Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

01.07.2018, 08:00 Uhr

ABDA im Glück: Der Haushaltsentwurf ist durch. Und klar: Wir machen E-Rezept. Die Telemedizin kann kommen. (Foto: Andi Dalferth)

ABDA im Glück: Der Haushaltsentwurf ist durch. Und klar: Wir machen E-Rezept. Die Telemedizin kann kommen. (Foto: Andi Dalferth)


28. Juni 2018 

Mein liebes Tagebuch, bei allem Wohlwollen für unsere Standesführung: Es ist ein mehr als schwaches Bild, was da bei der Bearbeitung der Anträge des letztjährigen Apothekertags nach nun neun Monaten vorliegt: viele Diskussionen, wenige Inhalte und noch weniger Ergebnisse. Man muss sich das mal vorstellen: Da diskutieren und streiten und ringen rund zwei, drei Tage lang die Delegierten von 17 Bundesländern auf einem Apothekertag über Anträge mit Themen, die, mal allgemein formuliert, der Weiterentwicklung unsers Berufsstands dienen sollen, und was ist dann nach der Behandlung durch die ABDA dabei herausgekommen? Vier Kategorien, die, wie Müller-Bohn in seiner Analyse trefflich beschreibt, an der Grenze zur Satire liegen: das Thema wurde a) gemeinsam mit anderen Organisationen bearbeitet, b) bei einer zuständigen Institution vorgetragen, c) soll bei Gelegenheit vorgetragen werden oder d) wurde intern diskutiert. Inhaltliche Weiterentwicklungen können so gut wie nicht vorgezeigt werden. Die greifbarsten Ergebnisse gab’s noch in der Ausdehnung der Arbeit und der dazugehörigen Personalaufstockung. Mein liebes Tagebuch, Würde ein wirtschaftlich orientierter Betrieb so arbeiten, wäre er schon längst pleite. Aber nicht unsere ABDA – die kann sich mehr Geld einfach so per Zustimmung aller Kammern und Verbände holen. Und das Herzigste: Die Mehrzahl sagt Ja dazu!  


Apothekenkooperationen sind ziemlich aktiv. Der Bundesverband der Deutschen Apothekenkooperationen platzierte in der vergangenen Woche ein Positionspapier in politischen Kreisen, das durchaus Beachtung fand. Die Apothekenkooperation Avie hat nun ebenfalls ein Papier herausgebracht, das Diskussionen auslösen könnte. Kein Wunder mein liebes Tagebuch, wenn unsere große Standesvertretung den Mund nicht mehr aufbekommt, melden sich die anderen umso lauter. Avie fordert beispielsweise die Wiedereinführung der aufschlagsbezogenen Vergütung im Rx-Bereich und die Preisbindung bei OTC-Arzneimitteln. Kann man zwar fordern, dürfte aber wohl aussichtslos sein. 


Das war’s dann also. „Die aufgeregte Phase ist jetzt zu Ende“ – sagte der ABDA-Präsident nach der Mitgliederversammlung, nachdem die Mehrheit dem umstrittenen ABDA-Haushaltsentwurf  zugestimmt hatte. Puh, schwitz - das hätten wir im Kasten. Endlich wieder mehr Geld (über eine halbe Million Euro) für mehr Personal, fürs neue Häuschen und ein neues Datenpanel. Wie nett. Etwa drei, vier aufrührerische Kammern hatten wohl in der erstmals geheimen Abstimmung gegen den Haushaltsentwurf gestimmt, aber irgendwie war der Rest ordentlich auf Spur gebracht worden. Mein liebes Tagebuch, wenn das also schon die „aufgeregte Phase“ war, die jetzt zu Ende geht, was kommt dann jetzt? Die somnambule Phase? Bei der man es sich bei Mondschein und Häppchen gut gehen lässt? Also mal ehrlich, man könnte meinen, irgendwie ist diese ABDA kein so rechter streitbarer und diskussionsfreudiger Haufen – die meisten der ABDA-Mitglieder sind auf Linie gebracht und glatt gebürstet. Kein Wunder, wenn wir in der wirklichen Welt als Apothekerzunft mit Wagenburgmentalität  und ohne Ideen abgekanzelt werden. Wo sind die frischen Ideen, wo ist die neue Denke, die uns ins digitale Zeitalter führt?


Weil wir gerade bei Zukunftsgedanken sind: Amazon hat’s gemacht! Was Insider schon seit einiger Zeit vermuteten, hat der Logistik- und Versandkonzern in den USA in die Tat umgesetzt: Amazon ist ins Arzneimittelgeschäft eingestiegen. Der Logistiker teilte mit, die US-Versandapotheke Pillpack zu übernehmen. Mein liebes Tagebuch, klar, noch spielt sich das Szenario auf dem US-Markt ab – aber in vier, fünf Jahren? Amazon ante portas! Auch in Deutschland? Pillpack will den Markt umkrempeln. Manche sehen in diesem Deal sogar den ersten Schritt, dass Amazon auch Apotheke werden will. Der Slogan von PillPack: „Today’s pharmacy is a pain. PillPack is a service that saves you time, headache, and hassle.“ Und uns bereitet er Kopfschmerzen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

und ewig grüßt das Murmeltier ...

von Alfons Neumann am 02.07.2018 um 1:55 Uhr

zwar machen einige Kammern/Verbände vorab ´nen großen Larry, was den ABDA-Haushalt angeht, aber letztendlich machen sich doch fast alle zum Komplizen für den ABDA-Selbstbedienungsladen - es folgt wie immer gehorsamts Zustimmung. Dabei wäre es angesichts der "brennenden Hütte" spätestens jetzt an der Zeit gewesen, Grenzen aufzuzeigen - ABDA-Erolgsbilanz ist nämlich seit Jahren äußerst mau, Vergütungen/Einkommen steigen (seit Jahren schon) nicht entsprechend !

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Zur allgemeinen Schweigsamkeit:

von Christian Giese am 01.07.2018 um 9:12 Uhr

Es ist wie in der Altenpflege,
diejenigen, die politisch Vertretung, Wertschätzung und Respekt am Nötigsten hätten, eben diese nehmen Vertretung und demokratische Äusserungsmöglichkeiten am wenigsten hörbar in Anspruch.
Vermutlich ist Altenpflege und ABDA-Mitgliederversammlung was Synonymes.

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Aufgeregtes Schweigen

von Ulrich Ströh am 01.07.2018 um 8:37 Uhr

Stimmt ,lieber Herr Ditzel,der Deal liegt für September schon auf dem Teller:

Rx Versand aus dem Ausland wird bleiben und die Rx-Preisbindung ebenso.Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern in Berlin...
Ob gut oder schlecht,muß sich zeigen!

Die aufgeregte Phase ist ja jetzt zu Ende.
Es erklärt nicht das Schweigen gegenüber der Berufsöffentlichkeit.

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