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Machtmissbrauch vermeiden
Wirtschaftsminister Altmaier will Internetkonzerne strenger kontrollieren
Der Arzneimittel-Versandhandel in Deutschland konsolidiert sich zunehmend: Die beiden großen Akteure DocMorris und Shop Apotheke schlucken einen Mitbewerber nach dem anderen. Gleichzeitig zeigen die US-Konzerne Amazon und Google immer mehr Interesse am Gesundheitsmarkt. Geht es nach Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), sollen es große Internetkonzerne in Deutschland in Zukunft aber schwerer haben, sich in einzelnen Märkten breitzumachen.
Wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) derzeit über sein geplantes Reformpaket für den Apothekenmarkt spricht, kündigt er stets „gleichlange Spieße“ für alle Marktbeteiligten oder „faire Wettbewerbsbedingungen“ an. Aber ist der Wettbewerb zwischen einer inländischen Apotheke vor Ort mit 15 Mitarbeitern, die alle vier Tage Notdienst leistet und eine ganze Gemeinde versorgt, und einem millionenschweren Konzern, der aus dem Ausland agiert, selbst bei einer bestehenden Gleichpreisigkeit wirklich fair?
Fest steht: Nicht erst seit gestern haben Großunternehmen zum Angriff auf bestehende Regulierungen im Gesundheitswesen geblasen. Die großen Versand-Konzerne und Amazon stellen Regeln in Frage, die der Gesetzgeber zum Gesundheitsschutz etabliert hat. Im Markt nennt man das ein „disruptives“ Vorgehen. Selbst wenn sich die Konsolidierung im Versand-Geschäft irgendwann wieder legt und Spahn es schafft, die Gleichpreisigkeit zwischen Versendern und Apothekern wiederherzustellen, droht dem Apothekenmarkt eine noch viel größere Herausforderung: Der US-Versandkonzern Amazon bekräftigt immer wieder sein Interesse am Arzneimittelmarkt, in Deutschland sind erste Schritte erfolgt, in den USA wurde eine große Versandapotheke bereits geschluckt.
Deutschlands Wirtschaftsminister Peter Altmaier will solche Prozesse in Deutschland nun aber ausbremsen. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) erklärte der CDU-Politiker, dass er verhindern möchte, dass einzelne Konzerne ihre Marktmacht in Branchen unkontrolliert ausbauen: „Gerade bei digitalen Plattformen beobachten wir Märkte, die nach dem Prinzip ,the winner takes it all’ funktionieren. Ein Unternehmen sichert sich dabei immer mehr Marktmacht.“ Ihm sei wichtig, dass sich das für den Verbraucher beste Unternehmen im freien Wettbewerb durchsetzt. Daher schlägt er folgende Neuregelung vor: „Kartellbehörden müssen künftig bereits eingreifen können, wenn ein Unternehmen mit unfairen Mitteln auf dem Weg zur Marktbeherrschung ist.“ Bislang ist dies nicht der Fall: Die Kartellbehörden müssen derzeit lange warten, bis sie eingreifen dürfen.
Strategische Firmenübernahmen sollen verboten werden
Laut FAS entspringt Altmaiers Vorschlag einer Studie mehrerer Wirtschaftswissenschaftler, zu denen unter anderem Justus Haucap, der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission, gehört. Die Studie diene als Auftakt zu einer Kommission, die ein neues Wettbewerbsrecht erarbeiten und vorschlagen soll. Am morgigen Dienstag soll die Wettbewerbsstudie vorgestellt werden. Als Beispiel für eine striktere Marktkontrolle wird von der FAS der Fahrdienst Uber genannt. Laut FAS hat Uber ein „Schnüffelprogramm“ entwickelt, das herausfinden kann, welcher seiner Fahrer gleichzeitig für ein Konkurrenz-Unternehmen aktiv ist. Bevor Uber den ganzen Markt beherrsche, sollen solche Geschäftspraktiken verboten werden.
Der Gesundheitsmarkt wird in dem FAS-Artikel nicht exemplarisch genannt. Allerdings wird ein weiteres Beispiel erwähnt, das in der
Zukunft sehr wohl auch für das Gesundheitswesen bedeutend werden könnte.
Konkret heißt es, dass sich die Experten-Kommission um Haucap in ihrem Bericht
dafür stark mache, dass Internetkonzerne wie Google Daten über einen Markt, in
dem sie aktiv sind, mit der Konkurrenz teilen sollen. Und mit Blick auf die
Konsolidierung des Versandhandelsmarktes könnte die Bemerkung interessant
sein, dass „strategische Käufe“, also Firmenübernahmen, künftig verboten
werden sollen. Als Beispiel wird das Facebook-Imperium genannt, in dem Nutzer in „Zuckerbergs
Reich“ bleiben, wenn sie beispielsweise WhatsApp und Instagram nutzen.
Ob sich der Bericht und das daraus entstehende Gesetzesvorhaben von Altmaier überhaupt auf den Gesundheitsmarkt übertragen lassen, bleibt abzuwarten. Alleine schon die Besetzung des Gremiums dürfte Apotheker skeptisch stimmen: Schließlich war Justus Haucap zumindest in seiner Funktion als Chef der Monopolkommission nie dafür bekannt, sich für regulatorische Maßnahmen im Apothekenmarkt auszusprechen.
1 Kommentar
politikersprech ...
von Alfons Neumann am 04.09.2018 um 1:50 Uhr
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