Neues Arzneimittel gegen Grippe

Drohen Resistenzen bei Baloxavir?

Stuttgart - 10.09.2018, 07:00 Uhr

Symbolbild: Baloxavir marboxil nutzt als Virustatikum einen bei Influenzaviren bislang nicht therapeutisch verwendeten Angriffspunkt. ( r / Foto: designer491 / stock.adobe.com)

Symbolbild: Baloxavir marboxil nutzt als Virustatikum einen bei Influenzaviren bislang nicht therapeutisch verwendeten Angriffspunkt. ( r / Foto: designer491 / stock.adobe.com)


Baloxavir verkürzt Krankheitssymptome um einen Tag

Der primäre Endpunkt von Capstone-1 – Zeitspanne bis zum Bessern der Symptome – wurde nun, gemeinsam mit den Ergebnissen einer japanischen Dosisfindungsstudie (Phase-II), im New England Journal of Medicine veröffentlicht. An der Auswertung von Capstone-1 nahmen 1.064 Patienten teil, bei denen die Diagnose Influenza nachgewiesen wurde (Reverse-Transkriptase-PCR). In allen drei Gruppen waren 84,8 bis 88,1 Prozent der Erkrankten mit H3N2 infiziert. In der fulminanten Grippesaison des vergangenen Winters 2017/18 spielten H3N2-Viren in Deutschland eine eher untergeordnete Rolle, sie machten nach aktuellen Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) gerade einmal 4 Prozent aller labordiagnostisch bestätigten Influenza-Fälle aus (334.709).

Wie wirkt Baloxavir marboxil?

Baloxavir marboxil nutzt als Virustatikum einen bei Influenzaviren bislang nicht therapeutisch verwendeten Angriffspunkt: Baloxavir hemmt die CAP-abhängige Endonuklease und somit einen der ersten Schritte im Replikationszykus des Influenzavirus.

Influenzaviren werden mittels Endozytose in die Wirtszelle aufgenommen. Anschließend erfolgt die Freisetzung des viralen Ribonukleoproteins ins Zytosol und in der Folge der Import in den Nucleus. Dort findet – neben der Replikation viraler RNA – die Transkription des Influenzagenoms in virale mRNA statt.

Ohne CAP, keine mRNA der Influenzaviren

Diese Transkription kann jedoch nicht ohne „Kappen“ beginnen. Diese sogenannte CAP-Struktur dient als Primer, als Erkennungssequenz, für die virale RNA-Polymerase. Woher stammt diese CAP-Sequenz? Da Viren bekanntermaßen eine recht reduzierte Ausstattung besitzen, „stiehlt“ die virale Endonuclease diese CAP-Strukturen von der Wirtszelle, sprich der zellulären mRNA. 
Zur Erinnerung: Eine Endonuklease schneidet DNA oder – wie im Falle von Influenzaviren – RNA in der Mitte ihres Nukleotidstranges und schafft somit Mehrfachnukleotide als Spaltprodukt.

Baloxavir verhindert virale Proteinbiosynthese

Hier greift Baloxavir marboxil ein: Es hemmt diese CAP-abhängige Endonuklease. Diese 5’-Kappen sind jedoch für mehrere Prozesse bedeutend: Sie schützen zum einen die mRNA vor dem Abbau. Zum anderen sind sie wichtig für den Transport der mRNA aus dem Zellkern hin zum Ribosom, wo die Proteinbiosynthese stattfindet. Somit resultiert als Effekt eine CAP-abhängige Endonuklease-Hemmung und eine Proteinbiosynthese aus der viralen mRNA ist nicht möglich.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.