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Arzneimittel-Skandal
Was wusste das BMG von der Lunapharm-Affäre?
Aus dem Bericht der Lunapharm-Taskforce geht hervor, dass die Brandenburger Behörden schon 2016 Hinweise auf einen Arzneimittel-Skandal hatten, aber wenig unternahmen. Der Bericht enthält aber noch weitere pikante Details: 2017 erfuhr auch das Bundesgesundheitsministerium von den Vorwürfen gegen den Händler. DAZ.online liegt ein Schreiben vor, das zeigt, dass das BMG über den Verdacht des Imports gefälschter Arzneimittel zumindest oberflächlich und auf Arbeitsebene informiert war.
Der Bericht der sogenannten Lunapharm-Taskforce hat es in sich: Sowohl dem Brandenburger Gesundheitsministerium als auch der Arzneimittelaufsicht des Landes werden schwere Vorwürfe gemacht. Obwohl man schon 2016 konkrete Hinweise darauf hatte, dass der Arzneimittelhändler Lunapharm mutmaßlich gefälschte Arzneimittel importierte, passierte wenig bis nichts. Spätestens im März 2017 hätten die Brandenburger aber härter durchgreifen müssen, so die Expertengruppe. Ebenso ist die Rede von mangelnder Fachkenntnis der Behördenmitarbeiter, chronischer Unterbesetzung und schlechter Organisation.
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Doch die von der Taskforce aufgestellte Zeitleiste enthält noch weitere Details darüber, wann welche Institution in den Skandal eingeweiht wurde. Demnach haben das Brandenburger Ministerium und die Behörde im Frühjahr 2017, als der Verdacht auf illegale Geschäfte immer konkreter wurde, auch das Bundesgesundheitsministerium in Kenntnis gesetzt. Konkret ging es um die Frage, ob die griechische Apotheke, mit der Lunapharm jahrelang Geschäfte betrieb, überhaupt eine Großhandelserlaubnis besitzt und somit befähigt ist, mit Apotheken und anderen Arzneimittelhändlern Arzneimittel auszutauschen.
Griechische Apotheke ohne Großhandelslizenz
Zur Erklärung: Die Brandenburger Aufsicht zweifelte daran, dass die griechische Apotheke überhaupt mit Arzneimitteln handeln durfte. Denn Lunapharm hatte der Behörde nur eine griechische Lizenz aus dem Jahr 1981 vorgelegt und in einer EU-Datenbank mit allen eingetragenen europäischen Großhändlern soll die griechische Apotheke nicht als Händler gelistet gewesen sein. Also kontaktierte die Brandenburger Aufsicht zunächst die griechische Arzneimittelbehörde, erhielt aber keine befriedigende Antwort. Also entschied man sich in Brandenburg, das Bundesgesundheitsministerium um Hilfe zu bitten: Das BMG sollte im Auftrag des Brandenburger Gesundheitsministeriums bei den griechischen Behörden nachfragen – so wollte man offenbar den Druck erhöhen, um eine qualifizierte Antwort zu bekommen.
Was genau wusste das damals von Hermann Gröhe (CDU) geführte Ministerium also über den Vorgang? DAZ.online liegt das Schreiben vor, in dem das Brandenburger Ministerium das BMG um Hilfe bittet. Darin werden keine Details aus dem Ermittlungsverfahren preisgegeben. Allerdings wird klar erwähnt, dass es um Ermittlungen wegen des Imports gefälschter Arzneimittel geht. Beispielsweise heißt es in dem Brief: „Im Moment geht es uns um ein Problem mit dem Parallelhändler Lunapharm. Es steht die Frage im Raum, ob diverse medizinische Produkte, mit denen Lunapharm handelt, vom Markt zurückgerufen werden sollen. Wir brauchen dringend eine Klarstellung, dass der Handel mit medizinischen Produkten zwischen der griechischen Apotheke O. und Lunapharm innerhalb der legalen Lieferkette stattfand.“
Im März 2017 war klar: Die griechische Apotheke durfte nicht handeln
Es folgen die beiden Fragen an die griechischen Behörden: Das Brandenburger Ministerium will wissen, ob die Apotheke O. eine Großhandelserlaubnis hat und die von Lunapharm vorgelegten Lizenz-Dokumente verifiziert werden können. Schließlich beschreiben die Brandenburger noch etwas genauer, welcher Verdacht im Raum steht: Man habe im November 2016 eine Untersuchung bei Lunapharm durchgeführt und Dokumente sichergestellt, die einen Handel mit der griechischen Apotheke O. beweisen. Man habe aber keine verifizierbare Großhandelslizenz der Apotheke vorgefunden. Verwiesen wird auch darauf, dass die griechische Arzneimittelbehörde in einem Schreiben mitteilte, dass Apotheken in Griechenland grundsätzlich nicht als Großhändler agieren dürfen. Und weiter: „Deswegen kommen wir zu der Schlussfolgerung, dass alle von der Apotheke O. gesendeten Medikamente gegen existierende gesetzliche Vorschriften gekauft wurden.“ Das bedeutet: Schon im März 2017, als die Brandenburger das BMG kontaktierten, war allen Beteiligten eigentlich klar, dass der Lunapharm-Handel mit Griechenland illegal war.
Was bedeutet das für die Rolle des BMG in der Lunapharm-Affäre? Klar ist: Das BMG war für diesen Fall nicht zuständig. Lunapharm ist in Brandenburg ansässig und somit ist auch die Brandenburger Arzneimittelaufsicht für die Kontrolle, Überwachung und alle Ermittlungen zuständig. Klar ist aber auch, dass zumindest einige wenige BMG-Mitarbeiter zumindest oberflächlich unterrichtet wurden. Und aus den Taskforce-Ermittlungen geht nicht hervor, dass das BMG in Brandenburg in irgendeiner Weise nachgehakt hat oder gefragt hat, warum Lunapharm weiterhin handeln darf, wenn so ein konkreter Verdacht besteht.
BMG-Sprecher: Kontakt fand auf Arbeitsebene statt
DAZ.online hat beim BMG nachgefragt. Ein Sprecher erklärte, dass der Fall lediglich auf Arbeitsebene behandelt wurde: „Auf Arbeitsebene hat der zuständige Referatsleiter im BMG diese [red. Anmerkung: Anfrage aus dem Brandenburger Gesundheitsministerium] weitergeleitet an seine juristische Ansprechpartnerin im griechischen Gesundheitsministerium. Die Anfrage bezog sich darauf, ob die griechische Apotheke legitimiert sei, Arzneimittel an einen Großhändler in Deutschland (Lunapharm) zu verkaufen. Die griechischen Behörden haben trotz nochmaliger Nachfrage nicht auf diese Anfrage reagiert. Dies wurde dem Gesundheitsministerium in Brandenburg so mitgeteilt.“
Wie ging der Fall nach dem BMG-Kontakt in Brandenburg weiter? Laut Taskforce-Bericht gingen zwischen der Brandenburger Aufsichtsbehörde, Lunapharm und der griechischen Aufsichtsbehörde im weiteren Verlauf des März 2017 und des April 2017 noch mehrere Schreiben hin und her. Ende Mai stand für die Brandenburger Aufsicht dann fest: Der Handel mit der griechischen Apotheke O. scheint illegal gewesen zu sein. Die Behörde sprach gegenüber Lunapharm ein Verbot aus, alle Arzneimittel, die von dieser Apotheke bezogen wurden, zu verkaufen. Von einem kompletten Entzug der Betriebserlaubnis war im Jahr 2017 nie die Rede.
2 Kommentare
Weglassen ist schändlich
von Dr. Andreas van de Valk am 30.08.2018 um 21:17 Uhr
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BMG, EOF und EMA, dazu Gebahren von Lunapharma
von Nurmalsoamrande am 30.08.2018 um 8:40 Uhr
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