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Vorbeugung versus Therapie
FDP fragt nach Kosten-Nutzen-Verhältnis der HIV-PrEP
Die medikamentöse Präexpositionsprophylaxe (PrEP) schützt nachweislich vor Ansteckung mit dem HI-Virus. Ist es sinnvoll, Risikogruppen die antiretrovirale Medikation zur Verfügung zu stellen und wenn ja, zu welchen Bedingungen? Diese und weitere Fragen stellt die FDP-Bundestagsfraktion der Regierung.
Der kluge Mann baut vor, heißt es. Einer HIV-Infektion mit Medikamenten vorbeugen, können allerdings in Deutschland nur diejenigen, deren finanzielle Mittel dafür ausreichen. Denn die antiretrovirale Wirkstoffkombination aus Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil zur Prophylaxe müssen die Versicherten aus eigener Tasche bezahlen.
Die FDP-Bundestagsfraktion möchte in einer Kleinen Anfrage wissen, ob die Bundesregierung Maßnahmen im Rahmen der PrEP plant. Außerdem fragen die Freien Demokraten, wie viele Menschen von einer HIV-PrEP profitieren würden und was es kosten würde, den Betroffenen die antiretrovirale Medikation zur Verfügung zu stellen.
MSM besonders gefährdet.
Laut der neuen Leitlinie der Aids-Gesellschaften aus Deutschland und Österreich, sind besonders Männer gefährdet sich mit HIV zu infizieren, die Sex mit Männern haben (MSM) sowie Transgender-Personen. Schätzungen des Robert-Koch-Instituts zufolge, haben sich in Deutschland 2016 etwa 3100 Menschen mit dem HI-Virus angesteckt. Davon gehörten 2100 zu der Risikogruppe MSM.
Teure Prophylaxe – teurere Behandlung?
Eine Monatspackung des Originalpräparats Truvada®, das seit knapp zwei Jahren zur PrEP in der EU zugelassen ist, kostet in Deutschland etwa 820 Euro. Ein Jahr später drängten die ersten Generika in den Markt. Zunächst mit nur moderaten Preissenkungen. Vor einem halben Jahr hatte Ratiopharm den Preis der Monatspackung von 550 auf 70 Euro gesenkt. Zudem gibt es die PrEP in bestimmten Apotheken im Rahmen eines Pilotprojektes zu rund 50 Euro im Monat. Für einige Betroffene ist das aber immer noch viel Geld.
Die Krankenkassen übernehmen in Deutschland die Kosten für die Prophylaxe nicht. Erst bei einer nachgewiesenen HIV-Infektion werden die Behandlungskosten übernommen. Die Freien Demokraten erkundigten sich danach, wie hoch die finanziellen Aufwendungen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen im Zeitraum zwischen 2007 und 2017 für die Behandlung von HIV-positiven Patienten waren.
Schinnenburg: „PrEP könnte viel Leid ersparen“
Die Kosten für Prophylaxe und Behandlung sollten sowohl aus ökonomischen als auch aus ethischen Gründen gegenübergestellt werden, findet FDP-Gesundheitspolitiker und Hauptfragesteller Dr. Wieland Schinnenburg. „Wir haben die Vermutung, dass PrEP die Zahl der Infektionen verringert. Das würde viel menschliches Leid verhindern (und die Ansteckung Dritter). Es würde aber wohl auch Kosten senken, da vermutlich die Kosten für PrEP bei Risikogruppen billiger sind als eine jahrzehntelange Therapie von HIV-Infizierten. Dies wollen wir klären, aber auch rechtliche Fragen“, erklärt der Zahnarzt und Rechtsanwalt gegenüber DAZ.online.
Die Freien Demokraten wollen daher wissen, ob die Regierung der Meinung ist, dass der Nutzen der HIV-Prävention die Kosten überwiegt. Hochrechnungen aus verschiedenen Ländern über die Kosteneffizienz der PrEP sind bereits verfügbar und legen ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis nahe. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist jedoch zu berücksichtigen, zu welchen Kosten das Medikament in dem jeweiligen Land erhältlich war und welche Risikoreduktionsraten den Berechnungen zugrunde gelegt wurden.
PrEP: für WHO unentbehrlich, für G-BA nicht erstattungsfähig
Die HIV-PrEP ist hochwirksam und senkte in Studien das Ansteckungsrisiko bei HIV-negativen Personen um 86 Prozent – bei zuverlässiger Adhärenz sogar um 99 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Wirkstoffkombination im Juni 2017 auf die Liste der unentbehrlichen Medikamente aufgenommen. In Frankreich, Norwegen und Schweden übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Die Freien Demokraten erkundigen sich danach, wie die Regierung die Erfahrungen dieser Länder beurteilt.
In Deutschland ist der gemeinsame Bundesausschuss jedoch der Ansicht, dass für die Kostenübernahme der PrEP keine Rechtsgrundlage nach SGB V besteht. Die Liberalen fragen, ob die Bundesregierung die Auffassung des Selbstverwaltungsorgans teile und wie eine entsprechende Rechtsgrundlage aussehen könnte.
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