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Großpraxen und Zahnarztketten
Finanzinvestoren im Gesundheitswesen: Rendite vor Versorgung?
KZBV: Große Zentren verursachen höhere Kosten
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) betrachtet diese Entwicklung mit Sorge. So zitiert die SZ deren Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Eßer: „Der Ausverkauf der Versorgung an Spekulanten ist die größte Bedrohung, die es im zahnärztlichen Bereich je gab“, sagt er, „Wir haben den Eindruck, dass sich MVZ-Ketten auf besonders renditestarke Bereiche konzentrieren, zum Beispiel auf Implantologie oder auf aufwendigen Zahnersatz. Eine umfassende Betreuung der Patienten scheint eher nachrangig zu sein.“
Diesen Verdacht untermauert er mit Zahlen: So haben Mitarbeiter in einem großen Büro der KZBV, die unter anderem Abrechnungen für die zugelassenen Praxen organisiert, festgestellt, dass MVZ-Ketten höhere Behandlungskosten erzeugten als herkömmliche Praxen. In einer „normalen“ Praxis verursachten Patienten demnach im vergangenen Jahr Kosten von im Schnitt 87,50 Euro, in den großen Zentren waren es 103 Euro. Für den KZBV-Chef liegt der Verdacht nahe, dass die angestellten Ärzte unter Umsatzdruck stehen.
Und eine weitere Zahl deutet darauf hin, dass die Praxen in Händen von Finanzinvestoren vor allem nach der Rendite schielen. So haben nämlich einer Analyse der KZBV zufolge etwa 80 Prozent dieser Zentren, deren Anzahl seit 2015 rapide steigt, mittlerweile mehr als 540 Häuser, in Großstädten wie Köln, Hamburg, München oder Berlin eröffnet, sowie in Landkreisen mit einem relativ hohen Durchschnittseinkommen. Die Ost-Bundesländer wählten lediglich 8 Prozent der neuen Versorgungszentren als ihren Standort, heißt es. Teuren Zahnersatz müsse man sich schließlich leisten können.
Junge Ärzte bevorzugen oft Anstellung
Laut SZ würde die Zahnärztevertretung die Zentren am liebsten wieder ganz verbieten lassen. Doch ähnlich wie bei den Apotheken und den Hausärzten ziehen insbesondere junge Zahnärztinnen die Arbeit im Angestelltenverhältnis ohne finanzielles Risiko, mit geregelten Arbeits- und Urlaubszeiten sowie der Möglichkeit der Teilzeit, der Selbständigkeit vor. An eine Praxis möchten sie sich nicht binden. Für sie stellen die Zentren einen attraktiven Arbeitgeber dar.
Langfristig scheint das Engagement der Investoren übrigens oft nicht ausgelegt zu sein – bei Private-Equity-Firmen überrascht das wohl kaum. So beschreibt die SZ die Strategie von Summit Partners, einem der genannten Investoren, folgendermaßen: Die Strategie sei es, das Unternehmen so lange zu unterstützen, wie man zu seinem Wachstum beitragen könne, heißt es dort. Anschließend bleibe es den Zentren selbst überlassen, wie sie sich weiter finanzieren. Daraus mache die Firma kein Geheimnis. Sie habe bereits 2015 eine Zahnarztkette in Italien übernommen, um sie zwei Jahre später weiterzuverkaufen.
In der Politik scheint man sich zumindest teilweise der Problematik des Einflusses von Fremdkapital bewusst zu sein. So enthält der Entwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) einen Passus, der es Investoren erschweren soll, in MVZ zu investieren. Dieser bezieht sich aber ganz konkret auf Erbringer nicht-ärztlicher Dialyseleistungen, die bislang zur Gründung von ärztlichen MVZ berechtigt sind. Um den Einfluss von Kapitalinvestoren ohne medizinisch-fachlichen Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung auf die Versorgungsstrukturen zu begrenzen, soll die Gründungsmöglichkeit für Erbringer nicht-ärztlicher Dialyseleistungen künftig auf fachbezogene MVZ beschränkt werden.
1 Kommentar
Gewinnstreben
von Holger am 18.09.2018 um 8:29 Uhr
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