Mehrbedarf befriedigen, behaupte Brittain.
Der Antragsteller habe keine ausschlaggebenden Beweise dafür vorgelegt, dass die beiden bestehenden Apotheken im Greater Leys-Gebiet von Arbeit überwältigt seien. Der Antrag solle abgelehnt werden. Matthew Cox, Manager für NHS-Verträge bei Lloydspharmacy, habe erklärt, dass es für die Bevölkerung in der Umgebung „eine Auswahl von Versorgern und ein umfangreiches Angebot an Öffnungszeiten gebe.“ Auch der NHS-Vertrags-und Politik-Manager Stephen Thomas von Rowlands fordere, dass der Antrag auf Wiedereröffnung der Apotheke „zurückzuweisen sei". Schließlich lasse die Entscheidung von Lloydspharmacy, den Standort aufzugeben, zwangsläufig vermuten, dass es dort keinen Bedarf für eine Apotheke gebe.
Zugang für sozial Schwache sichern
Weiters habe sich der lokale pharmazeutische Ausschuss (LPC) von „Pharmacy Thames Valley“ dazu geäußert. Er vertritt die Interessen der NHS-Vertragsapotheken in Berkshire und Oxfordshire in Belangen der Offizinpharmazie gegenüber dem National Health Service. Zugegebenermaßen liege die nächstgelegene Apotheke zu der ehemaligen Lloydspharmacy-Filiale nur 0,3 Meilen entfernt, aber die „Atmosphäre“ von Blackbird Leys sei anders, habe der PLC betont. In einem Schreiben zu dem Antrag habe die Hauptgeschäftsführerin des LPC Carol Trower außerdem erläutert, dem Antragsteller gehe es um geschützte Gruppen, wie ältere Menschen, Menschen mit schwarzer Hautfarbe oder ethnische Minderheiten, die von einer neuen Apotheke vor Ort profitieren würden. „Der Antragsteller bietet auch Öffnungszeiten in den Abendstunden und am Wochenende an und sorgt damit für einen verbesserten Zugang in einem Gebiet, das der Knotenpunkt der Gemeinde ist“, soll Trower hinzugefügt, andererseits aber auch zugegeben haben, dass ihr seit der Schließung der Apotheke noch keine Beschwerden zu Ohren gekommen seien.
Noch ist das letzte Wort über den Antrag von Taofik Shodunke nicht gesprochen. Ein NHS England-Sprecher soll gegenüber C+D geäußert haben, dass das Antragsverfahren noch mehrere weitere Phasen zu durchlaufen habe, bevor es abgeschlossen werde.
1 Kommentar
So beginnt das Vernichtungsspiel nach bekanntem Spielplan
von Ratatosk am 01.06.2018 um 18:22 Uhr
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