Thrombozytenaggregationshemmung

Primärprävention mit ASS bei Senioren: Mehr Schaden als Nutzen

Berlin - 24.09.2018, 17:45 Uhr

70 Jahre und sonst herzgesund? Dann lieber weiter so - ohne ASS zur Primärprophylaxe, sagt eine neue Studie. (r / Foto: Imago)

70 Jahre und sonst herzgesund? Dann lieber weiter so - ohne ASS zur Primärprophylaxe, sagt eine neue Studie. (r / Foto: Imago)


Mehr Blutungen und Krebstodesfälle unter ASS

Bei der Gesamtmortalität gab es sogar nicht signifikanten Trend zu Ungunsten von ASS (5,9 in der ASS-Gruppe versus 5,2 Prozent in der Placebo-Gruppe; Konfidenzintervall 1,01 – 1,29). Die Todesfälle wurden zudem auf ihre Ursachen ausgewertet und dabei stellte sich heraus, dass unter Aspirin signifikant mehr Krebstodesfälle (3,1 versus 2,3 Prozent, Konfidenzinterfall: 1,10 – 1,56) auftraten, darunter auch mehr Kolorektalkarzinome. Die diskutierte präventive Wirkung auf Darmkrebs konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden. Allerdings bildeten die 55 Todesfälle durch Darmkrebs (35 in der ASS- und 20 in der Placebogruppe, Konfidenzintervall: 1,02 – 3,06) eine kleine Subgruppe mit relativ großer Streuung und moderater Aussagekraft.

Das Risiko für eine schwere Blutung war unter ASS signifikant erhöht (3,8 versus 2,8 Prozent, p<0,001). Zu den schweren Blutungen zählten intrakranielle, gastrointestinale oder sonstige Blutungen, die eine Transfusion oder eine Hospitalisierung erforderten.

Bei Senioren überwiegt das Risiko

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Primärprävention mit ASS für Senioren ist in dieser Studie eindeutig negativ. Weshalb hat die Arbeitsgruppe um McNeil überhaupt diese Senioren-Studie durchgeführt? Der Nutzen von Niedrigdosis-ASS zur Sekundärprävention nach Schlaganfall oder Herzinfarkt ist umfänglich belegt. Da lag es nahe, zu untersuchen, ob man mit ASS auch dem ersten Auftreten von Herzinfarkt und Schlafanfall vorbeugen kann. Außerdem wurde diskutiert, ASS könne Darmkrebs vorbeugen, der im Alter gehäuft auftritt. Und da Schlaganfälle zur vaskulären Demenz führen und ASS zur Sekundärprävention von Schlaganfällen eingestzt wird, erhoffte man sich auch hier einen primär-präventiven Effekt.

Die bisherige Datenlage zur Primärprävention war jedoch nicht eindeutig. Im vergangenen Monat wurden auf dem ESC Daten präsentiert, wonach der Nutzen der Primärprävention bei Herzgesunden nicht eindeutig war: So profitierten Herzgesunde über 55-Jährige ohne Diabetes nicht, während eine Studie mit Diabetikern einen moderaten Nutzen bei erhöhter Blutungsrate zeigte.

Bin dieser neuesten Studie ist die Datenlage bei über 70-Jährigen klar: Von der prophylaktischen Einnahme von ASS ist abzuraten.  Darüberhinaus sind 100 mg ASS in Deutschland zur Primärprophylaxe gar nicht zugelassen. 



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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