AVIE-Positionspapier

Rabatte und Versandhandel „nicht wünschenswert“

Stuttgart - 28.06.2018, 13:45 Uhr

Jörg
Geller (li.), stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kohl Medical AG, und
AVIE-Geschäftsführer Dominik Klahn melden sich mit einem Positionspapier zu
Wort. (Foto: Avie)

Jörg Geller (li.), stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kohl Medical AG, und AVIE-Geschäftsführer Dominik Klahn melden sich mit einem Positionspapier zu Wort. (Foto: Avie)


OTC-Preisbindung gefordert

Vor 2004 gab es bekanntlich auch die Arzneimittelpreisbindung für OTC-Präparate. Auch hier spricht sich AVIE für eine Wiedereinführung aus, denn: „Das ist sachgerecht und entspräche vergleichbaren Regelungen im Buchhandel. […]Denn auch OTC-Arzneimittel sind – im Bilde gesprochen – keine Bonbons, deren Konsum allein vom Preis abhängen darf.“ Mit den aufschlagsbezogenen Vergütungen im Rx-Bereich und den festen Preisen bei OTC-Arzneimitteln wären Rabatte und Bonifizierungen der Kunden unmöglich. „Dies träfe zwar die Versandapotheken, wäre letztendlich aber eine Maßnahme im Sinne der Verbraucher.“

Den für OTC-Arzneimittel existierenden Beratungsbedarf könnten Versandhändler laut AVIE deshalb nur schwer gewährleisten, da sie einen preisorientierten Wettbewerb betreiben würden. „Bereits aus diesem Grund ist der Versandhandel mit Arzneimitteln keine wünschenswerte Versorgungsform.“ Dagegen müsste die Zukunftsfähigkeit der inhabergeführten Apotheken für die wohnortnahe und bedarfsorientierte Versorgung gestärkt noch weiter gestärkt.

Avie: Rx-Versandverbot ist schwer zu verkaufen

Ob AVIE damit die ABDA-Forderung nach einem Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel sogar noch zu übertreffen versucht und am liebsten auch den Versand von OTC-Präparaten verbieten lassen würde, geht aus dem Positionspapier nicht klar hervor. Weiter heißt es nämlich, dass man beim Rx-Versandverbot in Folge des EuGH-Urteils ein „Abrücken der Entscheidungsträger von den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag“ beobachte und den Weg als rechtlich schwierig ansieht. Außerdem sei ein Rx-Versandverbot „dem Endverbraucher im Zeitalter der Digitalisierung politisch kaum noch zu verkaufen“.

Vielmehr weist AVIE auf den Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung zwischen dem GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) hin: „Ohne den Beitritt zum Rahmenvertrag wären ausländische Versandapotheken gezwungen, mit jeder Krankenkasse Einzelverträge auszuhandeln. Zum Preis von mitunter hohen Preisnachlässen zugunsten der Krankenkassen. Dem Bundesrahmenvertrag beizutreten und dennoch Boni an Kunden zu gewähren, ist ‚Rosinenpickerei‘.“ Aufgrund des Sachleistungsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung würden Boni-Zahlungen an einzelne Versicherte das Solidarsystem unterminieren. Auch bei der privaten Krankenversicherung ständen die Boni der Versicherung zu.

Warum greifen keine Sanktionen?

Als problematisch sieht AVIE, dass die Partner des Rahmenvertrages die Sanktionsmechanismen nicht gleichberechtigt anwenden können. „Der GKV-SV kann Sanktionen aussprechen, der DAV nicht. Dieser Missstand ist – unabhängig von der Debatte über ein RX-Versandverbot – umgehend zu beheben.“ Daher wird im Positionspapier die Stärkung des Deutschen Apothekerverbands gefordert. Konkret soll der DAV „ausländische Apotheken bei Vertragsbruch zunächst sanktionieren und bei Wiederholungen von dieser Vereinbarung ausschließen können“. Auch im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Verschreibungen (E-Rezept) sieht AVIE in einer weiteren Ausgestaltung und Aufwertung des Rahmenvertrages eine Lösung: „Das freie Apothekenwahlrecht bliebe auf diese Weise in einer über das E-Rezept modernisierten Apothekenklandschaft auch weiterhin erhalten.“ Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes gilt das Zuweisungsverbot nur zwischen inländischen Leistungserbringern, nicht aber für ausländische Arzneimittelversender. „Fernbehandelnde Ärzte könnten E-Rezepte direkt an eine in den Niederlanden ansässige Apotheke übermitteln.“

Zuletzt gehen AVIE und die Kohl Medical AG in ihrem gemeinsamen Positionspapier auf die Großhandelshonorierung ein. Die Kohl Medical AG besitzt mit kohlpharma immerhin Europas größten Arzneimittelimporteur. „Wenig nachvollziehbar" seien die aktuellen Überlegungen des Gesetzgebers, in Folge des Skonto-Urteils vom Oktober 2017 den Fixzuschlag zukünftig nicht mehr rabattierfähig zu machen. Es sei nicht sachgerecht, dass der Fixzuschlag des Großhandels künftig nicht mehr an Apotheken weitergegeben werden dürfe. „Die pharmazeutischen Großhandlungen sind primär multinationale Konzerne, die es nicht nötig haben sollten, sich ihre Marge vom Gesetzgeber schützen zu lassen. Wenn sie entgegen jeder kaufmännischen Vernunft einen ruinösen Wettbewerb untereinander betreiben, führt das letztlich zu einer aus Versorgungssicht unproblematischen Marktbereinigung.“ Apotheker als Musskaufleute sollten in ihren kaufmännischen Handlungsspielräumen eher gestärkt werden. Deshalb sollte der Großhandel seine Fixvergütung in Höhe von 70 Cent an Apotheken weitergeben dürfen. Skonti seien keine Rabatte.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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