Ökotest zu Ginkgo und Ginseng

Was hilft bei Gedächtnisschwäche?

Stuttgart - 03.09.2018, 10:15 Uhr

Helfen Ginseng und Ginkgo gegen das Vergessen? Ökotest meint: nein, bis auf ein Apotheken-Arzneimittel. ( r / Foto: quickshooting / stock.adobe.com)

Helfen Ginseng und Ginkgo gegen das Vergessen? Ökotest meint: nein, bis auf ein Apotheken-Arzneimittel. ( r / Foto: quickshooting / stock.adobe.com)


Ginkgo und Ginseng fürs Gedächtnis? „Hirngespinste“, urteilt Ökotest. Nur ein apothekenpflichtiges Arzneimittel ist nach Ansicht der Verbraucherschützer empfehlenswert und die Wirksamkeit durch gute Studien belegt. Ansonsten hat Ökotest ziemlich viel zu monieren.

„Nur ein gutes Mittel mit Ginkgoblätter-Trockenextrakt können wir empfehlen“, schreibt Ökotest in der aktuell erschienenen September-Ausgabe. Eine recht magere Ausbeute, immerhin standen 28 Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf dem Prüfprotokoll der Verbraucherschützer. Zu bemängeln fand Ökotest viel – von unzulässigen Health Claims bei NEM bis hin zu mangelnden Studien bei einigen anderen Präparaten. Wo stehen Tebonin, Gingium und Ginkobil?

Belegte Wirksamkeit bei Tebonin konzent 240 mg

Testsieger ist – mit einer „gut“-Bewertung – Tebonin® konzent® 240 mg. Zu diesem Urteil kommt Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, häufiger Arzneimittelexperte bei Ökotest, von der Universität Frankfurt am Main. Der Professor für Pharmazeutische Chemie begründet seine positive Bewertung des Schwabe-Arzneimittels mit drei methodisch aktuellen Studien, die Schwabe zu Tebonin® konzent® 240 mg bei Patienten mit Gedächtnisstörungen und Alzheimerdemenz durchgeführt hat. Schwabe wirbt bei Tebonin mit einem Ginkgo-Spezialextrakt: egb761.

Das teuerste Ginkgo-Arzneimittel ist das beste

Mit 1,77 Euro pro höchster empfohlener Tagesdosis ist Tebonin® konzent® 240 mg allerdings auch Gewinner bei den Tagestherapiekosten Ginkgo-haltiger Arzneimittel. Die sonst bekannten Apothekenpräparate – Gingium® extra 240 mg von Hexal, Ginkgo-Maren® 240 mg und Ginkobil® Ratiopharm 240 mg – findet Ökotest hingegen „wenig überzeugend“ und verteilt jeweils Note vier, „ausreichend“. Auch die mit 120 mg schwächer dosierten Ginkgo-Arzneimittel von Al, Stada, Doppelherz, Heumann oder Kaveri, kommen nicht besser weg – ebenfalls „ausreichend“. Der Grund: Die Daten zu den Präparaten seien weder hinsichtlich Qualität noch Quantität „ein sicherer Wirksamkeitsbeleg“ aus wissenschaftlicher Sicht. Bei 1A Pharma und Sandoz kritisiert Ökotest zudem, dass periphere arterielle Verschlusskrankheit als Indikation genannt wird, die „Wirksamkeit dafür aber nicht belegt“ ist.

Bei Ginseng vor Hypoglykämie warnen

Allerdings schneiden die Ginkgo-Präparate, die als Arzneimittel zugelassen sind, von all den getesteten Präparaten immer noch am besten ab. Für Ginseng- und Taigawurzel-haltige Präparate hält Ökotest nur die Bewertungs-Schilder mit „mangelhaft" und „ungenügend" hoch. Warum? Hier sehen die Verbraucherschützer eine Wirksamkeit überhaupt nicht nachgewiesen. 

DAZ.online Pflanzen-Porträts

Auf dem Prüfstand waren hier unter anderem Pharmaton Vital Kapseln N von Sanofi-Aventis und Eleu Curarina Tropfen (Harras Pharma). Bei Pharmaton Vital Kapseln vermisst Ökotest einen Hinweis für Diabetiker: Ginseng-haltige Präparate können den Blutzucker senken, deswegen sollten Diabetiker, die Ginseng einnehmen, ihren Blutzucker engmaschig überwachen. Bei den Eleu Curarina Tropfen stört sie der Alkoholgehalt, der über 10 Volumenprozent liegt.

Nahrungsergänzungsmittel mit Ginkgo und Ginseng fallen durch

Um Nahrungsergänzungsmittel sollte man nach Ansicht von Ökotest eher einen großen Bogen machen, wenn man als Patient seine Gedächtnisleistung stimulieren will. Erster Kritikpunkt: „Nutzen für den gesunden Verbraucher: nein“. Das abschließende Fazit für alle begutachteten NEM lautet „undefiniert und nutzlos“. Da NEM als Lebensmittel im Verkehr lockereren Inverkehrbring-Regeln unterliegen als Arzneimittel, wundert es nicht, dass die dort enthaltenen Extrakte nicht näher definiert sind. Allerdings dürfen die Hersteller sodann auch keine Indikation für ihr NEM angeben. Bestimmte gesundheitsbezogene Werbeaussagen sind aber erlaubt. Diese sogenannten Health Claims müssen die Hersteller beantragen und nur die zugelassenen dürfen dann auch auf die NEM-Packung. Das sieht Abtei mit Ginseng und auch Zirkulin Ginkgo wohl nicht so genau – sie werben mit nicht genehmigten Aussagen wie „Ginkgo-Extrakt kann zur Sauerstoffversorgung des Gehirns beitragen“.

Irreführende Werbeaussagen bei Nahrungsergänzungmitteln

Bei den Health Claims gibt es laut Aussage von Ökotest bei Botanicals, also Pflanzeninhaltstoffen in NEM, eine Lücke, so dass Anbieter versuchen, durch geschickte Kombination mit Vitaminen und Mineralstoffen die dort zulässigen Health Claims geschickt zu nutzen. Das – was nicht überrascht – gefällt Ökotest nicht. Sie sehen darin eine Täuschung des Verbrauchers. Somit landen auch Ginseng von Abtei und Ginkgo Zirkulin mit „ungenügend" auf der Bewertungsliste von Ökotest.

Fehlender Hinweis für Schwangere und Diabetiker bei Centrum Plus Ginseng & Ginkgo

Bei Centrum Plus Ginseng & Ginkgo stören Ökotest gleich mehrere Faktoren. Auch Pfizer kombiniert die pflanzlichen Inhaltsstoffe Ginseng und Ginkgo mit zahlreichen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Allerdings fehlen laut den Verbraucherschützern Warnhinweise für bestimmte Anwender, so dass schwangere Frauen Eisen nur auf ärztlichen Rat einnehmen sollten und auch hier bemängelt Ökotest den fehlenden Warnhinweis für Diabetiker wegen des enthaltenen Ginsengs. Note „ungenügend".



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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