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Valsartan, E-Rezept, Beipackzettel
Das sind die nächsten Pläne des BMG in der Arzneimittelpolitik
Eigentlich hätte auf der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am heutigen Donnerstag BMG-Staatssekretär Lutz Stroppe eine kurze Rede halten sollen. Da Stroppe aber verhindert war, sprach erstmals BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller öffentlich über einige wichtige Pläne der Bundesregierung in der Arzneimittelpolitik. Die Apotheker nannte er zwar nicht. Aber es wurde klar: Minister Jens Spahn (CDU) hat einiges vor.
Als Jens Spahn (CDU) im Frühjahr 2018 Bundesgesundheitsminister wurde, war der Posten des Chefs der Arzneimittel-Abteilung eine der Stellen, die er neu besetzte. Für die Abteilung „Arzneimittel, Medizinprodukte, Biotechnologie“, zu der auch das Referat 116 für „Grundsatzfragen Apothekengesetz, Pharmaberufe und Apothekenbetrieb“ gehört, ist seitdem Thomas Müller zuständig.
Müller war vorher Leiter der Arzneimittel-Abteilung im Gemeinsamen
Bundesausschuss (G-BA) und hat eine beeindruckende Vita: Er studierte Pharmazie
und Humanmedizin in Berlin und London. Im Rahmen eines Fernstudiums studierte
er außerdem Betriebswirtschaftslehre und Krankenhausmanagement. Nach dem
Studium arbeitete er unter anderem an der Klinik für Dermatologie der Charité
Universitätsmedizin Berlin, in der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen,
in der Klinikapotheke des Universitätsklinikums Rostock und leitete die
Apotheke des Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums in Neubrandenburg.
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Seine erste große, öffentliche Rede zur Arzneimittelpolitik in seiner neuen Funktion hielt Müller am heutigen Donnerstag bei der BAH-Mitgliederversammlung. Der Apotheker und Arzt stellte einige wichtige Pläne und Projekte des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für die Arzneimittelpolitik vor. Den Versandhandelskonflikt und den Apothekenmarkt griff Müller nicht auf – womöglich, um Spahn nicht zuvorzukommen. Trotzdem sprach er einige Änderungsabsichten an, die auch die Apotheker interessieren dürften:
- E-Rezept: Müller erklärte, dass die Möglichkeit,
elektronisch zu verordnen noch in dieser Legislaturperiode, also bis 2021
eingeführt werden soll. Der Minister habe einen seiner Arbeitsschwerpunkte auf
die Digitalisierung des Gesundheitswesens gelegt, und auch er sehe „großes
Potenzial“ beim E-Rezept. Das „große Ziel“ sei es, dass nicht nur die Rezepte
digital verarbeitet werden könnten, sondern auch Interaktionschecks. Folgt man
den Plänen der ABDA, könnte dieser Zeitplan aufgehen: Die Standesvertretung
hatte erst kürzlich ein Konzept für die Einführung des E-Rezeptes vorgelegt,
bei dem elektronische Verordnungen bis Juni 2020 ermöglicht werden sollen. Ein
erstes Testprojekt startet bald in Baden-Württemberg.
- Beipackzettel: Müller kündigte an, dass er die
Packungsbeilagen „weiterentwickeln“ wolle. Es gehe um die Frage: „Wie erreiche
ich mit diesen wichtigen Informationen alle Bevölkerungsgruppen?“ Er könne sich
vorstellen, dass die derzeitige Papierform durch neue digitale Angebote „ergänzt,
nicht ersetzt“ werde. Wichtig sei es ihm, dass auch die Informationen über OTC-Medikamente
leichter zugänglich gemacht werden.
Nutzenbewertung, Valsartan, Importquote, Europa
- Valsartan-Krise: Der BMG-Abteilungsleiter prophezeite,
dass die Valsartan-Krise die Branche noch „eine Weile beschäftigen“ werde. Die
unmittelbaren Folgen seien gut in den Griff bekommen worden. Es seien aber
einzelne Fragen entstanden, die Minister Spahn schon bald klären werde. So
müsse man sich mit der Globalisierung der Lieferketten beschäftigen und über Anreize
versuchen, dass die Hersteller sich stärker um die Produktqualität und
Kontrollen kümmern. Ohne näher darauf einzugehen, sagte er auch, dass es bei der „Rolle der Krankenkassen“ und der „Haftungsfrage der Hersteller“
noch
Spielraum und Gesprächsbedarf gebe. Ein zweiter wichtiger Punkt sei die
Kommunikation von Rückrufen: Hierzu habe im BMG bereits ein erstes Spitzentreffen
stattgefunden. Man werde sich auch noch mit den Bundesländern darüber
abstimmen. Genaue Veränderungspläne verriet Müller aber nicht.
- Arztinformationssystem: Schon seit dem
vergangenen Jahr steht fest: Es soll ein in die Arzt-Software eingepflegtes
Informationssystem geben, das Mediziner einfach und schnell über die Ergebnisse
der frühen Nutzenbewertung informiert. Der BMG-Abteilungsleiter erklärte heute,
dass es schon in den kommenden Wochen eine entsprechende Verordnung dazu geben
solle. Müller sagte, dass es eine „sehr schlanke“ Lösung sein werde, man werde
mit der Verordnung keine „Verordnungssteuerung“ übernehmen. Zur
Erklärung: Ärzte, Krankenkassen und die Pharmaindustrie hatten sich darüber
gestritten, welche Informationen das System enthält. So war beispielsweise diskutiert
worden, ob das System ausführliche Preisinformationen und sogar Preisvergleiche
enthalten soll.
- Lunapharm: Wie schon Spahn, deutete Müller auch
mit Bezug auf die Lunapharm-Krise an, dass man die Überwachungskompetenzen
stärker zentralisieren und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) mehr Kompetenzen geben könnte. Dass man am Projekt „Securpharm“
noch Änderungen vornehme, schloss Müller aber aus. Er sei sich sicher, dass
sich die Sicherheit durch Securpharm verbessern werde. Es werde aber auch in
Zukunft so sein, dass nicht jede kriminelle Energie zu vermeiden ist.
- Importquote: Bezüglich des Lunapharm-Skandals
kam Müller auch auf das Thema Importquote zu sprechen. Er sagte, dass man im
BMG natürlich auch über die Importförderklausel und die Quote und auch über
deren Abschaffung spreche. Allerdings wolle er die Erwartungen nicht zu groß
werden lassen. Schließlich sei auch ohne Importquote eine große kriminelle
Energie vorhanden, wenn Arzneimittel in Deutschland teilweise 5000 Euro mehr
kosten als in anderen Ländern.
- Europa: Was den Brexit betrifft, hofft man im BMG offenbar darauf, dass die britischen Zulassungs- und Überwachungsbehörden eng mit der EU verknüpft bleiben. Es sei derzeit nur „ein persönlicher Wunsch“, aber seiner Meinung nach wäre es sehr sinnvoll, einen gemeinsamen „regulatorischen Rahmen“ zu behalten. Müller sprach auch das sogenannte HTA-Verfahren, also die Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten auf europäischer Ebene an. Zur Erklärung: Die EU-Kommission hatte vor einigen Monaten vorgeschlagen, die Nutzenbewertungen in Europa zu vereinheitlichen, mehrere Länder – darunter auch Deutschland und Frankreich – hatten vehement dagegen protestiert. Müller erklärte nun, dass man mit den Franzosen ein „Kompromisspapier“ entworfen habe, in dem es einerseits um weitere Annäherungen bei den Nutzenbewertungssystemen gehe, andererseits aber auch darum, nationale Bewertungsspielräume zu erhalten.
1 Kommentar
Valsartan
von Hans-Martin Scheil am 27.09.2018 um 16:03 Uhr
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