Reaktion auf Wettbewerbsgutachten

Schmidt ärgert sich über „Ideologie“ der Monopolkommission

Berlin - 04.07.2018, 16:45 Uhr

Zum Vergessen: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt meint, dass die Monopolkommission aus ideologischen Gründen den Apothekenmarkt deregulieren will. (c / Foto: Imago)

Zum Vergessen: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt meint, dass die Monopolkommission aus ideologischen Gründen den Apothekenmarkt deregulieren will. (c / Foto: Imago)


Schon wieder muss sich die ABDA gegen ein umfangreiches Gutachten zur Deregulierung des Apothekenmarktes wehren: Nach dem Honorargutachten der Agentur 2HM, ist es nun die Monopolkommission, die einen Teil des Apothekenhonorars für den Wettbewerb freigeben und Versorgungslücken mit Versendern stopfen will. Die ABDA empört das. In einer Pressemitteilung fragt sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt: „Ist das die Expertise, die wir brauchen?“

Das Wettbewerbsgutachten der Monopolkommission erregt derzeit die Gemüter vieler Apotheker. In ihrem Hauptgutachten hatten die Wettbewerbshüter die Arzneimittelpreisverordnung zu einem der Hauptthemen gemacht. Sie fordern, dass nur noch ein Teil des Fixhonorars wirklich festgeschrieben bleibt, der Rest der Marge soll für Rabatte freigegeben werden. Was die Apothekenstruktur betrifft, setzt die Monopolkommission auf den Versandhandel: Die Experten meinen, dass die Versender helfen können, die ausgedünnte Landversorgung sicherzustellen, etwa durch Arzneimittelautomaten.

Die ABDA hat kein Verständnis für diese Forderungen und Aussagen. In einer Mitteilung erklärt die Standesvertretung der Apotheker, dass die Kommission sich selbst widerspricht. Denn: Einerseits stelle sie richtigerweise fest, dass die Arzneimittelversorgung gut funktioniert. Gleichzeitig wolle sie dieses System aber „aus ideologischen Gründen und im blinden Glauben an eine rein marktwirtschaftliche Lösung zerstören“, so Friedemann Schmidt.

Aus Sicht des ABDA-Präsidenten hätten die Kommissionsvorschläge schwerwiegende Konsequenzen für die Versorgung, wenn sie umgesetzt würden. „Die Vorschläge der Monopolkommission sind nicht zu Ende gedacht und hätten weitreichende, negative Konsequenzen. So würde sich ein starkes Stadt-Land-Gefälle in der Arzneimittelversorgung ergeben. Verlierer wären die Menschen, die nicht in Ballungszentren wohnen, denn sie müssten für ihre Arzneimittel-Versorgung tiefer in die Tasche greifen“, so der ABDA-Präsident.

Monopolkommission führte Gespräche mit ABDA

Auch über die Unterstützung des Versandhandels durch die Kommission ist die ABDA verärgert. Schmidt dazu:


Die Liberalisierung des Versandhandels soll als Lösung für Versorgungsprobleme dienen, die sich ohne ihn erst gar nicht entwickeln. Einerseits warnt die Monopolkommission vor immer ausgeklügelteren Algorithmen, die bei der Preisgestaltung von Online-Diensten eingeführt werden. Sie führen dazu, dass Verbraucher in Situationen, die sie nicht beeinflussen können, mehr bezahlen müssen. Andererseits will die Monopolkommission ausgerechnet im sensiblen Bereich der Gesundheitsversorgung dieser Form von Plattformökonomie extremen Vorschub leisten. Hier widerspricht sich das Gutachten selbst. Ist das die Expertise, die wir brauchen?

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt


Laut Monopolkommission hat während der Erstellung des Gutachtens sogar ein Kontakt mit der ABDA stattgefunden: Im Wettbewerbsgutachten heißt es, dass sich die „federführenden Mitarbeiter des Stabs der Monopolkommission“ im März 2018 mit Vertretern der ABDA, des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) und des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA) getroffen haben. Gesprächsinhalte sollen die Arzneimittelversorgung und das Rx-Versandverbot gewesen sein.

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DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn kommt in einer ersten kommentierenden Analyse über das Wettbewerbsgutachten zu dem Schluss: „‘Wettbewerb‘ steht über dem Gutachten und aus dem Blickwinkel des Wettbewerbs werden die Apotheken gesehen. Die Gutachter erwähnen zwar auch heilberufliche Leistungen der Apotheker und zeigen sich sogar offen für neue Angebote des Medikationsmanagements. Doch sie thematisieren nicht die dadurch verbesserten Therapieerfolge oder die eingesparten Kosten für das Gesundheitswesen, sondern für sie geht es um eine möglichst preisgünstige Finanzierung aller Leistungen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Vor-und Nachteil eines Monopols

von Heiko Barz am 05.07.2018 um 8:44 Uhr

Es gibt keine rationalen Gründe, das monopolähnliche RX Arzneimittelverteilungssystem über die Apotheken aus Gründen marktwirtschaftlicher Betrachtung abzustellen.
Ausschließlich dieses Verteilungssystem bedingt die schnellste und am Besten überwachte Verteilung der Arzneimittel zum Vorteil des Patienten.
Wer behauptet, es gäbe irgendeinen Zipfel unseres Landes, der durch die Vor-Ort Apotheke nicht besser mit der AMversorgung bedient würde als es Versender könnten, der verschließt bewusst die Augen vor der Flexibilität dieser VOApotheken.
Wenn man die Qualität der Arzneimittel (Temperatur, Zeitverzögerung bei Anlieferung und Sicherstellung der Übergabe der AM beim Patienten ) bewertet im Vergleich zum digital glorifizierten Versandhandel, dann kann das nur die "monopolisierte" Arzneimittelbelieferung durch die VOApotheken leisten.
Die totale Freigabe der AMDistribution im RXBerieich führt umgehend zu neuen, dann aber ausschließlich finanzdiktierten und überaus patientenfeindlichen Monopolen.
Wie lese ich in vielen Kommentaren der Kollegen :
Warum muß ein anerkannt leistungsorientiertes und standardisiertes AMVerorgungssystem der Deutschen VOApotheken den labilen und ausschließlich gewinnorientierten Versandstrategen geopfert werden?

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Monopolförderung...

von Pharmi am 05.07.2018 um 1:21 Uhr

Hat die Monopolkommission also noch nicht mitbekommen, dass der Monopol bei otc zu gut 90% Bei 20-30 Versendern liegt (laut bvdva) und auch dass einige wenige Großkonzernversender aktuell etliche "kleinere" Versender aufkaufen? Ist diese Kommission nun dafür da für oder gegen Monopole zu entscheiden? Und nun rät man noch zu Maßnahmen, die einzig und allein jenen Konzernen dient, die eben nicht mit eigenem Geld kalkulieren müssen...

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