Großbritannien

Gesundheitsminister will mit Amazon zusammenarbeiten

Berlin - 25.07.2018, 10:15 Uhr

Großbritanniens neuer Gesundheitsminister Matt Hancock will mit dem Amazon-Sprachassistenten Alexa zusammenarbeiten, um unnötige Arztbesuche zu vermeiden. (m / Foto: Imago)

Großbritanniens neuer Gesundheitsminister Matt Hancock will mit dem Amazon-Sprachassistenten Alexa zusammenarbeiten, um unnötige Arztbesuche zu vermeiden. (m / Foto: Imago)


Seit etwa zweieinhalb Wochen hat Großbritannien einen neuen Gesundheitsminister: Matt Hancock von der Conservative Party. In seiner ersten Rede sprach der Politiker über Themen, die auch für Apotheker hierzulande interessant sein dürften. So plant Hancock Investitionen in die Vor-Ort-Apotheken. Gleichzeitig kündigte er eine Kooperation mit dem US-Versandkonzern Amazon an. Patienten sollen NHS-Gesundheitsratschläge über den Amazon-Sprachassistenten Alexa erhalten, anstatt zu häufig zum Arzt zu gehen.

Der 40-jährige Konservative Hancock ist seit 9. Juli 2018 Gesundheitsminister in Großbritannien und hat somit die Aufgabe, die Geschicke des steuerfinanzierten britischen Gesundheitsdienstes NHS zu leiten. Erst im Januar hatte Premierministerin Theresa May Hancock zum Minister für Digitales, Kultur, Sport und Medien gemacht. Kürzlich hatte sich das Personalkarussell in der britischen Regierung jedoch erneut gedreht – Ex-Gesundheitsminister Jeremy Hunt wurde Außenminister, Hancock wechselte vom Kultur- ins Gesundheitsministerium.

In der vergangenen Woche veröffentlichte der neue Minister seine erste Rede, die er in einem Krankenhaus in Südengland hielt. Hancock sprach über seine Prioritäten, die er als Gesundheitsminister setzen wolle. In seiner Rede widmete sich der Konservative insbesondere der Zukunft des NHS, der aufgrund seiner Finanzprobleme in den vergangenen Jahren ständiges Wahlkampfthema war. Hancock kündigte an, dass die steuerlichen Einnahmen des NHS steigen sollen. In den kommenden fünf Jahren solle das Budget des NHS „dank einer starken Wirtschaft“ jährlich um jeweils 3,4 Prozent zunehmen – das entspricht einer Gesamtsteigerung des Haushalts um 20 Milliarden Britische Pfund.

Die drei inhaltlichen Schwerpunkte, die Hancock in seiner Amtszeit setzen will, sind die Arbeitskräfte im NHS, die Technologie und die Prävention. Was die Optimierung der Arbeitskräfte im NHS betrifft, nannte Hancock die Apotheker gleich an mehreren Stellen. Erstens wünscht sich der Minister, dass Apotheker in Arztpraxen eine noch größere Rolle spielen. Zur Erklärung: In den vergangenen Jahren hat der NHS viel in die Spezialausbildung von Apothekern investiert, die nach ihrer Fortbildung gemeinsam mit Ärzten in Arztpraxen arbeiten und dort beispielsweise die Medikation der Patienten managen. Hancock sagte: „Ich möchte mehr Ausbildungen für solche Apotheker sehen, die in Arztpraxen arbeiten und auch mehr sonstige Praxisangestellte, die die Ärzte unterstützen.“

Amazons Alexa statt unnötige Arztbesuche

Schließlich sagte Hancock einen Satz, der die Apotheker im Vereinigten Königreich aufhorchen ließ: „Ich möchte in die Primärversorgung und die Vor-Ort-Apotheken investieren, damit Leute gar nicht erst ins Krankenhaus müssen.“ Das ist ein überraschendes Signal – schließlich hat die britische Regierung das Apothekenhonorar in den vergangenen Jahren so stark zusammengeschrumpft, dass in allen Teilen des Landes Apotheken schließen mussten. Die großen Ketten reagierten teilweise mit Massenschließungen.

Schließlich machte Hancock in seiner Rede aber noch eine weitere Bemerkung, die angesichts des Einstiegs des US-Versandriesen Amazon in den US-Apothekenmarkt, brisant ist. Der neue Gesundheitsminister erklärte, dass sein Ministerium eine Kooperation mit Amazon gestartet habe. Es gehe darum, dass die Gesundheitsinformationen, die Menschen bei Fragen an das Amazon-System „Alexa“ erhalten, verlässliche und NHS-geprüfte Informationen sind. Wörtlich sagte Hancock:


Wir müssen darüber nachdenken, wie Technologie, die viele von uns in ihrem täglichen Leben nutzen, mit den Ressourcen, die wir im Gesundheitssystem haben, zusammengebracht werden kann, um die Versorgung zu verbessern und den Druck auf den NHS zu verringern. Wir arbeiten daher mit Amazon zusammen, damit NHS-Gesundheitsinformationen, die jetzt schon Millionen von Menschen täglich nutzen, über sprachgesteuerte Geräte abrufbar sind. Wenn man Alexa zurzeit zum Beispiel nach Rückenschmerzen fragt, weiß man nicht, aus welcher Quelle die Antwort stammt. Das werden wir ändern, sodass die Gesundheitsinformationen von NHS-Experten kommen. Diese Hilfe soll aber auch über andere Heim-Geräte abrufbar sein. Damit helfen wir Menschen, ihre eigene Versorgung zu regeln. Gerade für Sehbehinderte kann diese Art von Innovation einen Unterschied ausmachen: So können sie vom NHS einfache Ratschläge zuhause erhalten, anstatt einen Face-to-Face-Termin buchen zu müssen.

Großbritanniens Gesundheitsminister Matt Hancock




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Sprachassistent soll britische Patienten beraten

Zusammenarbeit mit Amazon

Eigenmarke „Amazon Choice“ mit Blutzucker- und Blutdruckmessgeräten / Arzneimittelbereich ist im Fokus

Amazon verstärkt Engagement auf US-Gesundheitsmarkt

Amazon bietet in den USA Medikationsmanagement auf Zuruf

„Alexa, meine Medikamente verwalten“

SPD-Politikerin sorgt sich wegen möglichen Einstiegs des Versandhändlers in das Gesundheitswesen

Amazon-Spaltung als Gedankenspiel

1 Kommentar

Digital first - absolutely no regrets

von gabriela aures am 25.07.2018 um 11:11 Uhr

1. Aha, die britische Wirtschaft wird die kommenden Jahre boomen ?
Aus welchem Teesatz hat er das denn gelesen ?

2. die Einladung an Amazon wird zum Tanz auf dem Vulkan für die britischen Kolleginnen.
"Patienten, die DIES gefragt haben, kauften auch.."
Glaubt der Mann wirklich, daß sich Amazon auf die Beratung durch Alexa via NHS beschränkt - oder ist es ihm schlicht egal ? (Ja, schon...)

Wird nicht lange dauern, bis unsere haus- und landeseigenen Digital-Addicts Lindner, Spahn, die GrünInnen und die Pickelcombo der JuLis sich dieser Idee bemächtigen....
Und die ABDA googelt derweilen mal "Alexa" (gibt ja einen namensgleichen Konsumtempel in Berlin) und wundert sich...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.