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Konsumentenschützer
Wiener Apotheken nach Testkäufen schlecht bewertet
Die Apotheken in der österreichischen Hauptstadt sind ins Fadenkreuz von Konsumentenschützern geraten und kommen dabei mit ihrer Beratung sehr schlecht weg. Die Apothekerkammer Wien will das nicht auf sich sitzen lassen und weist die Kritik mit Nachdruck zurück.
Österreichische Verbraucherschützer des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) haben die Beratung zu Schlafstörungen in Wiener Apotheken unter die Lupe genommen. Dazu schickten sie zwei Testpersonen, eine jüngere und eine ältere, in 19 öffentliche Apotheken. Die Tester gaben in der Offizin lediglich an, dass sie in letzter Zeit schlecht schliefen und wollten wissen, was sie dagegen tun könnten. In einem Gedächtnisprotokoll unmittelbar im Anschluss an den jeweiligen Apothekenbesuch hielten sie dann anhand eines Bewertungsbogens fest, welche Erfahrungen sie hinsichtlich der Beratung gemacht hatten.
Wie hätte die Beratung laufen sollen?
Dabei hatten sie einen bestimmten Erwartungskatalog vor Augen: So sollte das Apothekenpersonal ihrer Meinung nach fragen, um welche Störung es sich handelt (Einschlaf-Durchschlafstörungen, frühes Aufwachen), wie lange die Schlafstörung besteht, wie oft sie auftritt und ob die Schlafstörungen Auswirkungen auf den Tag haben. Da auch Medikamente und Erkrankungen den Schlaf beeinflussen können, wurde auch hierzu eine Nachfrage erwartet. Ein weiteres Kriterium war, ob den Testkunden Tipps gegeben wurden, wie sie die Schlafqualität verbessern können ebenso wie der Rat, bei Fortbestehen der Beschwerden ein Arzt zu konsultieren.
Zusätzlich wurde erfasst, wie viele Kunden und wie viel Personal in der Apotheke anwesend waren, wie lange sie warten mussten und wie lange die Beratungszeit dauerte. Außerdem wurden die Freundlichkeit des Personals, das Ambiente in der Apotheke und die Sauberkeit im Raum beurteilt, und es wurde dokumentiert, ob die Möglichkeit zu einem diskreten Gespräch bestand. Diese Punkte gingen allerdings nach Angaben des VKI nicht in die Bewertung ein.
Und wie lief die Bewertung?
Das „ernüchternde Ergebnis“ ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Konsument“ des VKI nachzulesen. Dort sind die 19 besuchten Apotheken in der österreichischen Hauptstadt übrigens namentlich aufgelistet, und die individuellen Beurteilungen werden mit den Einzelkriterien in einer großen Tabelle schonungslos im Detail transparent gemacht. Nur in wenigen Fällen sei nachgefragt worden, seit wann die Schlafstörungen bestehen, wie oft sie auftreten, ob Erkrankungen vorliegen oder ob bereits versucht wurde, dagegen etwas zu unternehmen, bemängelt der VKI. Tipps, was man sonst gegen die Schlafstörungen unternehmen könnte, außer Schlaftabletten einzunehmen, seien so gut wie nicht gekommen. Lediglich bei drei Beratungsgesprächen sei der Rat erteilt worden, einen Arzt zu konsultieren, wenn die Beschwerden weiter bestehen. Unabhängig davon, ob sich noch andere Kunden in der Apotheke aufhielten oder nicht, sei der direkte Kundenkontakt im Schnitt binnen drei Minuten abgeschlossen gewesen. In fast allen Apotheken bekamen die Tester Medikamente bzw. Nahrungsergänzungsmittel verkauft. In der Gesamtschau hätten 16 Apotheken ihre Sache so schlecht gemacht, dass man dafür nur das Testurteil „nicht zufriedenstellend“ habe vergeben können. In den drei restlichen Apotheken seien den Testpersonen immerhin einige wenige Fragen gestellt worden. Diese hätten ein „weniger zufriedenstellend“ erhalten.
Wollen die Kunden wirklich beraten werden?
Die Verbraucherschützer haben alle getesteten Apotheken im Nachgang angeschrieben, damit sie sich zu ihrer Beurteilung äußern können. Elf haben davon Gebrauch gemacht. Die Stellungnahmen sind in der Zeitschrift abgedruckt. Einige reagieren mit Unverständnis. Überwiegend herrscht allerdings Einsicht, und es wird Besserung gelobt. Man nehme den Beratungsauftrag ernst und strenge sich an, seine wissenschaftliche Kompetenz in Fortbildungen und Schulungen zu vertiefen, so der Grundtenor. Aber es gibt auch Gegenwehr, so in dieser Stellungnahme: „Eine Besprechung der individuellen Schlafsituation oder allgemeine Tipps zu einer gesunden Lebensführung bieten wir jenen Kunden sehr gerne an, die uns klar zu erkennen geben, dass dies erwünscht ist.“ Oder in ähnlicher Form: „Wir haben auch immer wieder festgestellt, dass bei unserem gut informierten Stadtpublikum allzu viele Nachfragen, Ratschläge und Empfehlungen als penetrant und anmaßend empfunden werden können und wir erwarten daher eher eine aktive Anfrage oder das Ersuchen um Beratung, …“. Außerdem werden Gründe wie Arbeitsüberlastung und hohe Kundenfrequenz als Entschuldigung angeführt.
„Berufsstand zu Unrecht schlechtgeredet“
Für den Präsidenten der Apothekerkammer Wien Philipp Saiko steht das Testergebnis auf „sehr wackeligen Beinen“, schreibt der „Kurier“. Seine Kritik richte sich vor allem auf den „mangelhaften Fragenkatalog“. Die Beurteilung soll sich auch danach gerichtet haben, ob der Apotheker die Frage nach der ausreichenden Verdunkelung des Schlafraumes stellt oder sich erkundigt, ob der vermeintliche Kunde am Abend viel trinken würde. „Diese Fragen wurden tatsächlich in den meisten Fällen nicht gestellt", habe Saiko zugestanden und dafür die folgende Erklärung gegeben: „Apotheker sind akademisch ausgebildete Fachkräfte. Automatisch Fragen etwa nach der jeweiligen Matratzenhärte zu stellen, entspricht nicht ihrer primären Expertise."
Den Apothekern dies anzulasten, zeugt für Saiko von einer „inhaltlich unprofessionellen Herangehensweise an die Problematik“. Damit werde ein ganzer Berufsstand zu Unrecht schlechtgeredet, so sein Vorwurf an die Konsumentenschützer, wogegen er sich naturgemäß verwahren wolle.
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