Prozess gegen Apotheker Peter S.

Gutachterin bemängelt Dokumentation der Zyto-Analysen

Essen - 12.06.2018, 10:10 Uhr

Eine Sachverständige stellt im Prozess gegen den Zyto-Apotheker Peter S. die Qualität der Zyto-Analysen in Frage. (Foto: HFD)

Eine Sachverständige stellt im Prozess gegen den Zyto-Apotheker Peter S. die Qualität der Zyto-Analysen in Frage. (Foto: HFD)


Im Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. moniert eine Sachverständige mögliche Fehler in Analysen von staatlichen Untersuchungsbehörden. Die Verteidigung beantragte am gestrigen Montag, den Prozess um drei Wochen auszusetzen: Sie will sich besser auf die Befragung eines psychiatrischen Sachverständigen vorbereiten, der die Schuldfähigkeit von S. geprüft hat. 

Im Prozess beim Landgericht Essen geht es in Sachen des Skandals um womöglich unterdosierte Krebsmittel weiterhin insbesondere um zwei Fragen: Wie zuverlässig sind Analysen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und des Landeszentrums Gesundheit (LZG) in Nordrhein-Westfalen, mittels derer teils starke Unterdosierungen festgestellt wurden. Und: Inwiefern ist der Zyto-Apotheker Peter S. schuldfähig? Am gestrigen Verhandlungstag wurde beides zum Thema.

Bottroper Zyto-Skandal

Unterdosierte Zytostatika

Bottroper Zyto-Skandal

Geladen hatte das Gericht erneut eine Mitarbeiterin des Pharmakologen und Doping-Experten Fritz Sörgel, der in einem Gutachten insbesondere die Dokumentation von Wirkstoff-Analysen kritisiert hatte. LZG und PEI hatten in vielen bei einer Razzia sichergestellten Proben teils erhebliche Unterdosierungen festgestellt. Doch laut Sörgel und seiner Mitarbeiterin Martina K., die Sörgels Labor leitet, haben sich die Behörden zu viele Fehler erlaubt. Geladen waren auch LZG-Laborleiter Christoph Luchte sowie der Bereichsleiter Arzneimittel Matthias Heuermann.

Wie gut waren die Analysen der Zubereitungen?

Wie schon bei einer früheren Befragung kritisierte K. unter anderem nicht nachvollziehbare Korrekturen, wie das Recherchenetzwerk Correctiv berichtet: Änderungen seien nicht immer mit Initialen und Datum vermerkt, teils sei die ursprüngliche Information nicht mehr lesbar. Auch bemängelte sie nicht gekennzeichnete Kopien – oder dass Schulungsunterlagen und Qualifikationsnachweise bei zwei PEI-Mitarbeitern erst nachträglich ausgestellt wurden.

Einige Kritikpunkte in Sachen des LZG wurden noch im Gerichtssaal entkräftet. K. bemängelte, dass ein Protokoll des Probentransports in unterschiedlichen Farben ausgefüllt ist – Luchte erklärte, er habe es mit zwei verschiedenen Kugelschreibern ausgefüllt. Zu einer Eintragung, für die es laut K. es keine Rohdaten gebe, zeigte der LZG-Mitarbeiter am Richtertisch, wo sich der entsprechende Eintrag befindet.

„Kein Vertrauen in das durchgeführte System“

K. zog dennoch die Ergebnisse in Zweifel – auch da Geräte zur Analyse verwendet wurden, für die eine Funktionsprüfung ausstand. Heuermann erklärte er habe Mitarbeiter mündlich hierzu angewiesen, doch K. reichte dies nicht. „Was nicht dokumentiert ist, wurde nicht gemacht“, erklärte sie laut „Correctiv“. Die LZG-Mitarbeiter gestanden zwar Fehler ein, doch argumentierten sie, dass diese keine Auswirkungen auf die Untersuchungsergebnisse hätten. In Bezug auf die Dokumentation des PEI sagte K., sie habe „kein Vertrauen in das durchgeführte System“. Sie verneinte jedoch die Frage der Verteidigung, ob sie Hinweise darauf habe, dass Dokumente nach Anklageerhebung verändert wurden.

Für den morgigen Mittwoch ist die Vorstellung des psychiatrischen Gutachters zur Schuldfähigkeit von Peter S. geplant. Aufgrund einer Kopfverletzung vor gut zehn Jahren hatte die Verteidigung in Frage gestellt, ob der Apotheker sich der Folgen möglicher Taten bewusst ist. Hierzu hatte der Sachverständige Boris Schiffer mehrere Mitarbeiter und Freunde vor Gericht befragt, ob sie Verhaltensänderungen festgestellt hätten – doch abgesehen von Kopfschmerzen und Einschränkungen im Geruchs- und Geschmackssinn gab es wenige Indizien hierfür.

Offenbar ist das Gutachten nicht im Sinne der Verteidigung ausgefallen: Sie beantragte, die Verhandlung für drei Wochen zu unterbrechen, damit sie sich auf die Befragung des Sachverständiges zum Gutachten vorbereiten kann. Die Nebenklagevertreter sowie der Staatsanwalt lehnten den Antrag ab. Der Vorsitzende Richter Johannes Hidding will bis Mittwoch über den Antrag entscheiden.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.