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Tag der Patientensicherheit
DAV und Ärzteverein: Globuli gehören in die Apotheke
Weiter gefasste Definition von Evidenz
Homöopathie-Kritiker bemängeln, dass die Evidenz in der Komplementärmedizin unzureichend sei. In der Naturheilkunde-Debatte werden die Begriffe Evidenz beziehungsweise evidenzbasierte Medizin (EbM) anders betrachtet. So erklärte Becker, Evidenz bestehe „nicht nur im wissenschaftlichen Nachweis, sondern auch in der persönlichen Erfahrung“.
Diese Sichtweise ist nicht frei erfunden. So stützt sich EbM nach der Definition des kanadischen Mediziners David Sackett, einem der Pioniere der modernen Evidenzbasierten Medizin, auf drei Säulen: Die klinische Erfahrung der Ärzte, die Werte und Wünsche des Patienten und den aktuellen Stand der klinischen Forschung. Wenn man sich bei der Bewertung von Therapeutika nur auf die klinische Datenlage fokussiert, würden nicht nur Homöopathika, sondern auch einige ältere bewährte Arzneimittel durchs Raster fallen. Dazu zog Haberstock vor einigen Tagen gegenüber der Augsburger Allgemeinen einen plastischen Vergleich:„…dann hätte man vor 70 Jahren auch Aspirin aus dem Handel nehmen müssen. Denn es war nicht nachgewiesen, wie das Medikament überhaupt funktionieren kann“.
Apotheker können abwägen
Die Zulassungsanforderungen haben sich gewandelt.
Ebenso die technischen Möglichkeiten, Wirkmechanismen nachzuweisen. Wird man
eines Tages mit neuen Technologien sichtbar machen können, wie Homöopathie auf
den menschlichen Körper wirkt – oder eben
nicht? Selbst ein Placeboeffekt, dessen Anteil an der Wirksamkeit von Schmerzmitteln
immerhin auf 30 Prozent geschätzt wird, wäre nicht zu unterschätzen und in
den Händen der Heilberufe vermutlich besser aufgehoben als in Drogerien oder bei Amazon. Bis dahin liegt bei den Apothekern
eine große Verantwortung, die Balance zwischen Kundenwunsch, Hoffnungen aber auch Risiken und Grenzen bei der
Homöopathie zu finden. Und bei der Apothekenpflicht gehe es nicht ums Geld, erklärte Becker gegenüber der Stuttgarter Zeitung. „Im Gesamtumsatz einer Apotheke macht die Homöopathie weniger als ein Prozent aus“, so der DAV-Chef.
Diese naturheilkundliche Disziplin gehört auf jeden Fall (noch) zum therapeutischen Spektrum. Doch diesen Stellenwert sieht Haberstock derzeit in Gefahr. Denn aus seiner Sicht geht es bei der Debatte um die Apothekenpflicht um mehr als um die Verkaufsabgrenzung: „Überhaupt glaube ich, dass man die Forderung nach Aufhebung der
Apothekenpflicht als das sehen sollte, was sie in Wirklichkeit darstellt: Als
ersten Schritt zur vollständigen Beseitigung der Homöopathie aus dem
Gesundheitswesen. Denn sind wir mal ehrlich, das ist ja das eigentliche Ziel
der momentanen Homöopathiekritik: Am Ende sollen oder gar müssen Ärzte,
Apotheker und Arzneimittelhersteller die Finger vom hochgekochten heißen Eisen
Homöopathie lassen, die größten Verluste liegen dann bei den Patienten und
unserem pluralistischen Gesundheitssystem.“
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