Embryotox-Serie (3)

Das Besondere an den Daten von Embryotox

Stuttgart / Berlin - 25.10.2018, 17:45 Uhr

Welches Arzneimittel ist bei bestimmten Beschwerden das Mittel der Wahl in der Schwangerschaft? Und wenn das nicht funktioniert – welches Präparat darf die Schwangere dann nehmen? (Foto: V&P Photo Studio / stock.adobe.com)

Welches Arzneimittel ist bei bestimmten Beschwerden das Mittel der Wahl in der Schwangerschaft? Und wenn das nicht funktioniert – welches Präparat darf die Schwangere dann nehmen? (Foto: V&P Photo Studio / stock.adobe.com)


Eine Schwangere in der Apotheke ruft – so sie Arzneimittel benötigt – selten Euphorie hervor. Zugelassen ist wenig bis nichts. Apotheker und auch Ärzte brauchen eine Aussage darüber, ob das Arzneimittel in der Schwangerschaft eingenommen werden darf oder nicht und ob es vielleicht bessere Alternativen gibt. 

Dass Schwangere oder Ärzte auf Informationssuche nach bedenkenlos in der Schwangerschaft anwendbaren Arzneimitteln gehen, verwundert angesichts der vorsichtig formulierten Beipackzettel nicht. Vor allem die Erklärung eines zu „geringen Erfahrungsschatzes“ steht nach Ansicht von Professor Christoph Schaefer, der das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin in Berlin leitet, viel zu häufig in den informierenden Texten. Zwar sei es verständlich, dass nach Contergan viele Beipackzettel eher zu vorsichtig formuliert würden als zu nachlässig. Dennoch „führt dies häufig zu unnötiger Beunruhigung“, gerade dann, wenn das Medikament eigentlich doch schon untersucht sei, findet Schaefer. Außerdem kann es aufgrund der Verunsicherung zum Absetzen einer wirksamen und erforderlichen Therapie kommen. Nicht selten sind die Embryotoxler daher auch im Dienste der „Entängstigung“ aktiv.

Darf das Arzneimittel in der Schwangerschaft eingenommen werden?

Bislang informiert die Internetseite von Embryotox.de eingehend über die 430 wichtigsten Wirkstoffe. In welcher Indikation werden sie eingesetzt? Welchen Erfahrungsumfang gibt es zur Anwendung des Wirkstoffes im ersten, im zweiten oder dritten Trimenon beziehungsweise in der Stillzeit? Und was ergibt sich vor allen Dingen zusammenfassend und abschließend aus diesen Erfahrungen: Darf das Arzneimittel in der Schwangerschaft eingenommen werden – ja oder nein? Oder entsteht ein Risiko, wenn ungeplant unter der Therapie eine Schwangerschaft eingetreten ist?

Embryotox erstellt Prioriätenliste

Das Besondere an den Informationen von Embryotox: Embryotox spezifiziert das Risiko und die Sicherheitsevidenz. „Beruht beispielsweise die Evidenz, dass das Arzneimittel keine Fehlbildungen beim Ungeborenen hervorruft, auf 200 oder auf 2000 Schwangerschaftsanwendungen?“ Andere, zum Beispiel große nordamerikanische Datenbanken deklinierten, so Schaefer, häufig die Wirkstoffe einfach alphabetisch durch, die einzelnen Medikamente würden jedoch nicht einander gegenübergestellt. Allerdings ist eine solche Prioritätenliste doch genau das, was Ärzten und Apothekern im Alltag hilft. Eine klare Aussage, in welcher Reihenfolge Arzneimittel zu empfehlen oder eben zu vermeiden sind.

Wie leitet Embryotox durch die Arzneimittelanwendung in der Schwangerschaft? Ein Beispiel

Anschaulich ist dies beispielsweise bei Obstipation in der Schwangerschaft. Hier empfiehlt Embryotox zunächst nicht-medikamentöse Maßnahmen: eine ballaststoffreiche Ernährung, ausreichend trinken und körperliche Bewegung. 
Und wenn dies nicht wirkt? Erst in diesem Fall können Füll- und Quellstoffe eingesetzt werden: Leinsamen, Weizenkleie und indische Flohsamenschalen. Die Einschätzung von Embryotox: „Die Anwendung dieser Stoffe ist in der Schwangerschaft unbedenklich, es sollte jedoch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden."
Wenn auch hiermit keine ausreichende Linderung erzielt wird, sind Lactulose oder Macrogol die Abführmittel der Wahl in der Schwangerschaft. „Erst bei Versagen dieser Substanzen käme die kurzfristige Anwendung von Bisacodyl oder Glycerol in Betracht. Natriumpicosulfat, Glaubersalz und rektal Mannitol oder Sorbitol sind ebenfalls akzeptabel. Zurückhaltung ist bei Docusat und Bittersalz geboten", führt Embryotox den Algorithmus weiter. 
Und was darf nicht eingesetzt werden? „Nicht verwendet werden sollen Anthrachinon-Derivate (Sennesblätter, Rhabarberwurzel, Faulbaumrinde, Aloe), Paraffinum und Rizinuslöl.“

Damit kann man arbeiten – denn ein solches Stufenschema erleichtert Apothekern und auch Ärzten fraglos die Auswahl geeigneter Präparate und macht sie auch in der kritischen Beratung Schwangerer sicherer.

„Der Fokus auf die Arzneimittelsicherheit in der Schwangerschaft muss deutlich verstärkt werden,“ findet Professor Christof Schaefer. Jedoch hört und liest man beim Thema AMTS vorwiegend über Engagement in der Geriatrie. Warum AMTS bei Schwangeren mindestens genauso wichtig ist wie bei geriatrischen Patienten, erklärt der Leiter von Embryotox im letzten Teil der DAZ.online-Embryotox-Serie.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.