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Am heutigen Mittwoch tagt in Berlin wieder einmal der Gesamtvorstand der ABDA. Und wieder einmal geht es um den Versandhandelskonflikt. Wie man hört, tauschen sich die ABDA und das Bundesgesundheitsministerium schon recht intensiv über mögliche Alternativen zum Rx-Versandverbot aus. Doch ein Teil der Apothekerschaft will das noch nicht wahrhaben. So macht derzeit ein juristisches Gutachten der Kammer Nordrhein die Runde, in dem schon Ende 2016 die meisten „Plan-B“-Lösungen als gefährlich und schwer machbar eingestuft wurden.
„Diesmal wird unsere Prämisse ‚Es soll so bleiben wie es ist, nur besser‘ nicht mehr halten. Im kommenden Jahr werden wirklich große Veränderungen auf uns zukommen.“ Mit diesen Worten schloss ABDA-Präsident Friedemann Schmidt Mitte Oktober den Deutschen Apothekertag 2018 in München. Knapp einen Monat später steht fest: Die Gespräche zwischen der ABDA und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Sachen Versandhandelskonflikt haben sich intensiviert. Spahn hatte auf dem DAT angekündigt, dass er in den kommenden Wochen ein Gesetzespaket schnüren will. Das von den Apothekern geforderte Rx-Versandverbot erwähnte er nur noch am Rande und warf gleichzeitig viele andere Ideen auf, wie beispielsweise das Impfen in der Apotheke, was in der Folge einen Konflikt zwischen der ABDA und dem Deutschen Hausärzteverband um das ärztliche Dispensierrecht provozierte.
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Spahn enttäuscht die Apotheker
Aber wie sieht es eigentlich in den Reihen der Standesvertretung der Apotheker aus? Stehen die Pharmazeuten nach dem DAT überhaupt noch hinter dem Verbot? Oder suchen auch sie schon nach einem „Plan B“? Zur Erinnerung: Anfang Oktober war der ABDA-Gesamtvorstand, der aus den Spitzen der 34 ABDA-Mitgliedsorganisationen und dem geschäftsführenden ABDA-Vorstand besteht, zusammengekommen, um das Verhandlungsmandat der ABDA zu erweitern. Die ABDA-Spitze wollte sich vergewissern, ob sie neben dem Rx-Versandverbot auch über andere gesetzliche Maßnahmen mit dem BMG sprechen darf. Das Ergebnis: Immerhin gab es noch sieben ABDA-Mitglieder, die darauf bestanden, dass es zum Rx-Versandverbot keine Alternative gebe. Die Mehrheit wollte sich jedoch einer breiteren Diskussion öffnen.
Genau diese Diskussion hat nun auch begonnen. Im gesundheitspolitischen Berlin werden derzeit die wildesten Gerüchte herumgereicht, über welche Maßnahmen Spahn und die ABDA diskutieren. Immer wieder hört man, dass das BMG den Apothekern finanzielle Kompensationen für den Wegfall des Rx-Versandverbotes anbieten will, etwa die zusätzliche und neue Vergütung von pharmazeutischen Dienstleistungen. Mehr als unbestätigte Gerüchte sind das aber nicht. Und: Eine Lösung für das eigentliche Problem, nämlich die Ungleichbehandlung zwischen EU-Versendern und deutschen Vor-Ort-Apotheken, wäre damit immer noch nicht gefunden.
Juristisches Gutachten schließt viele „Plan-B“-Lösungen aus
Am heutigen Mittwoch könnte in der ABDA also darüber gesprochen werden, ob die Vorschläge aus dem BMG überhaupt weiter verfolgt werden sollen. Dass die Skepsis bei vielen Kammern und Verbänden hinsichtlich eines solchen „Plan B“ immer noch groß ist, zeigt der Fakt, dass unter den ABDA-Mitgliedern derzeit ein juristisches Gutachten die Runde macht, das die Kammer Nordrhein schon wenige Wochen nach dem EuGH-Urteil Ende 2016 bei der Kanzlei „CMS“ in Auftrag gegeben hatte. In dem Papier, das DAZ.online vorliegt, werden verschiedene Alternativen zum Rx-Versandverbot und deren mögliche Auswirkungen auf den Apothekenmarkt analysiert. Dazu gehören:
- Rahmenvertragslösung. In den vergangenen Monaten
war häufig darüber gesprochen worden, ob man die Tätigkeiten der EU-Versender nicht
über den Rahmenvertrag einschränken könnte. Dort sind sowohl der DAV, die
EU-Versender als auch die Kassen beteiligt, ein Boni-Verbot ist dort sogar
schon festgehalten. Etwaige Sanktionen oder sogar ein Rausschmiss der Versender
aus dem Rahmenvertrag hält die Kanzlei „CMS“ in ihrem Gutachten aber für wenig erfolgversprechend.
Schließlich fehlten die Sanktions- und Durchsetzungsmöglichkeiten, weil das
EuGH-Urteil die Boni nun einmal freigestellt hat.
- Eine Preisbindungsklausel im SGB V. Unter
anderem die SPD-Bundestagsfraktion hatte vorgeschlagen, die Rx-Preisbindung
oder eine begrenzte Rx-Boni-Erlaubnis ins Sozialgesetzbuch V zu transportieren.
Die Hoffnung: Dort greife das EuGH-Urteil nicht, weil jeder Mitgliedstaat über
die Gesundheitsversorgung souverän entscheiden könne. Aber auch für diese
Lösung sahen die von der Kammer Nordrhein beauftragten Juristen schon Ende 2016 keine große Zukunft. Schließlich
bestehe das Risiko, dass die Zulässigkeit einer solchen Regelung auch im SGB V
zweifelhaft ist, „denn auch Maßnahmen des Sozialrechts sind am EU-Recht zu
messen“, heißt es.
- Eine „Rabattumleitung“. Diskutiert wurde in den
vergangenen Monaten auch darüber, ob die von den EU-Versendern gewährten Rabatte
nicht bei den Versicherten „abgeschöpft“ werden könnten oder dass die Versender
(und alle anderen Apotheken) die gleichen Rabatte an die Krankenkassen
weiterreichen müssen. Aber auch hiervor warnt die Kanzlei „CMS“. Variante 1 sei
„politisch und praktisch nicht durchsetzbar“ und bei Variante 2 bestehe
weiterhin das Risiko eines ruinösen Preiswettkampfes.
- Als durchaus möglich schätzen die Juristen eine
Rabattbegrenzung im Arzneimittelgesetz und der Arzneimittelpreisverordnung ein.
Entweder könne man einen Boni-Deckel festlegen oder schlichtweg regeln, dass
das Fixhonorar „höchstens“ 8,35 Euro betragen darf. Die Versandhändler nennen
dieses Modell für gewöhnlich „Höchstpreismodell“. Die Juristen sehen zwar auch
hier Konflikte mit dem EuGH-Urteil. Aufgrund des „milderen Effektes“ habe das
Modell aber bessere Erfolgsaussichten. Allerdings hält die Kanzlei für die
Apothekerkammer fest: „Es besteht aber immer noch ein erhebliches Risiko.“
- Eine weitere, bislang nicht öffentlich diskutierte Lösung könnte mit den Zuzahlungen zusammenhängen. Die Kanzlei schlägt vor, dass gesetzlich geregelt werden könnte, dass die Zuzahlung auch trotz möglicher Rabatte immer vom Patienten gezahlt werden muss. Der Vorteil sei, dass die bestehende Rabattpraxis der Versender nicht mehr möglich wäre. Allerdings könnten die EU-Versender weiterhin Selektivverträge mit einzelnen Kassen abschließen – ein Horrorszenario für die Apotheker.
Struktur geht vor Preis
Die Kammer Nordrhein hat diese Klarstellungen vor der Sitzung des Gesamtvorstandes in den vergangenen Tagen nochmals an alle ABDA-Mitglieder geschickt. Hört man sich im Apothekerlager um, schlussfolgern viele Standesvertreter auch aus dieser Analyse nur eine Aussage: Nur ein komplettes Verbot des Rx-Versandes würde die Apothekenstruktur nachhaltig schützen.
Weil das Verbot aber politisch immer unwahrscheinlicher wird, haben sich die ABDA-Mitglieder dem Vernehmen nach noch andere Gedanken über einen „Plan B“ gemacht. Immer wieder hört man den Vorschlag, dass der Gesetzgeber die Anforderungen an die Transport- und Lieferbedingungen, also etwa die Temperaturführung, spezifizieren könnte. Die Hoffnung: Für die Versender könnte insbesondere der Rx-Versand somit unattraktiv werden. Eine andere hinter den Kulissen diskutierte Idee ist, Selektivverträge zwischen Krankenkassen und EU-Versendern gesetzlich zu verbieten, um den Schaden des EU-Versandhandels auf den deutschen Markt zu begrenzen.
1 Kommentar
Diese zarte Diskussions-Pflanze hegen und pflegen!
von Wolfgang Müller am 07.11.2018 um 14:34 Uhr
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